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Der Subventionsbetrug & die Corona - Staatshilfen

Die relativ unproblematische Auszahlung von (Corona-) Soforthilfen wurde/wird laut aktuellen Meldungen vielfach missbraucht.

Die Form der einfachen und kaum geprüften Antragstellung macht den Missbrauch relativ leicht. In den meisten Ländern reichte größtenteils Angaben wie der Betriebsname, Gründungsdatum und eine Steuer-Identifikationsnummer.

Eine Prüfung fand de facto nicht statt.

Es konnte wohl, da unabhängige Systeme, doppelte Soforthilfe beantragt werden, erst beim Land und dann beim Bund.

Dlf-Korrespondent Michael Watzke fand heraus, dass Bayern bis Anfang April keine Angaben hinsichtlich Pass- und Steuernummern verlangt hat, so gut wie gar keine Begründung wollte und das selbst dubiose Internetkonten im Ausland akzeptiert wurden.

So berichtet die FAZ, dass mehr als 300.000 Anträge in Nordrhein-Westfalen und 400.000 in Bayern bewilligt wurden. In Berlin brachen wegen Überlastung die Antragsportale der Investitionsbank zusammen. 1,3 Milliarden Euro wurden insgesamt ausgegeben.

Bei der einfachen Antragsstellung muss man kein Hacker sein oder im Ausland sitzen und einem komplexen Netzwerk angehören. Falsche Angaben sind leicht gemacht und das Geld kommt schnell und ohne qualifizierte Prüfung.

Schnell verwirklicht ist insbesondere der Subventionsbetrug gemäß § 264 StGB.

In § 264 Abs. I Nr. 1 StGB heißt es:

,,Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer für die Bewilligung einer Subvention zuständigen Behörde oder einer anderen in das Subventionsverfahren eingeschalteten Stelle oder Person (Subventionsgeber) über subventionserhebliche Tatsachen für sich oder einen anderen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn oder den anderen vorteilhaft sind.“

Und selbst wenn man nicht vorsätzlich handelt, sondern lediglich fahrlässig, stellt dies eine strafbare Handlung gemäß § 264 Abs. V StGB dar.

§ 264 Abs. I Nr. 2 StGB bestraft beispielsweise den Fall, wenn die gezahlte Soforthilfe für anderweitige Tätigkeiten verwendet wird, wie zum Beispiel persönliche Schulden.

Es war von Anfang an klar, dass mit Stichproben und Überprüfungen der Behörden (zumindest in der Zukunft) zu rechnen ist. Durch das aktuelle vermehrte Vorkommen von Missbräuchen, werden wohl erheblich mehr Überprüfungen stattfinden und somit auch zwangsläufig entsprechend viele Ermittlungsverfahren eingeleitet werden.

Für den Subventionsbetrug muss noch nicht einmal das Geld tatsächlich ausgezahlt werden. Es reichen die falschen Angaben.

Eine „Selbstanzeige“ wie sie aus dem Steuerstrafrecht bekannt ist, gibt es bei einem Betrug oder Subventionsbetrug nicht.

Es droht nicht nur die Rückzahlungsforderung, sondern auch die Vorstrafe (Geldstrafe/Bewährungsstrafe) oder gar Haftstrafe, sowie die Nebenfolgen wie zum Beispiel die fehlende Zuverlässigkeit (Gewerbe / Luftsicherheit) und der Ausschluss (Verbot) für die Geschäftsführertätigkeit (§ 6 GmbHG).

Ordnungswidrigkeiten bei Verstößen gegen die Schutzmaßnahmen - Corona Pandemie

Verstöße gegen die Schutzmaßnahmen, zum Beispiel gegen die Verordnung der Landesregierung Hessen zur Bekämpfung des Corona-Virus(VO), können als Straftaten und Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, denn diese stellen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Bereich der öffentlichen Gesundheit auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) dar.

Nach § 73 Abs. 1a Nr. 24 IfSG handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässigeiner Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1 IfSG oder einer vollziehbaren Anordnungauf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschriftverweist.

Darüber hinaus handelt auch ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer auf den Einzelfall bezogenen behördlichen Anordnung im Sinne der § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG zuwiderhandelt (§ 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG). 

 

Die Einzelanordnungen können insofern auch Ge- oder Verbote betreffen, die nicht explizit in einer der Rechtsverordnungengeregelt sind.

Bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten gilt das Opportunitätsprinzip. Bei der Entscheidung über die Einleitung von Bußgeldverfahren können sowohl Überlegungen zur Art und Schwere des Verstoßes als auch zur Einsatzsituation und dem Verwaltungsaufwand berücksichtigt werden.

Bei Verstößen gilt folgender Bußgeldkatalog (Hessen) (auszugsweise):

Regelsatz von 200 Euro bei verbotenen

- Zusammenkünften und Ansammlungen in der Öffentlichkeit von mehr als zwei Personen (Ausnahme: Familien oder häusliche Gemeinschaft), pro Teilnehmer

Regelsatz von 500 Euro bei

- Verstößen gegen die Quarantäneanordnung bei Reiserückkehrern aus Risikogebieten 

Regelsatz von 200 bis 1.000 Euro durch

- das Organisieren von Zusammenkünften, touristischen und kulturellen Angeboten jeglicher Art und sonstigen Sportangeboten 

und durch das

- Nichteinhalten der Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts und der Sicherheitsvorkehrungen in Bezug auf das Abstandsgebot oder Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen. Dies betrifft zum Beispiel die Geschäftsführung eines Unternehmens

Regelsatz von 500 bis 5.000 Euro bei

- Verstößen gegen das Gebot der Schließung und Einstellung von Einrichtungen, Betrieben, Begegnungsstätten oder entsprechende Angebote

- Verstößen gegen das Bewirtungsverbot

und dem Unerlaubten Anbieten von Übernachtungen.

Sollten Kinder sich nicht an die Regelungen der verbotenen Zusammenkunft halten, durch zum Beispiel das Spielen auf der Straße oder im Park, kann gemäß § 28 Abs. 3 IfSG, welcher auf § 16 Abs. 5 IfSG verweist, die Maßnahmen auch auch gegen Sorgeberechtigte (Eltern) richten.

Diese Regelsätze gelten für einen Erstverstoß und sind bei Folgeverstößen bzw. mehrmaligen Verstößen zu erhöhen. §§ 19, 20 OWiG sind zu beachten.

Gemäß den §§ 30, 130 OWiG können auch Unternehmen (zum Beispiel Veranstalter oder Gaststätten) mit einem Bußgeld belegt werden.

Die Eilfallzuständigkeit der Polizei nach § 2 Satz 1 HSOG ist gegeben.

Mangels fehlender Rechtspraxis und Rechtsprechung zu Corona-Verstößen lässt sich bislang nur schwer beantworten, für welche Fehltritte in der Praxis welche Bußgelder verhängt werden darf - und in welchen Fällen welche gerichtlichen Geld- oder Freiheitsstrafen drohen.

Der Bußgeldkatalog gibt den Behörden einen Leitfaden an die Hand. Ob die Bußgelder bei Gegenwehr auch in dem jeweiligen Einzelfall halten, werden die Gerichte entscheiden müssen und so kann es sich durchaus lohnen, den Bußgeldbescheid prüfen zu lassen.

Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid ist der Einspruch gemäß § 67 OWiG.

Dieser ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheides einzulegen.

Üblicherweise wird der Verteidiger zeitgleich Akteneinsicht beantragen um den Fall auch hinsichtlich der Beweisbarkeit zu prüfen.

Es sollte daher, wenn Verteidigung und Überprüfung gewünscht sind, schnellstmöglich ein Anwalt nach Erhalt des Bußgeldbescheides kontaktiert werden.

 

Das Insolvenzstrafrecht und Corona

Einer Insolvenzverschleppung nach § 15a der Insolvenzordnung (InsO) macht sich derjenige strafbar, wer als Geschäftsführer einer juristischen Person bei Kenntnis einer wirtschaftlichen Krise nicht rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt.

Ein Geschäftsführer eines Unternehmens hat bei Eintritt der Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung maximal 3 Wochen Zeit, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen.

Studien haben gezeigt, dass 66 % aller Geschäftsführer, die für ihre Gesellschaft einen Insolvenzantrag stellen mussten, dies nicht rechtzeitig getan haben.

Das Insolvenzgericht leitet jede Insolvenzakte an die Staatsanwaltschaft zur Prüfung weiter.

Aufgrund der Corona.Krise hat die Bundesregierung nun ähnlich in den Zeiten der Hochwasserkatastrophen 2002, 2013 und 2016 gehandelt und bestimmt, dass die Insolvenzantragspflicht durch das COVInsAG mindestens bis zum 30. September 2020 ausgesetzt wird.

Ziel dieser Neuregelung ist es zu verhindern, dass sich Unternehmen nur deshalb zur Stellung eines Insolvenzantrages gezwungen sehen, weil ein Antrag auf staatliche Hilfen zur Überbrückung finanzieller Schwierigkeiten aufgrund der Corona-Pandemie noch nicht bearbeitet oder Sanierungs- oder Finanzierungsverhandlungen noch nicht abgeschlossen wurden.

Die zentrale Vorschrift in Artikel 1 § 1 des COVInsAG lautet:

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a InsO und nach § 42 Absatz 2 BGB ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2 (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.Dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Pandemie beruht wird im Regelfall somit angenommen.

Für einen dreimonatigen Übergangszeitraum wird auch das Recht der Gläubiger suspendiert, die Eröffnung von Insolvenzverfahren zu beantragen.

Diese Ausweitung der Antragsfrist bedeutet freilich, dass zunächst die mögliche Strafbarkeit der Insolvenzverschleppung (zu spätes Handeln) minimiert wird.

Eine mögliche Insolvenzverschleppung (mit der „normalen“ Frist von maximal 3 Wochen) dürfte demnach nur noch möglich sein, wenn die Zahlungsunfähigkeit, jedoch kein Antrag bis zum 01.03.2020 erfolgt ist, da das COVInsAG rückwirkend erst ab dem 1. März 2020 gilt.

Nicht betroffen von diesem Aufschub sind jedoch die möglichen „Begleitdelikte“ einer insolvenzbedingten Krise.

Die typischen „Begleitdelikte“ sind Betrugs- und Untreuedelikte (§§ 263, 266 StGB), Bankrottdelikte (§ 283, 283a StGB), die Gläubigerbegünstigung (§ 283 c StGB) und die Schuldnerbegünstigung (§ 283 d StGB).

Insbesondere hinsichtlich der Gläubigerbegünstigung (§ 283 c StGB) ist die Regelung des § 2 Absatz 1 Nr. 2 COVInsAG interessant, da diese bestimmten Handlungen von in die Krise geratenen Unternehmen als nicht gläubigerbenachteiligend gelten lässt.

Ebenso bestimmt die Nummer 4 des § 2, dass wirtschaftliche Entscheidungen, wie die Gewährung von Zahlungserleichterungen, die Gewährung andersartiger, aber gleichwertiger Sicherheiten sowie die Gewährung von Zahlungserleichterungen, von der späteren Insolvenzanfechtung ausgenommen werden sollen.

Ähnlich verhält es sich mit der Strafbarkeit nach § 266a StGB. Üblicherweise macht sich der Geschäftsführer während der Insolvenzantragspflicht nicht gemäß § 266a StGB strafbar, wenn er in dieser Zeit keine Sozialversicherungsbeiträge abführt.

Die Strafverfolgungsbehörden könnten jedoch gemäß § 2 Absatz 1 Nr. 2 COVInsAG der Meinung sein, dass die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge eine Zahlung ist, welche im ordnungsgemäßen Geschäftsgang getätigt wird und somit die Beiträge doch abzuführen wären.

Die Möglichkeit des „Eingehungsbetruges“ nach § 263 StGB besteht ebenso. Wenn zum Beispiel Leistungen in der verlängerten Frist bestellt werden und dem Schuldner klar sein müsste, dass er diese eventuell nicht zahlen kann, könnte er zumindest in Kauf genommen haben, dass die Leistungen nicht bezahlt und somit ein Schaden eingetreten ist, da der Gläubiger geleistet hat und davon ausging: wer bestellt kann auch zahlen.

Schlussendlich kann festgehalten werden, dass auch diese Erleichterung in der Krise zu begrüßen ist, dennoch, wie allgemein üblich in der Unternehmenskrise, auch weiterhin erhöhte strafrechtliche Risiken bestehen. Niemand hat etwas zu verschenken und ein Freischein zum unsauberen Arbeiten in einer Krisensituation gibt es auch hier nicht.

 

Der Verjährungsbeginn und Vorsatz bei § 266a StGB insbesondere im Baugeschäft und der Pflege

Im Jahr 2019 gab es beachtliche Rechtsprechung hinsichtlich des Vorsatzes und der Verjährung des § 266a StGB. Die häufigsten Fälle in der Praxis des § 266a StGB bestehen in Form der klassischen Schwarzarbeit, bei der ein Beschäftigungsverhältnis der Einzugsstelle schlicht nicht gemeldet wird, oder bei den Fällen der Scheinselbständigkeit, bei der zwar das Erwerbsverhältnis „offen“ praktiziert wird, es aber (bewusst) fälschlich nach den Regeln der Selbständigkeit abgewickelt wird . Diese Fälle betreffen in den letzten Jahren vornehmlich das Baugeschäft und die Pflege.

Durch einen Anfragebeschluss hat der erste Strafsenat sich dem Problemfeld der Verjährung angenommen.

In den Fällen des Absatzes 1 und 2 des § 266 StGB entfällt die Pflicht zum Handeln, wenn die Beitragsschuld erfüllt wird, der Beitragsschuldner (zum Beispiel GmbH) durch eine Liquidation/Auflösung wegfällt, der Täter aus seiner Vertreterstellung (§ 14 StGB) ausscheidet.

Der Regelfall im Strafverfahren, in welchem eben nicht die Beitragsschuld üblicherweise bezahlt wird, richtet sich nach die Verjährung der Beitragsschuld, welche nach § 25 I 2 SGB IV bei vorsätzlich vorenthaltenen Beiträgen erst nach 30 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres eintritt, in dem sie fällig geworden sind.

Man kann demnach schon fast von einer „lebenslangen Verjährungsfrist“ entsprechend der Schwerstkriminalität (Mord) sprechen.

Der erste Strafsenat hat in seinem Beschluss vom 13.11.2019 nun klar gemacht, dass er an der bisherigen Rechtsprechung nicht mehr festhalten will (BGH, Beschluss vom 13.11.2019 - 1 StR 58/19).

Die Verjährungsfrist bei Taten gemäß § 266a I sowie II Nr. 2 StGB soll nun bereits mit dem Verstreichenlassen des Fälligkeitszeitpunktes zu laufen beginnen.

Die Begründung gleicht einem Prominenten Beispiel und zwar dem der Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO. Die Rechtsgutsverletzung ist mit Nichtzahlung im Zeitpunkt der Fälligkeit irreversibel eingetreten und wird durch weiteres Untätigbleiben nicht mehr vertieft. Der BGH zieht in seinem Beschluss einen direkten Vergleich zu der Lohnsteuerhinterziehung.

Auch im Bezug auf den subjektiven Tatbestand hat der erste Strafsenat eine Kehrtwende vollzogen. Dies betrifft in der Praxis vor allem die Problematik der Scheinselbständigkeit, wobei insbesondere der Pflegesektor betroffen ist (BGH, Beschluss vom 24.9.2019 – 1 StR 346/18).

Hinsichtlich der Arbeitgebereigenschaft § 266a StGB kommt es darauf an, ob der Arbeitgeber erkannt und billigend in Kauf genommen hat, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalls möglicherweise von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen ist und daraus gegebenenfalls für ihn eine Abführungspflicht folgt. Irrte er hinsichtlich seiner Stellung, lag nach bisheriger Rechtsprechung kein vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum, sondern (allenfalls) einem – in der Regel vermeidbaren – Verbotsirrtum vor.

Von dieser Schlussfolgerung hält der erste Strafsenat mit dem vorliegenden Beschluss nicht mehr fest und setzt seine Andeutungen aus einem Beschluss vom 24.01.2018 schlussendlich um.

Hält demnach die zu pflegende Person eine Stellung als Arbeitgeber und die daraus resultierende sozialversicherungsrechtliche Abführungspflicht zumindest für möglich und nimmt somit deren Verletzung billigend in Kauf, ist eine Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft und die daraus folgende Abführungspflicht als Tatbestandsirrtum einzuordnen.

Auch hier zieht der erste Strafsenat, wie schon in der Verjährungsproblematik, die Parallele zur Steuerhinterziehung. Hat der Steuerpflichtige irrtümlich angenommen, dass ein Steueranspruch nicht entstanden ist, liegt nach dieser Rechtsprechung ein Tatbestandsirrtum vor, der den Vorsatz ausschließt.

Tatsächlich verdeckt die Entscheidung einen Skandal: Offensichtlich konnte man bei den Familien, in denen die Pflegekräfte tätig wurden, keine Beiträge anfordern. Warum eigentlich nicht? Weil das Geschäftsmodell hochsensibel ist und die Bevölkerung kein Verständnis dafür hat, dass mit Hilfe des Hauptzollamtes im Privatbereich nach Schwarzarbeit gesucht wird. Deshalb hält man sich an die Vermittler.

Künftig gibt es mehr Verteidigungspotential auf der subjektiven Ebene, wenn zu klären ist, wie eindeutig die Indizien sind, die für das Vorliegen einer Arbeitgeberstellung sprechen.

Eine gute Verteidigung ist daher unerlässlich da es üblicherweise immer um Haftstrafen gehen wird.

 

Corona und die Strafbarkeit der §§ 266a und 263 StGB durch Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen und Kurzarbeit

Der Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) hat mit einem Rundschreiben vom 24.3.2020 angeregt, dass aufgrund der Corona-Pandemie erleichterte Stundungsmöglichkeiten von Sozialversicherungsbeiträgen möglich sein sollen. Dem scheinen wohl die meisten Kassen nachzukommen.

https://www.zdh.de/fileadmin/user_upload/themen/Sozial-und-Tarifpolitik/Rundschreiben_2020/rs3820_Stundung_Sozialbeitraege.pdf

Die Möglichkeit einer Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen ist schon lange gesetzlich geregelt wurde jedoch nur in absoluten Ausnahmefällen bewilligt. Ansprüche auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag wurden nur gestundet, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für das Unternehmen verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird.

Diese liegen in Zeiten der Pandemie vor.

Die Stundung setzt einen entsprechenden Antrag des Unternehmens voraus, wobei das Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen zu belegen ist. Über den Stundungsantrag entscheidet die Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle nach pflichtgemäßem Ermessen.

Eine Strafbarkeit kann gemäß § 266a StGB liegt in der vorliegenden Konstellation gegeben sein, wenn die Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt werden. Ein rechtzeitiger Stundungsanträge ist daher unbedingt notwendig um nicht in eine mögliche Strafbarkeit zu rutschen. Ein Stundungsantrag schließt jedoch die Fälligkeit nicht aus solange er nicht positiv beschieden ist. Die reine Antragsstellung ist daher nicht ausreichend.

Eine weitere mögliche Strafbarkeit ergibt sich aus der Situation des am 14.03.2020 in Kraft getretenen „Gesetzes zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ (BGBl. I 2020, S. 493). Dort hat die Bundesregierung den Zugang zum Kurzarbeitergeld rückwirkend zum 1.3.2020 erleichtert.

So ist es für die Anmeldung der Kurzarbeit nunmehr ausreichend, wenn in einem Betrieb 10% der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen, während die Schwelle vormals bei 30% lag. Weiterhin sollen die den Arbeitgebern die zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge vollständig erstattet werden (vgl. https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/kurzarbeitergeld-1729626).

Missbrauch und somit eine Strafbarkeit gemäß § 263 StGB ist zunächst dadurch möglich, dass die Mitarbeiter eines Betriebs, obwohl sie sich offiziell in Kurzarbeitszeit befinden, ihre Arbeitszeit tatsächlich in vollem Umfang ableisten und nur durch falsche Dokumentation ein vermeintlicher „erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall“ gemäß § 95 Nr. 1 SGB III vorgespiegelt wird.

Damit täuscht der Arbeitgeber hinsichtlich des Merkmals „erhebliche Arbeitsausfälle“.

Für den Arbeitnehmer, welcher von der fehlerhaften Dokumentation weiß oder gar mithilft durch eigenständiges „Ausstempeln“ und Weiterarbeiten, kommt eine strafbare Beihilfehandlung gem. §§ 263, 27 StGB in Betracht.

Eine weitere Möglichkeit der Strafbarkeit ist die Schwarzlohnzahlung durch den Arbeitgeber durch Aufstockungszahlungen des durch Kurzarbeit reduzierten Lohnes.  Hier besteht die Möglichkeit der (Lohn-) Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO und des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB, da nicht der gesamte gezahlte Betrag angegeben wird und entsprechend zu wenig Steuern und Sozialabgaben festgesetzt bzw. abgeführt werden.

Durch die Kostenbelastung des Staates im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, existieren in einigen Bundesländern bei den Agenturen für Arbeit bereits Sonderprüfungsgruppen, welche die Anträge kritisch prüfen und bei Verdachtsmomenten das Hauptzollamt bzw. die direkt die Staatsanwaltschaft informieren und es ist auch im Übrigen damit zu rechnen, dass es detaillierte und erhebliche Nachprüfungen nach der Krisenzeit geben wird.

 

Corona und die Unterbrechungsfrist umfangreicher Strafprozesse

Nach altem Recht durften Hauptverhandlungen gemäß § 229 Absatz 1 und 2 StPO maximal bis zu drei Wochen, wenn sie vor der Unterbrechung länger als zehn Verhandlungstage angedauert haben, bis zu einem Monat unterbrochen werden. Urteile, die nicht am Schluss der Verhandlung verkündet werden, mussten gemäß § 268 Absatz 3 Satz 2 StPO spätestens am elften Tag danach verkündet werden.

Bei Hauptverhandlungen, welche länger als zehn Verhandlungstage angedauert haben, waren und sind diese Fristen gemäß § 229 Absatz 3 Satz 1 aufgrund von Krankheit, Mutterschutz und Elternzeit bis zu zwei Monaten gehemmt und enden gemäß § 229 Absatz 3 Satz 2 frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung.

Diese Regelungen bleiben freilich bestehen, sind jedoch im Fall der aktuellen Pandemie nicht ausreichend um eine entsprechende Fortführung und gleichzeitigem Schutz der Verfahrensbeteiligten gleichermaßen zu genügen.

Nunmehr gilt daher zusätzlich, geregelt durch § 10 StPOEG ein Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfristen bei strafgerichtlichen Hauptverhandlungen sowie für die Hemmung der Urteilsverkündungsfrist.

Damit soll verhindert werden, dass eine Hauptverhandlung aufgrund der aktuellen Einschränkungen des öffentlichen Lebens ausgesetzt und neu begonnen werden muss, was bedeuten würde, dass alle Zeugen etc. erneut zu vernehmen wären.

Die neue Regelung lautet wie folgt:

Hemmung der Unterbrechungsfristen wegen Infektionsschutzmaßnahmen

(1) Unabhängig von der Dauer der Hauptverhandlung ist der Lauf der in §229 Absatz 1 und 2 der Strafprozessordnung genannten Unterbrechungsfristen gehemmt, solange die Hauptverhandlung aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) nicht durchgeführt werden kann, längstens jedoch für zwei Monate; diese Fristen enden frühestens zehn Tage nach Ablauf der Hemmung. Beginn und Ende der Hemmung stellt das Gericht durch unanfechtbaren Beschluss fest.

(2) Absatz1 gilt entsprechend für die in § 268 Absatz 3 Satz 2 der Strafprozessordnung genannte Frist zur Urteilsverkündung.“

 

Die steuerlichen Erleichterungen in der Corona-Pandemie und das Steuerstrafrecht

Auch das Steuerrecht zeigt sich in Zeiten der Corona-Pandemie flexibel.

Demnach sind Stundungen fälliger und fällig werdender Steuern möglich, die Herabsetzung laufender Steuervorauszahlungen, der Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen bis zum Jahresende 2020 und der Erlass von gewissen Säumniszuschlägen.

Auch wurde die Generalzolldirektion angewiesen, Steuerpflichtigen bei den von der Zollverwaltung verwalteten Steuern (z.B. Energiesteuern, Luftverkehrssteuern) entgegenzukommen. Gleiches gilt für das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich Versicherungs- und Umsatzsteuern.

Die Stundung von Lohnsteuer für den Arbeitgeber ist derzeit nicht möglich. Es gibt ein gesetzliches Verbot der Stundung in § 222 S. 3 AO u.a. für die Lohnsteuer.

In fast jedem Musterantrag, welcher von den Finanzämtern zur Verfügung gestellt wird, wird auf die mögliche Strafbarkeit hingewiesen. So heißt es zum Beispiel:

„Ich versichere die Richtigkeit und Vollständigkeit meiner Angaben.

(Hinweis: Unrichtige Angaben können strafrechtliche Folgen haben, vgl. Sanktionsvorschriften

Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO und leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO.)“

Eine Steuerhinterziehung begeht derjenige, welcher den Finanzbehörden oder anderen Behörden gegenüber steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Der Versuch ist strafbar.

"Angaben machen" bedeutet, sich einer Erklärung willentlich zu entäußern.

Mit den vorliegenden Anträgen erstellt man logischerweise keine Steuererklärung. Dies ist auch gar nicht nötig, denn außerhalb des Veranlagungsverfahrens werden steuerlich erheblich Angaben auch im Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO) oder im Vollstreckungsverfahren (§§ 249 ff. AO) gemacht.

Für die „Corona-Antragsfälle“ kann sich daher eine Strafbarkeit ergeben, wenn vom Steuerpflichtigen durch falsche Angaben Stundung oder Erlass gewährt wird.

Die Stundung gilt ebenso als steuerlicher Vorteil. Steuervergünstigungen im Allgemeinen sind alle Vorteile, die sich auf die Höhe des Steueranspruchs bzw. auf dessen Geltendmachung oder Einziehung durch die Finanzbehörde auswirken.

Auch wenn die Zeiten turbulent sind, so dürfen bei den Anträgen keinerlei Fehler passieren, denn auch eine leichtfertige Steuerverkürzung ist möglich.

Eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO bezeichnet eine Steuerhinterziehung, die nicht mit Vorsatz begangen wurde, sondern lediglich durch bewusste oder unbewusste Fahrlässigkeit, zum Beispiel aus Unwissenheit oder Nachlässigkeit.

Gemein haben alle möglichen Strafbarkeiten, dass Angaben fehlen oder falsch sein müssen. Eine unterschiedliche rechtliche Wertung ist nicht strafbar.

Wenn man also hinsichtlich des Stundungsverbots der Lohnsteuer die Meinung vertritt, dass in diesem Fall ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vorliegt und man daher trotzdem den Antrag stellt, so macht man sich nicht strafbar, weil man keine falschen Tatsachen mitteilt, sondern lediglich von einer anderen Rechtsfolge ausgeht.

Dies muss jedoch immer klar transportiert und mitgeteilt werden.

Wie auch bei den Corona-Soforthilfen, welche im Moment der Notsituation keinerlei größere Prüfung unterliegen, ist jedoch auch in den vorliegenden Fällen davon auszugehen, dass es nachträgliche detaillierte Prüfungen geben wird und es somit zu einem steuerstrafrechtlichen Verfahren kommen kann.

 

Die Corona-Soforthilfe und ein mögliches Strafverfahren

Das Bundeskabinett hatte am 23. März 2020 Soforthilfen für kleine Unternehmen, Soloselbständige, Freiberufler und Landwirte in einem Umfang von bis zu 50 Mrd. Euro verabschiedet. Die für die Umsetzung und Auszahlung der Gelder nötige Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern wurde am 29.03.2020 zwischen Bund und Ländern geeinigt und somit stehen die Gelder ab dem 30.03.2020 zur Verfügung und können online beantragt werden.

Bereits am ersten Tag sind circa 5.000 Anträge gestellt worden.

Der Umfang der Soforthilfe beträgt für Unternehmen bzw. Selbständige aus allen Wirtschaftsbereichen mit bis zu 5 Beschäftigten einmalig, maximal 9.000 Euro und für Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten einmalig, maximal 15.000 Euro und maximal 30.000 Euro für Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten.

Der Antrag ist online abrufbar (Hessen) unter: https://rp-kassel.hessen.de/corona-soforthilfe

Die Soforthilfe soll die begünstigen, welche unverschuldet infolge der Corona-Virus-Pandemie in eine existenzgefährdende wirtschaftliche Situation bzw. in massive Liquiditätsengpässe geraten sind und diesen Liquiditätsengpass nicht aus eigener Kraft ausgleichen können, unterstützen. Es sind also nur solche Unternehmen und Personen betroffen, welche akuten Liquiditätsengpässe haben und zum Beispiel ihre Miete für Betriebsräume nicht zahlen können.

 

Liquiditätsengpässe oder Umsatzeinbrüche, die bereits vor dem 11. März 2020 entstanden sind, werden nicht berücksichtigt.

 

Der Zuschuss ist ertragsteuerlich in dem Jahr zur berücksichtigen in dem er nach den steuerlichen Einzelgesetzen entstanden ist. Der Zuschuss ist als echter Zuschuss nicht umsatzsteuerbar.

 

Kommen wir aber nun zum strafrechtlichen Teil, zu den möglichen Strafbarkeiten.

 

So manches Antragsformular weist schon auf die möglichen strafrechtlichen Fallstricke hin.

 

Das Antragsformular des Landes Brandenburg hat unter Punkt 11.4. aufgeführt:

 

„Mir ist bekannt, dass vorsätzlich oder leichtfertig falsche oder unvollständige Angaben

sowie das vorsätzliche oder leichtfertige Unterlassen einer Mitteilung über Änderungen in

diesen Angaben die Strafverfolgung wegen Subventionsbetrug (§ 264 StGB) zur Folge

haben können.“

 

Unter Punkt 11.10 steht:

 

„Ich versichere an Eides statt, dass ich alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen

und wahrheitsgetreu gemacht habe.“

 

Falsche Angaben und Bestätigung eines solchen Antrages Täuschungshandlungen, welche einen Irrtum bei der ausgebenden Stelle erzeugen und zu einem Schaden führen, nämlich der Auszahlung des Zuschusses. Damit wären dann unter anderem die Strafbarkeiten des § 263 StGB als auch § 264 StGB (dieser bereits ohne Auszahlung) erfüllt.

 

Entsprechend weißt zum Beispiel das Land Baden-Württemberg darauf hin: „Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass eine Beantragung ohne diese Voraussetzung zu erfüllen, Betrug ist. Der Betrugstatbestand sieht eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vor. Falsche Versicherungen an Eides Statt sind ebenso strafbar. Es wird um Verständnis gebeten, dass jeder Fall, der bekannt wird, zur Anzeige gebracht wird und eine möglicherweise bereits gewährte Soforthilfe zurückzuzahlen ist.“ (https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme-und-aufrufe/liste-foerderprogramme/soforthilfe-corona/).

 

Ebenso ist die Strafbarkeit aufgrund einer falschen Versicherung an Eides statt gem. § 164 StGB in derartigen Fällen zunächst erfüllt.

 

Die Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt, § 156 StGB, (1. Alternative) oder die Berufung auf eine solche Versicherung (2. Alternative) gegenüber einer zuständigen Behörde wird mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft. Eine schriftliche Versicherung gilt als abgegeben, wenn sie mit Willen des Erklärenden in den Machtbereich der zuständigen Behörde gelangt ist und die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht. Tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich.

 

Für eine Strafbarkeit wegen Subventionsbetrug nach § 264 StGB ist eine Auszahlung nicht erforderlich. Eine fehlende Auszahlung würde bei dem normalen Betrug gemäß § 263 StGB zumindest den strafbaren Versuch bedeuten.

 

Neben dem Strafverfahren, würde freilich noch die Rückzahlung der Soforthilfe veranlasst werden. Es würden zudem gewerberechtliche Konsequenzen drohen.

 

Gemäß § 6 GmbHG kann jemand bei einer Verurteilung wegen Betrugs ab einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr nicht mehr Geschäftsführer sein. Der Verlust der Amtsfähigkeit gemäß § 45 StGB kommt ebenso in Betracht genauso wie freilich das Problem der Vorstrafe im Führungszeugnis unter bestimmten Voraussetzungen.

 

Der Antragsteller muss den Zuschuss in seiner Steuererklärung angeben. Da dem Antrag die Steuernummer bzw. die Steuer-ID beizufügen ist, hat das Finanzamt die Möglichkeit, die Plausibilität der Inanspruchnahme im Nachhinein zu überprüfen. Nichtangaben können auch zu einer Steuerhinterziehung führen.

 

Die Beantragung ist freilich, notwendigerweise, relativ unkompliziert möglich. Dies soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Angaben, sobald der „Notfall“ ausgestanden ist, detailliert geprüft werden. Darauf haben schon mehrere Bundesländer hingewiesen.

 

Strafrecht und Corona

Hat das Virus COVID-19 (Coronavirus - SARS-CoV-2) auch mit dem Strafrecht Berührungspunkte?

Bereits der SPIEGEL hat einen relativ großen Text von Herrn Thomas Fischer hinsichtlich der Strafbarkeit durch Corona in Form einer Körperverletzung abgedruckt.

Dort steht ganz richtig, dass wenn eine infizierte Person eine andere Person ansteckt, die Ansteckung zumindest in Kauf nimmt und dadurch die andere Person körperliche Beschwerden erleidet, eine Körperverletzung gemäß § 223 StGB erfüllt sein kann.

 

Das Coronavirus wäre sogar ein gesundheitsschädlicher Stoff und dann würde ebenso eine Strafbarkeit der gefährlichen Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 1 StGB in Betracht kommen. Die Strafandrohung beträgt mindestens 6 Monate und geht bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe. Darunter fällt Sars-CoV-2 als Virus genauso wie etwa der AIDS-Erreger.

Nachzuweisen, dass wirklich Person A Person B mit dem Coronavirus infiziert und B es nicht von jemand anderen hat, dürfte in der Praxis problematisch, wenn nicht sogar unlösbar sein.

Ebenso nicht nachweisbar aber dennoch sehr „catchy“ sind die Ausführungen und Gedanken hinsichtlich einer fahrlässigen Körperverletzung gemäß § 229 StGB.

Diese fahrlässige Körperverletzung würde (zumindest in der Theorie) vorliegen, falls der Infizierte entweder aufgrund von Nachlässigkeit nicht weiß, dass er infiziert ist und/oder versehentlich jemand anderen ansteckt. In der Praxis würde das bedeuten, dass man sich schon beim mangelnden Abstand an der Kasse strafbar machen könnte.

Diese Gedankenspiele sind jedoch eher theoretischer Natur.

Praxisrelevanter ist der sogenannte „Corona-Enkeltrick“. Enkeltricks funktionieren in der Regel so, dass Täter ältere Menschen über das Telefon kontaktieren und sich als Angehörige, Bekannte oder Polizisten ausgeben um Geld vermeintlich in Sicherheit zu bringen, so dass die Geschädigten einem Mittelsmann das Geld an der Tür übergeben. Zur Zeit des Coronavirus werden nun aus Polizisten schlicht infizierte Angehörige, welche finanzielle Unterstützung für die Behandlung benötigten. Sie würden ihre Opfer um Geld und andere Wertgegenstände bitten, welche ein angeblicher Freund für sie abhole.

Diese Vorgehensweise erfüllt den Tatbestand des Betruges gemäß § 263 StGB. Nach § 263 StGB macht sich strafbar: „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält.“

Soweit mindestens drei Personen, in welcher Art und Weise miteinander den Betrug durchführen und dies vorher auch beschlossen haben, kommt das Regelbeispiel der Bande hinzu. Auch die Gewerbsmäßigkeit (je nach Anzahl der Taten oder Summenhöhe der Beute) spielt eine Rolle.

Ein schwerer Betrug liegt nach § 263 Abs. 3 StGB vor, wenn man gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat. Im Falle eines schweren Betruges erhöht sich das Strafmaß deutlich. Das Gesetz sieht als Strafe nur noch Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Die erbeuteten Summen werden sehr wahrscheinlich gemäß §§ 74 ff. StGB eingezogen und müssen entsprechend zurückgezahlt werden.

Weitere praxisrelevante Beispiele sind die Ausgangssperren und Kontaktverbote.

Wer gegen behördliche Anordnungen verstößt, welche auf Grundlage dieser Verordnungen in Verbindung mit den infektionsschutzrechtlichen Standardbefugnissen gemäß § 28 Abs. 1 S. 1, 2 IfSG ausgesprochen werden, der kann sich strafbar machen.

Im IfSG finden sich in den §§ 74, 75 IfSG Straftatbestände, welche im Höchstmaß Freiheitsstrafen vorsehen und ebenso fahrlässig begangen werden können.

So können Missachtungen von Platzverweisen oder auch Betretungsverbote von öffentlichen Plätzen mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden. Das könnte auch Verstöße gegen konkrete Anordnungen betreffen, die etwa auf Grundlage einer Ausgangssperre ausgesprochen werden.

Um sich jedoch strafbar zu machen, muss die Maßnahme, gegen welche man verstößt, rechtmäßig sein. Es besteht jedoch erhebliche Uneinigkeit darüber, ob Ausgangssperren ihre Rechtsgrundlage in dem IfSG finden und daher überhaupt rechtmäßig sein können.

Anders sieht es wohl bei Kontaktverboten aus. Kontaktverbote sollen demnach im Sinne eines „Zusammenkunftsverbots“ auf § 28 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 IfSG gestützt werden können. Die Regelung ermöglicht es den zuständigen Behörden, Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen zu beschränken oder zu verbieten.

 

Der Steuerberater als Strafverteidiger

Die Strafprozessordnung verwendet den Begriff des Verteidigers und nicht, wie im Zivilrecht, den des Prozessbevollmächtigten. So können gemäß § 138 StPO Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen Hochschulen im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Verteidiger gewählt werden. Zudem darf der Verteidiger, die Verteidigung einem Rechtskundigen, namentlich einem Referendar, der seit mindestens 1 Jahr und 3 Monaten tätig ist, gemäß § 139 StPO übertragen. § 138 StPO behandelt jedoch nur den sogenannten Wahlverteidiger. 

Obiges gilt grundsätzlich auch für das spezielle Rechtsgebiet des Steuerstrafverfahrens. 

Im Steuerstrafverfahren wird der Kreis möglicher Wahlverteidiger allerdings durch § 392 Abs. 1 AO erweitert. So können nach Satz 1 Halbs. 1 auch Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer als Verteidiger gewählt werden, soweit die Finanzbehörde das Verfahren gem. § 386 Abs. 2 AO selbständig durchführt. § 386 AO ist unter anderem darin begründet, dass der Schwerpunkt des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens der Finanzbehörde auf dem steuerrechtlichen Gebiet liegt. Soweit kein Verkürzungserfolg festgestellt werden kann, wird auch die strafrechtliche Würdigung ungebraucht verweilen. 

 

Es geht in dem steuerstrafrechtlichen Verfahren vornehmlich um die steuerrechtliche Würdigung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerverkürzung sowie der möglichen Höhe der verkürzten Beträge. Nach Anklageerhebung und/oder der Eröffnung des Hauptverfahrens kann der Steuerberater grundsätzlich nur noch gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt gemäß § 138 Abs. 1 StPO verteidigen. Es hat eine endgültige „Schwerpunktverschiebung“ in das Strafprozessrecht stattgefunden. 

Hinsichtlich der Selbstanzeige ist es durchaus üblich, dass eine solche durch einen Steuerberater gefertigt und beim zuständigen Finanzamt eingereicht wird. In der Regel erfolgt dann eine Weiterleitung an die Straf- und Bußgeldsachenstelle. Sollte diese jedoch bei ihrer rechtlichen Prüfung Zweifel an der Wirksamkeit der Selbstanzeige bekommen, müsste ggf. eine Abgabe zur weiteren Prüfung an die Staatsanwaltschaft erfolgen. 

Der BGH sieht in bestimmten Konstellationen sogar eine Pflicht der Beteiligung der Staatsanwaltschaft vor. 

Die Alleinvertretungsbefugnis des Steuerberaters wäre damit nicht mehr im ERmittlungsverfahren gegeben.

Eine Ausnahme eröffnet § 107 StBerG. Demnach können Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte im berufsgerichtlichen Verfahren vor dem LG und vor dem OLG zu Verteidigern gewählt werden. Diese Befugnis erstreckt sich aber eben nicht auf das strafprozessuale Verfahren und soll daher nur Vollständigkeitshalber erwähnt werden.

Es ist unumgänglich, dass dem Steuerberater die zulässigen Möglichkeiten der steuerstrafrechtlichen Verteidigung bekannt sind. Erleidet der Mandant infolge eines Tuns oder Unterlassens seines Steuerberaters einen Schaden, so ist der Steuerberater einstandspflichtig gemäß § 280 BGB. Dies gilt insbesondere für die Überschreitung seiner Kompetenzen und dahingehende Schäden des Mandanten.

Es sollte daher stets geprüft werden, spätestens mit der Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, ob die Verteidigung (wenn auch nicht ausschließlich) von einem spezialisierten Strafverteidiger geführt oder im Team bearbeitet wird.

 

 

 

Der Irrtum bei Massenbetrugsfällen

In sogenannten „Massenbetrugsfällen“ kommt zwangsläufig das Problem der Beweiserhebung in Form der Zeugenvernehmung auf. Der zeitliche Faktor schlägt schon im Ermittlungsverfahren zu, wenn zunächst der einzelne Geschädigte ermittelt werden muss, Vernehmungen stattfinden und schließlich etwa anhand von umfangreichen Kontodaten die entsprechende Schadensberechnung zu erfolgen hat. Während die Ermittlungspersonen im Ermittlungsverfahren noch arbeitsteilig vorgehen können, ist in einer Hauptverhandlung keine entsprechende Erleichterung mehr möglich. 

Soweit in einem Massenbetrugsverfahren klare Fälle mit erheblicher Schadenshöhe hervorstechen, kann laut BGH der Prozessökonomie durch die großzügige Anwendung der Einstellungs- und Beschränkungsmöglichkeiten nach §§ 154, 154a StPO Genüge getan werden, indem man hinsichtlich entsprechender Fälle den Verfahrensstoff beschränkt. 

Es wird also eine „quantitative Beschränkungslösung“ vorgeschlagen. Weiterhin gibt es den Vorschlag, den Tatvorwurf auf Versuchsstrafbarkeiten gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO zu beschränken. 

 

Ein weiterer Ansatz der Rechtsprechung ist die Vernehmung einer kleineren, repräsentativen Anzahl von Zeugen, um aus diesen Erkenntnissen eine Hochrechnung unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabschlags für eine mögliche Irrtumsbildung vorzunehmen. 2013 schlug der BGH vor, dass die Beweisaufnahme dadurch erleichtert werden kann, dass das Tatgericht Auskünfte der Verfügenden in Fragebögen, welche die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren versendet hat, nach § 251 StPO in der Hauptverhandlung verliest (oder gemäß § 249 Abs. 2 StPO das Selbstleseverfahren anordnet).

Vernehmungen von Geschädigten werden sogar gänzlich für verzichtbar gehalten, wenn sich der Irrtum „von selbst versteht“.  So argumentiert zumindest der BGH in seiner weiterentwickelten Rechtsprechung zu der Thematik aus dem Jahr 2018. Wenn es offensichtlich ist, dass der Geschädigte unter keinen Umständen eine Zahlung geleistet hätte, wenn er gewusst hätte, wofür er diese Zahlung tatsächlich leistet, dann darf laut BGH ohne jegliche Vernehmung von Zeugen davon ausgegangen werden, dass bei ihm ein täuschungsbedingter Irrtum vorgelegen hat.  So kann zum Beispiel aufgrund der äußeren Umstände und der allgemeinen Erfahrungsätze von einem Irrtum ausgegangen werden, wenn behauptete, nichtexistierende Forderungen geltend gemacht und diese von den Geschädigten bezahlt werden.  Damit wird ein gesicherter Erfahrungssatz vorausgesetzt, dass niemand eine (erfundene) Forderung von über 50 Euro bezahlt, von der er weiß, dass sie zu Unrecht erhoben wird (BGH, Beschluss vom 16.8.2018 − 5 StR 348/18).

Die (objektive) Täuschungshandlung indiziert daher den (subjektiven) Irrtum.

Zutreffend hält der Generalbundesanwalt in einer Zuschrift in einem Revisionsverfahren vor dem 3. Strafsenat 2012 fest: „Eine Strafbarkeit wegen Betruges gemäß § 263 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass eine andere Person über Tatsachen getäuscht wird und durch den so hervorgerufenen Irrtum zu einer vermögensmindernden Verfügung veranlasst wird. Personenmehrheiten können nicht als solche Subjekt eines Irrtums sein. Vielmehr müssen bei arbeitsteilig tätigen Unternehmen oder Organisationen die Urteilsgründe regelmäßig darlegen, wer im konkreten Fall auf welcher Grundlage und mit welchen Vorstellungen die Entscheidung über die Erbringung der vom Täter erstrebten Leistung getroffen und damit die Verfügung vorgenommen hat.“ (BGH, Beschl. v. 27.3.2012 – 3 StR 472/11, NStZ 2012, 699).

Dem ist zuzustimmen.

 

 

Rücknahme der Bestellung eines Pflichtverteidigers und der Wechsel des Pflichtverteidigers

Dem Grunde nach ist es so, dass ein einmal bestellter Pflichtverteidiger nur noch sehr schwer ausgewechselt werden kann. Die Wahl muss daher sehr gut überlegt sein. Es gibt nur wenige Ausnahmen, welche ein Wechsel möglich machen.

Die Bestellung eines Pflichtverteidigers ist unter anderem dann aufzuheben, wenn konkrete Umstände vorgetragen und gegebenenfalls nachgewiesen sind, aus denen sich ergibt, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Pflichtverteidiger und Angeklagtem endgültig und nachhaltig erschüttert und deshalb zu besorgen ist, dass die Verteidigung objektiv nicht (mehr) sachgerecht geführt werden kann (BGHSt 39, Seite 310, NJW 1993, 3275).

Für einen Wechsel eines Pflichtverteidigers reichen Differenzen über den Inhalt und den Umfang der Verteidigung grundsätzlich nicht aus (vgl. OLG Hamm Beschl. v. 18.4.2002 – 1 Ws 77/02, BeckRS 2002, 30254579). Dies folgt aus der rechtlichen Selbstständigkeit des Verteidigers. Er ist Verteidiger, nicht Vertreter des Beschuldigten (BGH, Beschl. v. 30.01.1959 - 1 StR 510/58, BGH NJW 1959, 731).

 

Die Behauptung einer Zerstörung des Vertrauensverhältnisses muss durch konkrete Tatsachen glaubhaft gemacht werden (BGH, Urteil vom 19.05.1988 - 2 StR 22/88, NStZ 1988, 420).

Ein zerstörtes Vertrauensverhältnis liegt zum Beispiel vor, wenn über einen Zeitraum von mehr als fünf Monaten kein Besuch durch den Verteidiger in der JVA stattfindet und Akteneinsicht nur zu einem sehr frühen Zeitpunkt bestand und somit der Fortgang der weiteren Ermittlungen dem Verteidiger nicht bekannt ist (LG Ingolstadt, Verfügung v. 23.08.2017 – 383 Js 228567/16, BeckRS 2017, 123419).

In einem Beschluss des AG Frankfurt am Main (Amtsgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 13.03.2019 – 931 Gs 7681 Js 240147/17) wird (richtigerweise) von einem gestörten Vertrauensverhältnis ausgegangen, wenn der erste Besuch der Verteidigerin erst nach sieben Wochen Untersuchungshaft erfolgt.

Hinzu kommt noch erschwerend, dass dieser erste und einzige Besuch zudem ein Vernehmungstermin der Staatsanwaltschaft zu Grunde lag und dem Besuch kein nachweisbarer vorheriger Besuch vorausging und somit die Sach- und Rechtslage nicht hinreichend besprochen werden konnte.

Auch nach diesem ersten Besuch haben über mehr als 5 Wochen keine weiteren Besuche stattgefunden.

Andere Möglichkeiten der Rücknahme ergeben sich aus der neuen Regelung des § 143a StPO - Verteidigerwechsel -.

Dort heißt es unteranderem:

Die Bestellung des Pflichtverteidigers ist aufzuheben, wenn der Beschuldigte einen anderen Verteidiger gewählt und dieser die Wahl angenommen hat. Dies gilt nicht, wenn zu besorgen ist, dass der neue Verteidiger das Mandat demnächst niederlegen und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger beantragen wird, oder soweit die Aufrechterhaltung der Bestellung aus den Gründen des § 144 erforderlich ist.

Die Bestellung des Pflichtverteidigers ist aufzuheben und ein neuer Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn

1. der Beschuldigte, dem ein anderer als der von ihm innerhalb der nach § 142 Absatz 5 Satz 1 bestimmten Frist bezeichnete Verteidiger beigeordnet wurde oder dem zur Auswahl des Verteidigers nur eine kurze Frist gesetzt wurde, innerhalb von drei Wochen nach Bekanntmachung der gerichtlichen Entscheidung über die Bestellung beantragt, ihm einen anderen von ihm bezeichneten Verteidiger zu bestellen, und dem kein wichtiger Grund entgegensteht;

2. der anlässlich einer Vorführung vor den nächsten Richter gemäß § 115a bestellte Pflichtverteidiger die Aufhebung seiner Beiordnung aus wichtigem Grund, insbesondere wegen unzumutbarer Entfernung zum künftigen Aufenthaltsort des Beschuldigten, beantragt; der Antrag ist unverzüglich zu stellen, nachdem das Verfahren gemäß § 115a beendet ist.

Eine weitere Möglichkeit ist der einvernehmliche Wechsel. 

Dem Wunsch eines Angeklagten (oder noch im Ermittlungsverfahren eines Beschuldigten) auf Wechsel des Pflichtverteidigers ist ausnahmsweise dann zu entsprechen, wenn der bisherige Pflichtverteidiger damit einverstanden ist und durch die Beiordnung des neuen Verteidigers weder eine Verfahrensverzögerung noch Mehrkosten für die Staatskasse verursacht werden.

Das bedeutet insbesondere, dass einer der beiden Verteidiger, meistens der neue, auf die bereits angefallenen Gebühren, wie zum Beispiel Grundgebühr und Verfahrensgebühr, verzichten muss, so dass der erste Verteidiger diese abrechnet und dem Staat keine Mehrkosten entstehen, da der neue Verteidiger diese Gebühren nicht auch abrechnen wird. Ein solcher Verzicht ist wirksam, widerspricht namentlich nicht der Regelung des § 49 I BRAO.

 

Betäubungsmittel und Pädagogen. Die zumeist unbekannte Nebenfolge des § 25 JArbSchG.

Der Vorschrift des § 25 JArbSchG liegt der Gedanke zugrunde, dass bestimmte Personen auf Grund ihres bisherigen Verhaltens Anlass zu Zweifeln an ihrer Zuverlässigkeit geboten haben und deshalb als nicht geeignet gelten, Kinder bzw. Jugendliche zu beschäftigen oder zu betreuen.

§ 25 Jugendarbeitsschutzgesetz regelt, dass

Personen, die

1. wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren,

2. wegen einer vorsätzlichen Straftat, die sie unter Verletzung der ihnen als Arbeitgeber, Ausbildender oder Ausbilder obliegenden Pflichten zum Nachteil von Kindern oder Jugendlichen begangen haben, zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten,

3. wegen einer Straftat nach den §§ 109h, 171, 174 bis 184i, 225, 232 bis 233a des Strafgesetzbuches,

4. wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz oder

5. wegen einer Straftat nach dem Jugendschutzgesetz oder nach dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften wenigstens zweimal rechtskräftig verurteilt worden sind,

dürfen Jugendliche nicht beschäftigen sowie im Rahmen eines Rechtsverhältnisses im Sinne des § 1 nicht beaufsichtigen, nicht anweisen, nicht ausbilden und nicht mit der Beaufsichtigung, Anweisung oder Ausbildung von Jugendlichen beauftragt werden.

Zusammengefasst bedeutet dies: Wer wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt (also keine Einstellung des Verfahrens, sondern ein Urteil oder Strafbefehl) wird, der darf nicht mehr mit Jugendlichen arbeiten (und sie damit auch nicht ausbilden).

Das Verbot richtet sich nicht nur an den Arbeitgeber, sondern auch an alle anderen Personen, welche Jugendliche beschäftigen, anweisen, beaufsichtigen oder ausbilden.

Für Erzieher, Lehrer oder sonstige pädagogische Berufsbilder kommt der § 25 JArbSchG daher einem Berufsverbot gleich.

Auf die Höhe der Strafe kommt es nicht an.

Der Besitz eines Joints (also eine kleine Menge Canabis) ist demnach genauso evident wie das Handeltreiben mit größeren Mengen.

Auf die Höhe der Strafe kommt es freilich ebenfalls nicht an. Ordnungswidrigkeiten nach § 32 BtMG werden jedoch davon nicht erfasst.

Bei der Berechnung der 5-Jahresfrist ist § 187 Abs. 1 BGB zu beachten, wonach der Tag, an dem die Rechtskraft eingetreten ist, nicht in die Frist eingerechnet wird, die Frist also erst am Tage nach Eintritt der Urteilsrechtskraft zu laufen beginnt.

Im (prozessualen) Ergebnis müsste eigentlich bei jedem Fall ein Pflichtverteidiger bestellt werden, da es sich de facto um ein Berufsverbot handelt. Dies wird jedoch in der Praxis nicht gemacht. Beschuldigte sollten sich daher stets um einen Verteidiger bemühen. Da jegliche Verurteilung ausreicht, muss idealerweise sehr früh in einem Verfahren die Verteidigung starten. Wenn erst einmal eine Anklageschrift oder ein Strafbefehl vorliegen, sind die Möglichkeiten in einem Ermittlungsverfahren vertan.

Die Luftsicherheitszuverlässigkeitsüberprüfungen und das Strafverfahren

2005 trat vier Jahre nach den Ereignissen des 11. September 2001 das Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) in Kraft. In diesem Gesetz werden diverse Sicherheitsmaßnahmen geregelt, um Sabotage- oder Terrorakten den Luftverkehr betreffend effektiv begegnen zu können.

Eine der nach den geltenden Bestimmungen wichtigsten Aufgaben stellt die Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG dar.

In der Vorschrift näher geregelte Personengruppen, die unmittelbar Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs haben können, müssen sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung unterziehen.

Die Luftsicherheitsbehörde Hessen befindet sich im Polizeipräsidium Frankfurt am Main und bearbeitet zum Beispiel die Anträge auf Zuverlässigkeitsüberprüfungen für den Zutritt in die sicherheitsrelevanten Bereiche des Frankfurter Flughafens.

Aus strafrechtlicher Sicht besteht die Besonderheit dahingehend, dass nicht nur (wie allgemein üblich) das Führungszeugnis geprüft, sondern unter anderem schon das Bundeszentralregister überprüft wird.

Begründen die Auskünfte der angefragten Behörden Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers, darf die Luftsicherheitsbehörde zudem Auskünfte von den Strafverfolgungsbehörden einholen, also sogar über laufende Verfahren oder Einstellungen (welche nicht in das Bundeszentralregister eingetragen werden) Informationen erhalten.

Nicht nur in der Praxis kann beobachtet werden, dass alles außer einer „weißen Weste“ zu Problemen führen werden, sondern auch die Rechtsprechung spiegelt die hohe Hürde der Zuverlässigkeit wieder.

Nach dem Gesetz soll es regelmäßig zu Zuverlässigkeitszweifeln führen, wenn der Verurteilte innerhalb der vergangenen fünf Jahre wegen einer vorsätzlichen Straftat zu mehr als 60 Tagessätzen bzw. zu einer Freiheitstrafe verurteilt wurde.

Aber auch eine Verurteilung unterhalb der Schwelle von 60 Tagessätzen ist gem. § 7 Absatz 1a Satz 3 LuftSiG relevant.

Dort heißt es dann:

Bei sonstigen Verurteilungen oder beim Vorliegen sonstiger Erkenntnisse ist im Wege der Gesamtwürdigung nach Satz 1 zu prüfen, ob sich daraus im Hinblick auf die Sicherheit des Luftverkehrs Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen ergeben. Als sonstige Erkenntnisse kommen insbesondere in Betracht:

 

1.

laufende oder eingestellte Ermittlungs- oder Strafverfahren,

2.

Sachverhalte, aus denen sich eine Erpressbarkeit durch Dritte ergibt,

3.

Sachverhalte, aus denen sich Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ergeben,

4.

Alkohol-, Rauschmittel- oder Medikamentenabhängigkeit oder regelmäßiger Missbrauch dieser Substanzen,

5.

Angabe von unterschiedlichen beziehungsweise falschen Identitäten bei behördlichen Vorgängen.

 

 Es ist also immer eine Gesamtprognose zu stellen. Insbesondere die Nr.1 (laufende oder eingestellte Ermittlungsverfahren) schließt so gut wie kein Fall aus.

So kann man zum Beispiel in einem Beschluss des OVG Bremen lesen:

Zuverlässig iSv § 7 Absatz I LuftSiG ist nur, wer Gewähr dafür bietet, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz der Sicherheit des Luftverkehrs jederzeit in vollem Umfang zu erfüllen. Wegen des hohen Gefährdungspotenzials des Luftverkehrs und der Hochrangigkeit der zu schützenden Rechtsgüter sind dabei hohe Anforderungen an das Pflichtbewusstsein zu stellen. Auch geringe Zweifel führen zum Ausschluss der Zuverlässigkeit. Der Betreffende muss nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit das erforderliche Maß an Verantwortungsbewusstsein und Selbstbeherrschung aufbringen. Dabei ist für die hier maßgebliche Gefahrenlage von Bedeutung, dass die Gefährdung der Sicherheit des Luftverkehrs nicht unmittelbar von dem zu Überprüfenden selbst ausgehen muss (OVG Bremen, Beschl. v. 29.1.2016 – 1 B 253/15).

Es wird also eine Gesamtschau vorgenommen und die kleinsten Zweifel an der Persönlichkeit reichen für eine Versagung aus.

In dem vorliegenden Fall wurde ein Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten wegen Besitz von kleineren Mengen Betäubungsmitteln (synthetisch hergestellte Substanzen) nach § 153a StPO eingestellt.

Dieses Verhalten liege, so das Gericht, an der Grenze der Legalität, und dies würde ausreichen, dass Zweifel an seiner Zuverlässigkeit § 7 Absatz I LuftSiG bestehen.

In einem etwaigen Strafverfahren muss daher auch immer der berufliche Hintergrund des Mandanten erfragt werden, da insbesondere bei beruflichen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Luftverkehr oder einem Flughafen und der entsprechenden luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung bereits geringe Zweifel zum Ausschluss der Zuverlässigkeit führen.

Somit wäre eine Einstellung gegen Auflagen (§ 153 a StPO) eventuell strafrechtlich ein Erfolg, wenn dadurch jedoch der Beruf nicht mehr ausgeübt werden kann, bleibt von dem strafrechtlichen Erfolg nicht mehr viel übrig.

Ebenso beachtenswert ist, dass im Rahmen der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung die prüfenden Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte an eine strafgerichtliche Verurteilung gebunden sind.

Ein „Nachbessern“ ist also nur noch schwer möglich. Was in einem Strafverfahren entschieden wurde, wird so leicht nicht mehr in einem Verwaltungsgerichtsverfahren abzuändern sein.

Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung hinsichtlich etwaiger Straftaten und der Zuverlässigkeit:

  1. Verkehrspilot - Steuerhinterziehung in Höhe von 135.437 Euro in drei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 700 Tagessätzen à 120 Euro verurteilt - stellt eine strafrechtliche Verurteilung von solchem Gewicht dar, die erhebliche Zweifel begründet, ob der Verurteilte über eine hinreichende charakterliche Stärke verfügt, die Sicherheitsvorgaben des Luftverkehrs zu erfüllen und die entsprechenden Schutzgüter zu respektieren (VGH München, Beschluss vom 09.06.2017 - 8 ZB 16.1841).

 

  1. Die rechtskräftige Verurteilung wegen Hehlerei ist geeignet, Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit i. S. d. § 7 LuftSiG zu begründen (OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.02.2011 - 7 PA 36/11).

 

  1. Der Verstoß gegen das strafrechtliche Verbot, ohne Fahrerlaubnis ein Kraftfahrzeug zu führen, offenbart eine fehlende Einsicht oder Einsichtsfähigkeit in die besonderen Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit und der Gemeinwohlbelange, die mit den missachteten Verboten verbunden sind. Sie begründen die Befürchtung, der Antragsteller könne sich in beruflichen Zusammenhängen gegebenenfalls entsprechend ausschließlich eigeninteressengeleitet verhalten und dabei die Luftsicherheitsinteressen der Allgemeinheit aus den Augen verlieren (VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.07.2011 - 6 L 1002/11).

Keine Steuerhinterziehung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens

In seinem Beschluss vom 10.08.2017 - Aktenzeichen 1 StR 573/16 hat der BGH erneut klargestellt, dass nicht jede fehlende Steuerklärung nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, eine Steuerhinterziehung darstellt.

 

Die (steuerlichen) Erklärungspflichten obliegen nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens – abhängig von der Art des Insolvenzverfahrens – entweder dem Insolvenzverwalter oder dem Treuhänder als Vermögensverwalter nach § 34 Absatz 3 AO. Das gilt auch für Steuerabschnitte, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen.

 

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehen die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Insolvenzschuldners gem. § 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Ihn treffen damit einhergehend auch die steuerrechtlichen Pflichten als Vermögensverwalter iSd § 34 Absatz III AO. Seine Pflichten und Rechte sind dabei begrenzt auf den Umfang seiner Verwaltungsbefugnis, die nur die Insolvenzmasse umfasst.

 

Steuerschuldner bleibt freilich der Insolvenzschuldner.

 

Die steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters sind umfassend. Er hat für alle Steuerarten Steuerklärungen abzugeben, eventuelle Anträge zu stellen, Korrekturen – auch für vergangene Veranlagungszeiträume – vorzunehmen und alle Auskunfts-, Anzeige- und Nachweis- bzw. Dokumentationspflichten zu erfüllen.

 

In dem vorliegenden Fall hatte der Angeklagte nicht mit dem Insolvenzverwalter zusammengearbeitet. Dies stellt jedoch keine Steuerhinterziehung dar und es kann auch keine Zurechnung stattfinden.

 

Eine Steuerhinterziehung ist nur dann gegeben, wenn diese gegenüber den Finanzbehörden unmittelbar erledigt wird. Nach ständiger Rechtsprechung kann Täter einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Absatz 1 Nummer 2 AO nur derjenige sein, der selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist und nicht derjenige, der nur „bewirkt, dass die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen werden“.

 

So in dem vorliegenden Fall. Der Insolvenzverwalter war zur Abgabe verpflichtet und nicht der Angeklagte. Seine fehlende Mitarbeit erfüllt nicht den Straftatbestand der Steuerhinterziehung.

 

Dies bedeutet somit auch, was in dem vorliegenden Fall kein Thema war, dass der Insolvenzverwalter sich grundsätzlich ebenso strafbar machen kann, wie der Schuldner vor Insolvenzeröffnung.

 

In Betracht kommen vor allem Straftaten nach §§ 283 ff. StGB und Untreue. Aber auch Beitragsvorenthaltung (§ 266 a StGB), und die Steuerhinterziehung sowie andere nicht insolvenztypische Straftaten.

 

 

 

Streichung aus der Architektenliste wegen Steuerhinterziehung

In einer aktuellen Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 22.03.2018 – 4 B 790/17) wurde entschieden, dass ein wegen Steuerhinterziehung und Bestechung verurteilter Architekt aus der Architektenliste gelöscht werden darf.

Die Berufsbezeichnungen "Architekt/in", "Innenarchitekt/in" und "Landschaftsarchitekt/in" darf nur derjenige führen, welcher unter dieser Bezeichnung in die Architektenliste bei der jeweiligen Architektenkammer eingetragen ist.

Der Eintragungsausschuss bei der jeweiligen Architektenkammer prüft und entscheidet über die Eintragung in die Listen und Verzeichnisse.

Die vorliegende Entscheidung zeigt zum einen, dass empfindliche „Nebenstrafen“ hinsichtlich einer strafrechtlichen Verurteilung drohen, sowie, dass die rechtskräftige Entscheidung in einem Strafverfahren in einem anschließenden separaten Verfahren unbeschränkte Anwendung finden kann.

Der Architekt war wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr in Tateinheit mit wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen sowie Steuerhinterziehung zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 200 EUR verurteilt worden (durch rechtskräftigen Strafbefehl).

Der Architekt hatte in dem vorliegenden verwaltungsrechtlichen Verfahren streitig verhandelt woraufhin das Verwaltungsrecht zusammenfassend schlussfolgerte, dass wenn der Architekt schon nicht nachvollziehen kann, was sein Verhalten konkret so schwerwiegend erscheinen lasse, und er zugleich sein Verhalten dadurch zu rechtfertigen versucht, er habe nach harten Verhandlungen für die Bauherrengemeinschaft das beste Ergebnis herausgeholt, so würde gerade diese verharmlosende Einlassung belegen, dass er bis heute keine Einsicht in das Unrecht seinen Handelns gewonnen hat und somit eine sofortige Löschung aus der Architektenliste gerechtfertigt ist.

Der Architekt hätte durch die fehlende Einsicht gezeigt, dass es durchaus zu neuen strafrechtlichen Handlungen kommen könnte, er also nicht hinreichend zuverlässig sei.

Dass es mildere Sanktionsmöglichkeiten für berufsrechtswidriges Verhalten gibt, stehe der Verhältnismäßigkeit der Löschung aus der Architektenliste nicht entgegen, weil nur hierdurch der naheliegenden Wiederholung unlauteren und berufsrechtswidrigen Verhaltens durch den insoweit im gerichtlichen Verfahren nicht einmal erkennbar einsichtigen Antragsteller im Rahmen freiberuflicher Tätigkeit als „Architekt“ wirksam begegnet werden kann.

Das Verwaltungsgerichts hatte zudem im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung angenommen, dass im Ordnungsrecht die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der Persönlichkeit des Betroffenen gemacht werden dürfen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergäben.

Ähnliche Folgen kommen für Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in Betracht.

Ärzte müssen den Entzug der Approbation wegen Unzuverlässigkeit oder Unwürdigkeit zur Ausübung des Arztberufes befürchten.

Für Bankmitarbeiter kann sich wegen einer Steuerstraftat bzw. -ordnungswidrigkeit die Aufhebung der Erlaubnis gemäß §§ 33 Abs. 1 Nr. 2 und 3 i.V.m. 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG ergeben und ein Beamtenverhältnis endet bei Verurteilung wegen eines Vorsatzdelikts zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr automatisch.

So hat schon 2002 das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein entschieden, dass eine strafgerichtliche Verurteilung wegen Bestechlichkeit, Betrugs, Beteiligung an wettbewerbsbeschränkenden Absprachen u. a. die berufsrechtliche Eignung eines angestellten Architekten beeinträchtig, unabhängig davon, ob dieser im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft tätig ist.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Löschung eines Architekten aus der Architektenliste ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung. Es ist Sache der Architektenkammer zu entscheiden, ob und ggf. ab wann die (weggefallenen) Voraussetzungen einer Eintragung in die Architektenliste wieder vorliegen (Schl.-H. VG v. 8. 2. 2002 21 A 373/02).

Das Urteil im vorliegenden Fall schloss mit der Anmerkung, dass es im Übrigen dem Architekten freistehen würde, eine Wiedereintragung in die Architektenliste zu beantragen, sofern ihm das vorgeworfene Verhalten nach Löschung im Bundeszentralregister nicht mehr im Rechtsverkehr entgegen gehalten werden kann und keine neuen Umstände bekannt werden, aufgrund derer er nicht die Gewähr bietet, künftig seinen Berufspflichten nachzukommen.

Die Tilgungsfrist aus dem BZR bei einer Gelstrafe über 90 Tagessätze beträgt 10 Jahre (§ 46 II BZRG).

Der Europäische Haftbefehl ist aktuell nicht nur wegen dem vor der Neuwahl abgesetzten katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont in aller Munde. Er erhält auch immer weiter Einzug in die Strafverteidigungspraxis in Deutschland.

Die Bezeichnung als Haftbefehl und die Verwendung des Begriffes justizielle Entscheidung könnten dazu verleiten, den Europäischen Haftbefehl mit einem (Inlands-)Haftbefehl, zB nach §§ 112 StPO ff., gleichzusetzen. Wie sich aber aus dem weiteren Text erschließt, ist der Europäische Haftbefehl vielmehr die dem Inlandshaftbefehl nachfolgende Entscheidung zur Fahndung im Ausland mit dem Ziel einer Auslieferung. Der Europäische Haftbefehl setzt eine inländische Haftanordnung voraus, ist jedoch von dieser zu unterscheiden. Dies wird deutlich bei der Zuständigkeit für den Erlass des Europäischen Haftbefehls in Deutschland. Während der Inlandshaftbefehl vom Gericht erlassen wird, stellt den Europäischen Haftbefehl regelmäßig die Staatsanwaltschaft aus (nach Anklageerhebung kann ihn auch das Gericht der Hauptsache ausstellen).

Kurz gesagt ist der Europäische Haftbefehl ein vereinfachtes grenzüberschreitendes justizielles Verfahren (Fahndungsinstrument) für die Übergabe gesuchter Personen zur Strafverfolgung oder Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung. Er gilt im gesamten Gebiet der Europäischen Union. Er hat die langwierigen Auslieferungsverfahren ersetzt, die bis dahin zwischen den EU-Ländern angewandt wurden.

Online kann sich kostenlos ein Handbuch zu dem Europäischen Haftbefehl angeschaut werden. Das Handbuch trägt den Titel: (C [2017] 6389 final).

Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auslieferung unterliegt einem zweistufigen Verfahren. Es wird zwischen dem Zulässigkeits- und dem Bewilligungsverfahren unterschieden.

In dem Zulässigkeitsverfahren beantragt gemäß § 29 IRG die bei dem Oberlandesgericht angesiedelte Staatsanwaltschaft die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung.

Der Verfolgte ist zuvor anzuhören. Das Oberlandesgericht kann den Verfolgten vernehmen sowie eine mündliche Verhandlung durchführen (§ 30 f. IRG). Nach einer positiven Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung erfolgte gemäß § 12 IRG die Prüfung des Vorliegens von Bewilligungshindernissen.

Bewilligungsbehörde ist die bei dem Oberlandesgericht angesiedelte Staatsanwaltschaft.

Das Bewilligungsverfahren sowie das gegen die Entscheidung mögliche Rechtsmittel sind in § 79 IRG geregelt. Gemäß § 79 Abs. 1 IRG ist ein zulässiges Auslieferungsersuchen grundsätzlich zu bewilligen. Eine Ablehnung der Bewilligung kann nur nach den in den §§ 79 ff. IRG aufgeführten Gründen erfolgen. Die Entscheidung über die Bewilligung ist gemäß § 79 Abs. 2 IRG vorverlegt und ist von der Staatsanwaltschaft vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts zu treffen. Die Entscheidung, die Auslieferung zu bewilligen, ist im Verfahren der Zulässigkeitsprüfung durch das Oberlandesgericht zu überprüfen. Die die Auslieferung verhindernden Bewilligungshindernisse sind in § 83b IRG aufgeführt.

Die verhaftete Person ist zunächst über den Inhalt des Europäischen Haftbefehls zu unterrichten.

Sie ist bis Ablauf des nächsten Tages nach der Festnahme einem Richter vorzuführen und sie hat ein Recht auf Zuziehung eines Rechtsbeistandes und eines Dolmetschers.

Die geführte Statistik der EU auf www.e-justice.europa.eu zeigt den deutlichen Trend hin zum Europäischen Haftbefehl.

So wurden 2006 noch 6894 Haftbefehle ausgestellt 2015 waren es schon 16144.

 

Der Europäische Haftbefehl

Der Europäische Haftbefehl ist aktuell nicht nur wegen dem vor der Neuwahl abgesetzten katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont in aller Munde. Er erhält auch immer weiter Einzug in die Strafverteidigungspraxis in Deutschland.

Die Bezeichnung als Haftbefehl und die Verwendung des Begriffes justizielle Entscheidung könnten dazu verleiten, den Europäischen Haftbefehl mit einem (Inlands-)Haftbefehl, zB nach §§ 112 StPO ff., gleichzusetzen. Wie sich aber aus dem weiteren Text erschließt, ist der Europäische Haftbefehl vielmehr die dem Inlandshaftbefehl nachfolgende Entscheidung zur Fahndung im Ausland mit dem Ziel einer Auslieferung. Der Europäische Haftbefehl setzt eine inländische Haftanordnung voraus, ist jedoch von dieser zu unterscheiden. Dies wird deutlich bei der Zuständigkeit für den Erlass des Europäischen Haftbefehls in Deutschland. Während der Inlandshaftbefehl vom Gericht erlassen wird, stellt den Europäischen Haftbefehl regelmäßig die Staatsanwaltschaft aus (nach Anklageerhebung kann ihn auch das Gericht der Hauptsache ausstellen).

Kurz gesagt ist der Europäische Haftbefehl ein vereinfachtes grenzüberschreitendes justizielles Verfahren (Fahndungsinstrument) für die Übergabe gesuchter Personen zur Strafverfolgung oder Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung. Er gilt im gesamten Gebiet der Europäischen Union. Er hat die langwierigen Auslieferungsverfahren ersetzt, die bis dahin zwischen den EU-Ländern angewandt wurden.

Online kann sich kostenlos ein Handbuch zu dem Europäischen Haftbefehl angeschaut werden. Das Handbuch trägt den Titel: (C [2017] 6389 final).

Die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Auslieferung unterliegt einem zweistufigen Verfahren. Es wird zwischen dem Zulässigkeits- und dem Bewilligungsverfahren unterschieden.

In dem Zulässigkeitsverfahren beantragt gemäß § 29 IRG die bei dem Oberlandesgericht angesiedelte Staatsanwaltschaft die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung.

Der Verfolgte ist zuvor anzuhören. Das Oberlandesgericht kann den Verfolgten vernehmen sowie eine mündliche Verhandlung durchführen (§ 30 f. IRG). Nach einer positiven Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung erfolgte gemäß § 12 IRG die Prüfung des Vorliegens von Bewilligungshindernissen.

Bewilligungsbehörde ist die bei dem Oberlandesgericht angesiedelte Staatsanwaltschaft.

Das Bewilligungsverfahren sowie das gegen die Entscheidung mögliche Rechtsmittel sind in § 79 IRG geregelt. Gemäß § 79 Abs. 1 IRG ist ein zulässiges Auslieferungsersuchen grundsätzlich zu bewilligen. Eine Ablehnung der Bewilligung kann nur nach den in den §§ 79 ff. IRG aufgeführten Gründen erfolgen. Die Entscheidung über die Bewilligung ist gemäß § 79 Abs. 2 IRG vorverlegt und ist von der Staatsanwaltschaft vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts zu treffen. Die Entscheidung, die Auslieferung zu bewilligen, ist im Verfahren der Zulässigkeitsprüfung durch das Oberlandesgericht zu überprüfen. Die die Auslieferung verhindernden Bewilligungshindernisse sind in § 83b IRG aufgeführt.

Die verhaftete Person ist zunächst über den Inhalt des Europäischen Haftbefehls zu unterrichten.

Sie ist bis Ablauf des nächsten Tages nach der Festnahme einem Richter vorzuführen und sie hat ein Recht auf Zuziehung eines Rechtsbeistandes und eines Dolmetschers.

Die geführte Statistik der EU auf www.e-justice.europa.eu zeigt den deutlichen Trend hin zum Europäischen Haftbefehl.

So wurden 2006 noch 6894 Haftbefehle ausgestellt 2015 waren es schon 16144.

 

Das Steuerstrafrecht im Urteil (oder warum eine Spezialisierung notwendig ist)

Mit Beschluss vom 24.05.2017 (Az.: 1 StR 176/17) hat der BGH erneut und diesmal noch deutlicher festgehalten, dass bei Fällen der Steuerhinterziehung die entsprechenden zugrundeliegenden Besteuerungsgrundlagen (Berechnungsgrundlagen für den Schaden), das jeweilige entscheidende Gericht eigenständig (und hinreichend) zu ermitteln hat.

Die Verweisung auf Betriebsprüfungsberichte oder die Übernahme der Ermittlungsergebnisse der Steuerfahndung in das Urteil sind ebenso unzureichend wie die Wiedergabe von Aussagen, welche Finanzbeamte als Zeugen in der Hauptverhandlung zur Behandlung steuerlicher Fragen gemacht haben.

Eine Berechnungsdarstellung ist nur dann ausnahmsweise insgesamt entbehrlich, wenn ein sachkundiger Angeklagter, der zur Berechnung der hinterzogenen Steuern in der Lage ist, ein Geständnis abgelegt hat.

In dem vorliegenden geprüften Urteil teilte das Landgericht lediglich mit, dass die Umsätze der K. GmbH, C. GmbH und T. GmbH in den Veranlagungszeiträumen 2011 und 2012 durch drei unterschiedliche Manipulationsweisen gemindert wurden, ohne jedoch die maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen darzustellen. So sollen zum einen Veränderungen der Kassen und der Ausdruck von sog. „Z-Bons“ im Umfang „zwischen 20 und 50%“ erfolgt sein.

Welche konkreten Umsätze getätigt wurden und wovon hier Minderungen in der Buchführung vorgenommen wurden, teilte das Urteil aber nicht mit.

Daneben fehlten zum Beispiel in den Urteilsgründen auch Ausführungen zur Berechnung der Körperschaftsteuer, des Solidaritätszuschlags hierauf sowie der Gewerbesteuer vollständig, so dass dem Senat auch insoweit eine Überprüfung der vom Landgericht mitgeteilten Verkürzungsbeträge nicht möglich ist.

In der Praxis ist es durchaus üblich (insbesondere bei den Amtsgerichten), dass die steuerlichen Kenntnisse relativ übersichtlich sind, dass oft versucht wird, die Abklärung steuerlicher Fragen auf die Finanzverwaltung zu verschieben. Dabei gehen einige Strafgerichte sogar soweit, nicht etwa nur Steuerfahnder oder Betriebsprüfer als (sachverständige) Zeugen für die Steuerberechnung heranzuziehen, sondern sogar den Vertreter der Bußgeld- und Strafsachenstelle als Zeugen für die Abklärung dieser Fragen zu laden.

Genau dieses Problemfeld mancher Gerichte kann den durch einen spezialisierten Verteidiger (im Steuerstrafrecht) verteidigten Angeklagten begünstigen.

Es sollte daher nicht nur nach einem Fachanwalt für Strafrecht gesucht, sondern insbesondere auf zusätzliche Qualifikationen im Steuerstrafrecht geachtet werden.

 

Die Strafbarkeit des Dopings im Alltag (der Besitz von anabolen Steroiden im Strafrecht)

Das Anti-Doping-Gesetz ist am 18.12.2015 in Kraft getreten. Dieses Gesetz dient der Bekämpfung des Einsatzes von Dopingmitteln und Dopingmethoden im Sport (vornehmlich im Wettkampf), um die Gesundheit der Sportlerinnen und Sportler zu schützen (dies ist beachtenswert da eigentlich jeder mit seinem Körper machen kann was man will), die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben zu sichern und damit zur Erhaltung der Integrität des Sports beizutragen (durchaus nachvollziehbar).

Was teilweise vor 2016 im Arzneimittelgesetz geregelt war, ist nun also im Anti-Doping-Gesetz verankert. Die praxisrelevanteste Vorschrift in der Strafverteidigung ist dabei der § 2 Abs. 3 AntiDopG.

Dieser verbietet den Erwerb und den Besitz sowie das Verbringen in den Geltungsbereich des AntiDopG von Dopingmitteln, die ein in der Anlage zum AntiDopG aufgeführter Stoff sind oder einen solchen enthalten, in nicht geringer Menge zum Zwecke des Dopings beim Menschen im Sport.

Zumeist werden etwaige Präparate im Darknet bestellt.

Im Übrigen ist Sport im Sinne des AntiDopG nicht nur der Leistungssport, sondern auch der nicht mit Wettkampfteilnahmen verbundene Breiten- und Freizeitsport (das Fitnessstudio).

Dem Begriff des Sports unterfällt auch der gezielte, mit körperlichen Anstrengungen verbundene Muskelaufbau im Rahmen von Kraftsport.

Nun sollte man aber annehmen dürrfen, dass mit dieser Regelung nur der Wettkampfsportler, welcher sein Geld mit dem Sport und dann auch mit dem Doping verdient, bestraft werden soll. Der „Hobbysportler“, insbesondere derjenige der zur Verbesserung seines Muskelaufbaus Dopingmittel, insbesondere Testosteronpräparate, einsetzt und ganz normal seine Gewichte in einem Fitnessstudio stemmt, dürfte dem Grunde nach keine Strafe dafür erhalten, dass er muskulös aussieht. Ob er damit seiner Gesundheit schadet, sollte ihm überlassen sein, genauso wie es dem Raucher oder Trinker überlassen ist.

Dies wollte der Gesetzgeber wohl vermeintlich damit regeln, indem er die Voraussetzung der Strafbarkeit auf dem Merkmal der „nicht geringen Menge“ gründete.

Anders als das BtMG, das die Bestimmung der nicht geringen Menge der Rechtsprechung überlassen hat, ermächtigt das AntiDopG im Anschluss an das AMG das BMG, diese Menge durch Rechtsverordnung festzulegen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1). Derzeit gilt die Dopingmittel-Mengen-Verordnung – DmMV v 7. 8. 2016 (BGBl. I S. 1624).

Eine Grenzwerterreichung bzw. -überschreitung liegt auch dann vor, wenn Dopingmittel mit verschiedenen Wirkstoffen sichergestellt werden, von denen die einzelnen Wirkstoffe jeweils den Grenzwert der nicht geringen Menge nicht erreichen, dies aber in der Summe der Fall ist. Eine Addition der Grenzwertüberschreitungen ist rechtlich zulässig und geboten.

Sollte man nun erneut den Vergleich mit dem Betäubungsmittelgesetz ziehen, so wäre der durchschnittliche Betäubungsmittelkonsument relativ unbetroffen, da er im Zweifel für den Eigenbedarf nur geringe Mengen in Besitz hat und die nicht geringe Menge eine tatsächlich sehr große Menge ist.

Sieht man sich die nicht geringe Menge aus dem AntiDopG genauer an und vergleicht diese mit handelsüblichen Abgabemengen (meistens in kleinen Fläschchen) so ist die nicht geringe Menge sehr schnell erreicht.

Beispielhaft soll das Mittel Trenbolon näher betrachtet werden.

Trenbolon wird häufig von Bodybuildern zum Muskelaufbau benutzt. Seine muskelfördernde Wirksamkeit ist 10–15 Mal stärker als die von Testosteron.

In der entsprechenden Anlage zum AntiDopG wird die nicht geringe Menge von Trenbolon auf 150 mg gesetzt.

In Bodybuilderkreisen sind Dosierungen von 228 mg/Woche, was einer wöchentlichen Gesamtzahl von drei Ampullen á 76 mg entspricht, häufig vorzufinden. Trenbolon wird in der Regel mit anderen Steroiden kombiniert.

Das bedeutet, dass man bei einer Einnahmemenge von nur einer Woche, schon ein großes Stück über der nicht geringen Menge landet.

Somit ist nach der Ansicht des Verfassers die Grenze der nicht geringen Menge so niedrig angesetzt, dass es praktisch nicht möglich sein wird, auch nicht für den Hobbysportler, einen straflosen Besitz zu erlangen.

Auch hier macht der Vergleich zum Drogenkonsum die unterschiedliche Auswirkung deutlich.

Die nicht geringe Menge bei Betäubungsmitteln (im Gegensatz zu Dopingmitteln) wird gemäß Rechtsprechung des BGH anhand des Nettowirkstoffgehaltes der Bruttomenge der Droge bestimmt.

Also nicht die Brutto-Menge wie bei der "geringen Menge", sondern der reine Wirkstoffgehalt welcher erst in einem Labor genau bestimmt werden kann.

Nimmt man zum Beispiel einen mittleren bis schlechten Wirkstoffgehalt von 10 % bei Cannabis an (durchaus üblich in Großstädten) würde die nicht geringe Menge bei 75 Gramm Cannabis liegen.

In einem Bericht von Greg Ridgeway, von der „University of Pennsylvania“ zusammen mit Beau Kilmer von der „Rand Corporation“, wurde die tatsächliche Menge Cannabis, die im „durchschnittlichen“ Joint ist auf 0,32 Gramm ermittelt.

Dies sind alles nur Schätzungen und durchschnittliche Angaben aber der Konsument von Trenbolon würde sich schon strafbar mit dem Besitz machen, wenn er Mengen für nur eine halbe Woche bis eine Woche vorrätig hält, der durchschnittliche Cannabiskonsument müsste, um auch auf die nicht geringe Menge zu kommen, circa 300 Joints vorrätig haben. Selbst wenn er größere Mischungen machen und mehrmals am Tag rauchen würde, müsste er schon einige Wochen konsumieren bzw. entsprechende Vorräte im Besitz haben.

Der Gesetzgeber hat durch § 2 Absatz 3 AntiDopG den Besitz nicht geringer Mengen von Dopingmitteln deshalb verboten, weil solche Besitzmengen erfahrungsgemäß Vorstufen für einen Handel mit Dopingmitteln darstellen sollen.

Es soll mit dieser Regelung bereits der Gefahr der Weitergabe effektiv begegnet und Handlungen, die typischerweise nur der Vorbereitung für die Weitergabe dienen, begegnet werden. Schutzgut der Verbotsnorm ist die Gesundheit der Allgemeinheit, die vor der Inverkehrgabe der Mittel zu Dopingzwecken schon im Vorfeld bewahrt werden soll (BT-Drucks. 18/4898, S. 25 und 26).

Soweit die Theorie. In der Praxis wird jedoch, wie oben aufgezeigt, so gut wie jeder Hobbysportler kriminalisiert, welcher für sein Aussehen medikamentöse Aufbaupräparate zu sich nimmt (in Besitz hat).

 

 

Der Passentzug in Verbindung mit dem Steuerstrafrecht

Die Passentziehung hinsichtlich steuerstrafrechtlicher Verfehlungen oder auch offenen Steuerschulden beruht auf § 8 PassG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG.

Nach § 8 PassG kann ein Pass dem Inhaber entzogen werden, wenn Tatsachen bekanntwerden, die nach § 7 Abs. 1 PassG die Passversagung rechtfertigen würden. Nach § 7 Abs. 1 PassG ist der Pass unter anderem dann zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass sich der Passbewerber einer Strafverfolgung, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes gegen ihn schwebt, entziehen will, sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen oder den Vorschriften des Zoll- und Monopolrechts oder des Außenwirtschaftsrechts zuwiderhandeln oder schwerwiegende Verstöße gegen Einfuhr-, Ausfuhr- oder Durchfuhrverbote oder -beschränkungen begehen will oder sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entziehen will.

Von der Passentziehung ist abzusehen, wenn sie unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn es genügt, die Geltung des Passes zu beschränken.

Allgemein gesprochen soll die „Steuerflucht“ verhindert werden.

Sollte der Verdacht der Steuerflucht entstehen kann die örtliche Passbehörde (nicht das Finanzamt) im Rahmen einer Ermessensentscheidung den Pass entziehen.

Ihre Anwendung setzt voraus, dass eine Steuerschuld besteht, dass der Steueranspruch durch die Passerteilung vereitelt werden könnte und dass der Passbewerber den mutmaßlichen Willen einer solchen Vereitelung hat.

Das gesamte Verhalten des Steuerpflichtigen und sonstige Umstände müssen bei lebensnaher Beurteilung die Annahme zulassen, dass er in der Absicht handelt, im Ausland zu bleiben oder in selbiges zu flüchten, um den Zugriff der Steuerbehörden auf sein Vermögen zu verhindern oder zu erschweren.

Bereits eine erhebliche Höhe der Steuerrückstände deutet nach ständiger Rechtsprechung auf einen Steuerfluchtwillen hin; dazu genügen schon Steuerrückstände in Höhe von 60.000.- DM.

Ein weiterer erheblicher Anhaltspunkt für den Steuerfluchtwillen des Betroffenen ist darin zu sehen, dass er es an jeglichen Bemühungen fehlen lässt (zumindest bis zu einem Passentzug), seine Steuerschulden zu reduzieren oder sonst eine Klärung mit den Steuerbehörden herbeizuführen.

Zudem wurde bereits 2008 vom OVG Berlin-Brandenburg entschieden, dass steuerliche Verpflichtungen als Grund einer Passversagung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4 PassG schon dann bestehen, wenn ein vollziehbarer, nicht offensichtlich rechtswidriger Steuerbescheid ergangen ist.

Es ist immer detailliert und nachvollziehbar darzulegen, warum die Passentziehung ungeeignet ist, Steuerschulden zu begleichen. Dies erfordert eine detaillierte – und glaubhafte – Darlegung der finanziellen Verhältnisse.

 

Die Ladung des Zeugen im Hinblick auf das Auskunftsverweigerungsrecht

Gemäß § 161a StPO sind Zeugen und Sachverständige verpflichtet, auf Ladung vor der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen oder ihr Gutachten zu erstatten.

Die Ladung der Staatsanwaltschaft ist jedoch sehr selten da die Vernehmungen üblicherweise von der Polizei (oder dem Zoll) durchgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft kann somit zu dem in § 160 StPO bezeichneten Zweck Ermittlungen jeder Art auch durch die Polizei vornehmen lassen. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes sind verpflichtet, einem staatsanwaltschaftlichen Ersuchen oder Auftrag nachzukommen. Bei Steuerstraftaten (oder auch Zollstraftaten) treten an die Stelle der Polizei die Finanzbehörde und deren Hilfsorgane (§§ 402, 404 AO).

Bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung eines Zeugen oder Sachverständigen stehen dem Staatsanwalt die folgenden Zwangsmittel des § 51 Abs. 1 zur Verfügung:

  1. dem Zeugen können die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden
  2. gegen den Zeugen kann ein Ordnungsgeld festgesetzt werden
  3. der Zeuge kann vorgeführt werden

Problematisch wird es dann, wenn der Zeuge ein mögliches Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO hat. Demnach kann jeder Zeuge die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.

Dem Grunde nach bezieht sich das Recht der Verweigerung nur auf einzelne Fragen.

Dabei ist auch zu beachten, dass Fallkonstellationen anerkannt sind, in denen sich das Auskunftsverweigerungsrecht zum „Aussageverweigerungsrecht” wandeln kann. Die gesamte Aussage kann daher verweigert werden. Dazu muss die Aussage mit einem möglichen strafbaren Verhalten in so engem Zusammenhang stehen, dass eine Trennung nicht mehr möglich ist. Dies ist zum Beispiel dann gegeben, wenn bereits nach Aktenlage ein nachvollziehbarer örtlicher und personeller Zusammenhang zwischen der beschuldigten Tat und der Person des die Auskunft verweigernden Zeugen besteht.

So kann in einem Steuerstrafverfahren der freiberufliche Mitarbeiter schnell selber von der Zeugenposition in den Focus der Ermittlungsbehörde rücken oder der gutgläubige Mitfahrer einer kleinen Reise auf einmal zum Drogenkurier werden.

Rein denktheoretische oder hypothetische Möglichkeiten rechtfertigen aber kein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht.

Die Polizei wird in den meisten Fällen immer auf ein Erscheinen beharren und immer darauf hinweisen, dass nur einzelne Fragen von dem Auskunftsverweigerungsrecht gedeckt sind.

Im Zweifel muss ein Strafverteidiger beauftragt werden, ein mögliches umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zu prüfen und dieses schriftlich der Polizei mitzuteilen.

Sehr schnell kann der Zeuge zu einem Beschuldigten werden.

Die Selbstanzeige im Außenwirtschaftsrecht gemäß § 22 Abs. 4 AWG

Das Außenwirtschaftsgesetz regelt für Deutschland nationalstaatlich den Außenwirtschaftsverkehr und den Wirtschaftsverkehr zwischen Inländern und Ausländern.

Es beruht auf dem Grundsatz, dass alle Geschäfte mit dem Ausland uneingeschränkt zulässig sind, soweit sie nicht ausdrücklich Beschränkungen unterworfen worden sind.

Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz werden als Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten geahndet. Die Regelungen finden sich in den §§ 17-19 AWG. Verwaltungsbehörde für das Straf-und Ordnungswidrigkeitenverfahren ist das Hauptzollamt. Strafverfolgungs- und Ermittlungsbehörden neben der Staatsanwaltschaft sind die Hauptzollämter und Zollfahndungsämter.

Ein sehr gängiges Problemfeld stellen die sogenannten „Terrorlisten“ dar, auf welchen Vereinigungen und Personen angeführt sind, mit denen keine Geschäfte getätigt werden dürfen. Gleiches gilt für Embargos, welche gegen Staaten verhängt werden (wie beispielsweise aktuell gegen Syrien oder Belarus). Beides sind wesentliche Instrumente der Ausfuhrkontrolle. § 17 AWG erfasst Verstöße gegen bestehende Waffenembargos. § 18 AWG regelt die Folgen von vorsätzlichen Verstößen gegen das Außenwirtschaftsrecht. Besondere Relevanz in der Praxis hat hierbei die Strafbarkeit von vorsätzlichen Verstößen gegen die Ausfuhr-, Einfuhr-, Durchfuhr- und sonstigen Verbote und Genehmigungspflichten aus länderspezifischen Embargovorschriften.

Der Strafrahmen für mögliche Bußgelder liegt nach § 19 Abs. 6 AWG bei bis zu 500.000Euro für jeden einzelnen Verstoß. Neben dem drohenden Bußgeld kann das Fehlverhalten zudem bei Bewertung der Zuverlässigkeit des Unternehmens im Rahmen von Genehmigungs- und Bewilligungsverfahren negativ berücksichtigt werden. Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit bezieht oder die zur ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht wurden, können nach § 20 Abs. 1 AWG eingezogen werden.

Das neue Außenwirtschaftsgesetz in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts trat gemäß Art. 4 Abs.1 zum 1. September 2013 in Kraft.

Beachtlich ist seitdem insbesondere § 22 Absatz 4 AWG, da dieser die Voraussetzungen einer bußgeldbefreienden Selbstanzeige regelt, vergleichbar beispielsweise mit § 261 Absatz 9 StGB oder § AO § 371 AO.

Die Selbstanzeige gilt nur hinsichtlich einer fahrlässigen Begehung einer Ordnungswidrigkeit gem. § 19 Absatz 5 AWG. Bei vorsätzlicher Begehung ist die Selbstanzeige ausgeschlossen.

Weitere Voraussetzung für die Selbstanzeige ist, dass der betreffende Verstoß durch Eigenkontrolle aufgedeckt wurde. Der Begriff der Eigenkontrolle ist gesetzlich nicht definiert. Es ist aber davon auszugehen, dass alle Vorgänge erfasst werden, welche der Sphäre des Anzeigenden zuzuordnen sind.

Weiterhin soll nach dem Wortlaut der Norm eine Selbstanzeige nur dann wirksam sein, wenn diese freiwillig erstattet wird. Daran soll es fehlen, wenn die Behörde hinsichtlich des Verstoßes Ermittlungen aufgenommen hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist nicht erforderlich, dass der Betroffene von der Einleitung der Ermittlungen auch Kenntnis erlangt hat.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift erfasst die Ahndungsfreiheit nicht die Tatbestände der selbstständigen Verbandsgeldbuße gemäß § 30 OWiG bzw. der Aufsichtspflichtverletzung gemäß § 130 OWiG. Dies dürfte aber dem Sinn und Zweck der Norm entgegenstehen, da ja gerade eine Belohnung geregelt werden soll und nicht trotzdem eine Bestrafung stattfindet, wenn bei der Betrachtung zwischen Unternehmen und Einzelpersonen getrennt und einer natürlichen Person ein Bußgeld wegen einer Aufsichtspflichtverletzung oder der juristischen Person eine Verbandsgeldbuße auferlegt wird, obgleich von der Möglichkeit der ahndungsbefreienden Selbstanzeige nach dem AWG wirksam war.

Schließlich muss der Anzeigende angemessene Maßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Verstoßes treffen. Diese Maßnahmen müssen nicht nur angekündigt, sondern auch tatsächlich erbracht werden. Welche Maßnahmen im Einzelnen angemessen sind, wird leider nicht im Gesetz erläutert.

Laut einer Statistik des Bundesfinanzministeriums wurden im Jahr 2014 insgesamt 61 Selbstanzeigen erstattet. Von den 50 abschließend bewerteten Anzeigen erfüllten zwar 23 die Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht, 27 wurden jedoch anerkannt.

Lediglich in drei Fällen wurde nach Selbstanzeige ein Strafverfahren eingeleitet.

Im Vergleich hierzu war hinsichtlich der Selbstanzeige im Steuerstrafrecht ein Rekordwert im Jahr 2014 mit mindestens 38300 Selbstanzeigen festzustellen.

Zugegebenermaßen ist die Selbstanzeige des AWG noch sehr jung und noch nicht allzu bekannt, es herrschen zudem hinsichtlich der Wirksamkeitsvoraussetzungen der Selbstanzeige nach wie vor einige Unklarheiten, welche ebenso für ein unsicheres Abwarten sprechen.

Eine erste Hilfestellung hinsichtlich der im Rahmen der Selbstanzeige zu machenden Angaben bietet der Erlass des BMF vom 12.2.2014, welcher zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsanwendung Hinweise zur Auslegung des § 22 Abs. 4 AWG gibt.

Verlust der Approbation durch eine Steuerhinterziehung

Zugegebenermaßen ist der Titel dieses Beitrags etwas reißerisch, trifft dennoch im Kern deswegen zu, als dass das Strafverfahren nicht umsonst von dem Verfasser als „juristische Vorhut“ betitelt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof München bestätigte erst kürzlich erneut durch Beschluss (Aktenzeichen 21 ZB 16.436), dass aufgrund eines Strafverfahrens durchaus auch die Approbation entzogen werden kann, obschon zunächst die verurteilte Tat nicht direkt in Beziehung mit der Approbation steht.

In dem vorliegenden Fall wurde ein Zahnarzt wegen einer Steuerhinterziehung verurteilt und bekam anschließend die Approbation mit Bescheid vom 25. September 2013 durch die Regierung von Oberbayern widerrufen.

Strafrechtliche Verfehlungen eines Mediziners können die Unwürdigkeit im Sinne von § 5 Abs. 2 i. V. m. § 3 Abs. 1, S. 1, Nr. 2 Bundesärzteordnung begründen und den Widerruf der Approbation zur Folge haben. Das Tatbestandsmerkmal der Unwürdigkeit konkretisierte bereits das Bundesverwaltungsgericht dahingehend, „dass derjenige Mediziner unwürdig ist, der ein Fehlverhalten gezeigt hat, das mit dem Berufsbild und den allgemeinen Vorstellungen von der Persönlichkeit eines Arztes schlechthin nicht zu vereinbaren ist, und der daher nicht mehr das Ansehen und das Vertrauen besitzt, das für die Ausübung des Berufes unabdingbar nötig ist“.

So entschied der Verwaltungsgerichtshof in dem vorliegenden Fall, dass die Regierung zutreffend erkannt habe, dass es sich bei der von dem Zahnarzt begangenen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO um ein schwerwiegendes Fehlverhalten im Sinne der Rechtsprechung handeln würde und diese Verfehlung eine Berufsunwürdigkeit begründet.

Dieser Fall zeigt sehr deutlich, dass auch bei einer „berufsfremden Handlung“ mit einer relativ geringen Strafe und einem Geständnis (kleinere Haftstrafe auf Bewährung) trotzdem ein Widerruf der Approbation droht.

Dem Strafverfahren kommt also im Hinblick auf das Approbationsverfahren entscheidende Bedeutung zu.

Die Praxis zeigt, dass Ärzte meistens nur dann mit ausreichender Wachsamkeit agieren, wenn ihnen strafrechtliches Vergehen zur Last gelegt wird, welches unmittelbar aus dem Behandlungsverhältnis zum Patienten resultiert. Der Problembewusstseinshorizont wird jedoch zunehmend kleiner, je weiter das strafrechtlich relevante Verhalten sich vom Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit entfernt.

Beispiele strafrechtlicher Verurteilung welche eine Unwürdigkeit begründen sind unter anderem: Mord, Anstiftung zum Mord, Totschlag, Brandstiftung, sexueller Missbrauch, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften, vorsätzliche Körperverletzung Körperverletzungen durch Impfungen ohne Indikation bzw. vorherige Aufklärung, sexuelle Beleidigung, Honorar- und Abrechnungsbetrug zulasten der gesetzlichen Krankenkassen, gewerbsmäßiger Betrugs und Urkundenfälschung.

Einem im Raum stehender Fahrlässigkeitsvorwurf sorgt zumeist für keine Unwürdigkeit. Etwas anderes gilt dann, wenn der Behandlungsfehler und der daraus resultierende Gesundheitsschaden des Patienten im Zusammenhang mit einem berufsrechtlich relevanten Fehlverhalten, wie zum Beispiel: Betäubungsmittelkonsum während der Behandlung steht.

Die Trunkenheitsfahrt eines Arztes dürfte nur dann als relevanter Verstoß anzusehen sein, wenn sie entweder im Zusammenhang mit der Berufsausübung steht oder wenn sie nach den gesamten Umständen des Einzelfalles geeignet ist, das Ansehen des ärztlichen Berufsstandes erheblich zu beschädigen.

Der Arzt kann sich somit schnell in großer Entscheidungsnot befinden. Zum einen möchte er ein aufwändiges und aufsehenerregendes Strafverfahren vermeiden, zum anderen kann aber durch ein Geständnis, einer kurzen Verhandlungsphase und einer vermeintlich geringen Strafe, der Widerruf der Approbation drohen.

In solchen Fällen darf in keinem Fall eine pauschale Strafverteidigungsstrategie für das Strafverfahren das Ziel sein. Erst mit Weitblick und umfassender Prüfung etwaiger Rechtsfolgen außerhalb des Strafprozesses kann eine ideale Verteidigungsstrategie entwickelt werden.

Der Verdacht der Geldwäsche und das Finanzamt

Liegen Tatsachen vor, die darauf hindeuten, dass es bei Vermögenswerten, die mit einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB handelt oder die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen, haben die entsprechenden Einrichtungen wir zum Beispiel Banken, diese Transaktion unabhängig von ihrer Höhe oder diese Geschäftsbeziehung unverzüglich zu melden.

Die Verdachtsmeldung ist dem Bundeskriminalamt – Zentralstelle für Verdachtsmeldungen – und den zuständigen Strafverfolgungsbehörden (der Staatsanwaltschaft) zu übermitteln (§ 11 Abs. 1 S. 1 GwG).

In Bayern und Hessen sind die Meldungen an die Behörde des Generalstaatsanwalts zu richten.

Eine häufige Frage aus der Praxis ist ob diese Meldungen auch an das jeweilige zuständige Finanzamt getätigt werden.

Die Möglichkeit der Weitergabe von Erkenntnissen an die Finanzbehörden früher an eine rechtskräftige Verurteilung nach § 261 StGB oder wegen einer Vortat bedingt.

Ohne eine tatsächliche Verurteilung wurde also keine Mitteilung getätigt.

Nach der 2008 übernommenen Änderung der Mitteilungspflicht im GwG ist die Staatsanwaltschaft nunmehr sogar verpflichtet, nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts der Geldwäsche oder einer in § 261 Abs. 1 StGB oder § 129 a Abs. 2 StGB aufgeführten Katalogtat dies der Finanzbehörde zusammen mit den Tatsachen mitzuteilen, die zur Einleitung des Verfahrens geführt haben.

Ebenso ist festzustellen, dass der Gesetzgeber eine Befreiung von dem grundsätzlich streng einzuhaltenden Steuergeheimnis in § 31b AO ausdrücklich in die Abgabenordnung eingefügt hat. Nach § 31b Satz 1 AO ist nunmehr nicht nur die Offenbarung im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Geldwäsche zulässig, in § 31b Satz 2 AO wird sogar eine Verpflichtung der Finanzbehörden gegenüber den Strafverfolgungsbehörden zur Mitteilung von Tatsachen, die auf Geldwäsche schließen lassen, festgelegt.

Sollte also das Finanzamt den Verdacht der Geldwäsche erhalten, muss es eine Meldung an die Staatsanwaltschaft tätigen.

Spiegelbildlich muss dann jedoch, wie bereits oben erwähnt, die Staatsanwaltschaft eine Mitteilung nach § 15 Abs. 2 GWG an das zuständige Finanzamt vornehmen, soweit ein Ermittlungsverfahren wegen Geldwäsche oder einer der in § 129a Abs. 2 bzw. § 261 Abs. 1 StGB genannten Straftaten eingeleitet wird.

Ein Ermittlungsverfahren ist dann eingeleitet, wenn Ermittlungshandlungen nach außen durchgeführt werden.

So schließt sich also der Kreis. Das Finanzamt wird im Zweifel eine Mitteilung erhalten.

Der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gemäß § 17 UWG

Daten und Betriebsgeheimnisse werden vor einer Wegnahme, einem Verschaffen oder einer unbefugten Verwendung durch mehrere Rechtsvorschriften geschützt. Zunächst kommen allgemeine Vorschriften wie § 202a, § 246 und § 303a StGB in Betracht aber auch spezielle Vorschriften wie zum Beispiel der hier zu behandelnde § 17 UWG.

§ 17 UWG ahndet den Verrat von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen als Bruch der Schweigepflicht durch einen Betriebsangehörigen während der Dauer des Dienstverhältnisses.

Was genau laut Gesetz mit Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen gemeint ist, wird leider nicht im Gesetz unmittelbar definiert. Mehrere Gerichtsentscheidungen definieren jedoch ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis als jede im Zusammenhang mit einem Betrieb stehende Tatsache, die nicht offenkundig, sondern nur einem eng begrenzten Personenkreis bekannt ist und nach dem bekundeten, auf wirtschaftlichen Interessen beruhenden Willen des Betriebsinhabers geheimgehalten werden soll.

Hingegen darf ein ausgeschiedener Mitarbeiter die während der Beschäftigungszeit erworbenen Kenntnisse auch später unbeschränkt verwenden, wenn er keinem Wettbewerbsverbot unterliegt.

Solange es sich um Know-how handelt, darf dieses im Regelfall weiterverwendet werden. Man muss es jedoch "im Kopf" mitnehmen und nicht verschriftlicht oder auf einem Datenträger.

„Know-How“ ist eine Gesamtheit nicht patentierter praktischer Kenntnisse, die eine Person durch Erfahrung und Erprobung gewonnen hat und die geheim, wesentlich und identifiziert sind.

Umstritten ist, inwiefern durch Publizierung im Rahmen einer Patentanmeldung die Offenkundigkeit der Tatsachen eintritt. Hierfür spricht, dass eben die gesetzlichen Vorschriften bei der Patentanmeldung die Veröffentlichung des Patents sicherstellen und eben dadurch der eigentliche Geheimnischarakter aufgegeben wird.

Ein weiterer Problemkreis tritt auf, wenn es sich um Informationen handelt, welche in technischen Geräten verkörpert sind, jedoch im Wege eines sogenannten Reverse Engineering ermittelt werden können.

Beispiele für Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse sind: Aufzeichnungen über chemische Versuche, Ausschreibungsunterlagen, Bezugsquellen, Bilanzen, Computerprogramme, Forschungsergebnisse, Gehaltslisten, Geschäftsplanungen, Herstellungsverfahren und Konstruktionspläne.

Der in § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG geregelte Tatbestand der Betriebsspionage kann im Gegensatz zu § 17 Abs. 1 UWG durch Jedermann begangen werden, das heißt, Täter können sowohl außenstehende Personen als auch Beschäftigte des geschädigten Unternehmens sein.

Tatobjekt ist aber auch in diesem Fall ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis.

§ 17 Abs. 2 Nr. 2 UWG regelt den Tatbestand der Geheimnishehlerei, das heißt, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, welche durch eine Vortat nach § 17 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 UWG erlangt oder vom Täter anderweitig unbefugt verschafft worden sind, werden verwertet oder weitergegeben.

Der Strafrahmen besteht von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe mit bis zu 3 Jahren. Eine Strafschärfung ( der besonders schwere Fall) liegt gemäß § 17 Abs. 4 UWG unter anderem dann vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt. Eine Person handelt gewerbsmäßig, wenn diese sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will. Ein weiterer besonders schwerer Fall kann außerdem vorliegen, wenn das Geheimnis im Ausland verwertet werden soll oder der Täter es selbst im Ausland verwertet. Zum Ausland gehören auch andere EU-Staaten. Wird ein besonders schwerer Fall festgestellt, liegt die Strafe bei bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Es sollte jedoch auch über den „strafrechtlichen Tellerrand“ geschaut werden. Eine Verletzung des § 17 UWG kann einen erheblichen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 17 UWG zur Folge haben. Es kann also durchaus sein, dass man strafrechtlich ein gutes Ergebnis erzielt, dann jedoch sich die verletzte Partei durch eine vermeintlich „kleine Strafe“ im Strafrecht dem Grunde nach bestätigt fühlt und hohe Schadensersatzforderungen geltend macht. Die Weichen werden also im Strafrecht gestellt.

 

Der Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB

Zunächst heißt es im § 264a StGB vermeintlich einfach:

Wer im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Wertpapieren, Bezugsrechten oder von Anteilen, die eine Beteiligung an dem Ergebnis eines Unternehmens gewähren sollen, oder dem Angebot, die Einlage auf solche Anteile zu erhöhen, in Prospekten oder in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand hinsichtlich der für die Entscheidung über den Erwerb oder die Erhöhung erheblichen Umstände gegenüber einem größeren Kreis von Personen unrichtige vorteilhafte Angaben macht oder nachteilige Tatsachen verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Man könnte auch sagen: Es geht um Falschangaben in Prospekten.

Demnach soll § 264a StGB das Vermögen der Kapitalanleger einerseits und die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes andererseits schützen.

§ 264a StGB ist dem Grunde nach ein „spezieller § 263 StGB (Betrug)“.

Schaut man genauer hin, werden aber die Unterschiede sehr deutlich. So benötigt man bei dem Betrug zum Beispiel ein Irrtum des Opfers, eine Vermögensverfügung sowie einen Vermögensschaden.

Dies alles verlangt der § 264a StGB nicht.

Vielmehr muss (zusammengefasst) der Täter schlichtweg unrichtige vorteilhafte Angaben machen oder nachteilige Tatsachen verschweigen.

§ 264a StGB wurde tatsächlich in dieser Form verfasst, um etwaige „Beweisschwierigkeiten“ oder auch eine zumeist sehr schwierige Schadensfeststellung (Berechnung) umgehen zu können.

Man könnte also auch von einem kupierten Betrugstatbestand sprechen.

Dieses Vorgehen mag angesichts der bestehenden Beweisschwierigkeiten auf den ersten Blick möglicherweise nachvollziehbar erscheinen. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist es jedoch der falsche Weg, Beweisprobleme einfach dadurch zu lösen, dass man die strafrechtlichen Tatbestandsanforderungen herunterschraubt.

Von praktischer Bedeutung in einem tatsächlichen Ermittlungsverfahren oder einer Verurteilung ist der § 264a StGB jedoch (noch/bislang) nicht. Zumeist tritt eine mögliche Strafbarkeit des § 264a StGB hinter § 263 StGB als schwererem Delikt zurücktritt oder die Staatsanwaltschaft beschließt im Ermittlungsverfahren eine Einstellung nach §§ 154, 154a StPO.

Sollte jedoch der einfache Betrug nicht einschlägig sein oder die Staatsanwaltschaft nicht ausreichende Ermittlungsansätze haben, könnte der § 264a StGB in naher Zukunft dann doch immer relevanter werden.

Es ist schon jetzt eine zunehmende Strafverfolgung von „Kleinanlegern“ im Bereich des Kapitalmarktstrafrechts wahrzunehmen und so kann es durchaus auch schon bald zu einer Beschränkung (von dem „normalen“ Betrug auf den Kapitalanlagebetrug) aber Ausweitung der Ermittlung bezüglich eines etwaigen Emittenten (Beratern) kommen.

Ein Anlageberater haftet gem § 823 Abs. 2 BGB, wenn sich die Verletzung einer Beratungspflicht zugleich als eines dieser Vergehen darstellt.

 

Spezialwissen in der Strafverteidigung ist erneut unumgänglich und unverzichtbar.

 

Das Zollstrafrecht – Das besondere Steuerstrafrecht

Das Zollstrafrecht ist dem Grunde nach ein spezieller Teil des Steuerstrafrechts. Es ist besonderes Steuerstrafrecht. Daher definiert § 369 der Abgabeordnung die Zollstraftaten als die Straftaten, welche nach dem Steuergesetz strafbar sind. Die Zollstraftaten sind in den §§ 369 ff. AO geregelt. So sind gemäß § 4 Abs.3 Abgabenordnung Einfuhrabgaben und Ausfuhrabgaben nach Art. 4 Nr. 10 und 11 des Zollkodex Steuern im Sinne der Abgabenordnung. Trotz des internationalen bzw. grenzüberschreitenden Bezugs bei der Ein- und Ausfuhr von Waren gibt es im europäischen Recht keine zollstrafrechtlichen Regelungen. Es gilt demnach das deutsche Strafrecht, insbesondere die Abgabenordnung. Darunter fallen Zollhinterziehung (so stellt zum Beispiel § 370 Abs. 6 AO klar, dass auch eine Zollhinterziehung vorliegt, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen), gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel, Steuerhehlerei, Steuerzeichenfälschung, Begünstigung und der Bannbruch. Zollordnungswidrigkeiten sind beispielsweise die leichtfertige Steuerverkürzung, die Steuergefährdung, die Verbrauchsteuergefährdung sowie die Gefährdung der Einfuhr- und Ausfuhrabgaben. Daneben existieren noch die Sanktionsmöglichkeiten gemäß §§ 30, 130 Ordnungswidrigkeitgesetz, welche nicht die Einzelperson, sondern das betroffene Unternehmen sanktionieren können.

Zölle sind hingegen durch EU-Recht geregelt. Dies vor allem im Zollkodex, der Zollbefreiungsverordnung. Das Zollstrafrecht kann sogar in Berührung mit dem Betäubungsmittelstrafrecht (Arzneimittelstrafrecht) kommen, wenn zum Beispiel am Flughafen Frankfurt am Main der Erwerb von Anabolika oder Medikamenten im Ausland vom Zoll kontrollierend aufgegriffen wird.

Nicht selten kommt es vor, dass der Zoll mittels Zollfahndung die Geschäftsräume und Betriebsstätten eines Unternehmens durchsucht. Die Zulässigkeit der Durchsuchung beim Verdächtigen regelt § 102 der Strafprozessordnung. Danach reicht für die Anordnung der Durchsuchung ein Anfangsverdacht aus.

Gemäß § 404 S. 2 AO hat die Zollfahndung die Befugnis, die aufgefundenen Papiere und sonstige Unterlagen durchzusehen und gegebenenfalls zu Beschlagnahmen.

Nicht nur Unternehmen stehen im Fokus. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass eine Privatperson sich hinsichtlich Schmuggel im Reiseverkehr, Nichtanmeldung von Barmitteln, Unregelmäßigkeiten im Umgang mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren, insbes. zweckwidrige Verwendung sowie auch Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen (wie zum Beispiel nach dem MarkenG oder Artenschutz) einer Zollstraftat verdächtig macht. Insbesondere in Steuer- und Zollstrafsachen ist der frühe Verfahrensabschnitt des staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens entscheidend. Die strafrechtlichen Sanktionen in einem Zollstrafverfahren sind oft deutlich höher als in einem Steuerstrafverfahren.

Die Durchsuchung und Betriebsprüfung durch den Zoll

Eine Durchsuchung bleibt zunächst einmal eine Durchsuchung. Prozessual gelten für alle dieselben Regeln, egal ob der Zoll, die Staatsanwaltschaft oder die Steuerfahndung durchsucht.

 

Hinsichtlich des Zolls muss jedoch unterschieden werden zwischen der Betriebsprüfung vom Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit und der eigentlichen Durchsuchung aufgrund eines hinreichenden Tatverdachts bezüglich einer Straftat.

 

Die zuständigen Abteilungen bei den Hauptzollämtern nennen sich „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“. Sie werden zum Beispiel dann tätig, wenn die Beurteilung, ob ein Auftragnehmer selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt ist, rechtlich schwierig ist. Die Verfahren werden zum Teil durch die Zollbehörden selbst eingeleitet, wenn diese im Rahmen ihrer Ermittlungen auf Verdachtsfälle stoßen.

 

Im Übrigen leiten die Staatsanwaltschaften förmliche Ermittlungsverfahren ein und beauftragen die Zollfahnder mit der Ermittlungstätigkeit. Es kann ebenso passieren, dass ein Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungsverfahren Strafanzeige stellt, wenn der Verdacht entsteht, dass abhängig Beschäftigte bewusst nicht zur Sozialverwaltung angemeldet wurden.

 

Zurückkommend zu der Unterscheidung einer Betriebsprüfung und Durchsuchung ist festzuhalten, dass hinsichtlich einer Betriebsprüfung der Zoll die Beschäftigten zu den von ihnen ausgeübten Tätigkeiten befragen darf, die von den Beschäftigten mitgeführten Unterlagen einsehen (§ 3 Abs. 1 SchwarzArbG) und ihre Personalien feststellen (§ 3 Abs. 3 SchwarzArbG). Weiter darf der Zoll die Geschäftsunterlagen des Arbeitgebers der Beschäftigten als Arbeit- oder Auftragsgeber einsehen (§ 4 Abs. 1 SchwarzArbG). Gespeicherte Daten muss der Arbeitgeber zugänglich machen (§ 5 Abs. 3 StraBEG). Zum Zweck der Kontrolle der Beschäftigten darf der Zoll die Geschäftsräume und die Grundstücke des Arbeitgebers betreten. Zusammengefasst hat also der Zoll das Recht, die Identität des Arbeitnehmers festzustellen und ihn über sein Arbeitsverhältnis zu befragen. Gegenüber dem Arbeitgeber sind seine Rechte entsprechend umfangreicher. Er hat das Recht, die Geschäftsräume zu betreten und Unterlagen einzusehen. Der Arbeitgeber muss die Kontrolleure dulden und unterstützen.

 

Bei der einfachen Kontrolle des Zolls, steht diesem ein sogenanntes Erschließungsermessen zu, er kann also selbst entscheiden, ob er überhaupt tätig werden will.

Soll nun eine über die Betriebsprüfung hinausgehende Durchsuchung stattfinden, muss ein schriftlicher Durchsuchungsbeschluss vorgelegt werden, der nicht älter als ein Jahr sein darf.

 

Rechtsgrundlage für eine Durchsuchung bilden die §§ 102 ff. StPO. Durchsuchungen dürfen normalerweise nur durch einen Richter angeordnet werden. Dem Grunde nach muss also eine schriftliche richterliche Anordnung durch Beschluss vorliegen. Dieser Grundsatz Richtervorbehalts kann jedoch bei Gefahr in Verzug durchbrochen werden.

Gefahr in Verzug liegt bei einer Sachlage vor, bei der ein Schaden eintreten oder ein Beweismittel verloren gehen würde, wenn nicht anstelle der zuständigen Behörde oder Person eine andere Behörde oder Person handelt.

Die Zollbeamten sind als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft (vgl. § 14 Abs. 1 S. 2 StraBEG) ggf. aber auch befugt, nämlich bei Gefahr im Verzug, eine Durchsuchung und Beschlagnahme nach §§ 102, 105, 98 StPO anzuordnen.

 

Wird im Rahmen von Durchsuchungen gegen die erläuterten Bestimmungen absichtlich oder grob fahrlässig verstoßen, sind die bei solchen Durchsuchungen erlangten Beweismittel unverwertbar.

Von der Steuer-CD zur Hausdurchsuchung. Kein Problem für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied am 6. Oktober 2016, dass die Daten einer Steuer-CD einen Anfangsverdacht begründen können und dieser dann eine Hausdurchsuchung rechtfertigt (Urt. v. 06.10.2016, Az. 33696/11). Das Recht auf Schutz der eigenen Wohnung ist dadurch nicht verletzt. Zusammengefasst bedeutet dies: Die Verwendung illegal beschaffter Bankdaten verstößt nicht gegen das Recht auf Schutz der Privatsphäre.

Bereits das Bundesverfassungsgericht hatte die bloße Nutzung der Steuer-CD 2010 ausdrücklich erlaubt, nicht geklärt wurde in dem Urteil, ob der eigentliche Erwerb der Daten rechtsstaatlichen Grundsätzen entspricht. Eine etwaige Durchsuchung (Nutzung) wurde nun ebenfalls von dem Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt. In Deutschland gibt es eben nicht den Grundsatz von der „fruit of the poisonous tree“. Beweismittel, die rechtswidrig erlangt wurden, oder deren Fund auf rechtswidrig erlangten Beweisen aufbaut, sind demnach verwertbar.

Das Aufklärungsinteresse des Staates überwiegt meistens dem Interesse der Privatperson. Genauso sieht es also auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und verneinte daher eine Verletzung eines Ehepaares in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens aus Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Durchsuchung sei verhältnismäßig gewesen, da es sich bei Steuerhinterziehung um eine erhebliche Straftat handele. Die Behörden verfolgten mit der Bekämpfung solcher Straftaten auch ein legitimes Ziel, welches nicht außer Verhältnis zu der damit verbundenen Beeinträchtigung der Rechte des Ehepaares stehe.

Das klagende Ehepaar hatte Konten in Liechtenstein. 2008 erfolgte eine Hausdurchsuchung. Grundlage war eine Steuer-CD welche der Bundesnachrichtendienst erworben hatte. Sie enthielt über 9.600 Datensätze mit steuerstrafrechtlichen Informationen. Vom Verdacht der Steuerhinterziehung wurde das Ehepaar 2012 zwar freigesprochen, dies ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit der Durchsuchung.

Durchaus beachtlich ist in diesem Themenkomplex der Steuer-CD eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2014. Das Gericht entschied zwar auch im Sinne der bisherigen Rechtsprechung lies aber nicht aus darauf hinzuweisen, dass es auch im Strafverfahren keine Wahrheitsermittlung um jeden Preis gibt.

Aus der Klageabweisung folge somit nicht, dass künftig jegliche Verwertung von ausländischen Bankdaten, die durch ein rechtswidriges oder strafbewehrtes Verhalten eines privaten Dritten erlangt wurden, ohne Weiteres mit der Verfassung in Einklang steht. Der Staat dürfte aus Eingriffen ohne Rechtsgrundlage grundsätzlich keinen Nutzen ziehen. Beim Ankauf von sogenannten Steuerdaten-CD gibt es zumindest eine unklare Rechtslage. Diese Art der Gewinnung von Beweismitteln weicht deutlich vom Normalfall ab. Die Gerichte müssen daher künftig prüfen, wie die staatliche Beteiligung an dem „Daten-Klau“ sei.

 

Die leichtfertige Geldwäsche

Der Tatbestand der Geldwäsche bestraft denjenigen, welcher Geld aus kriminellen Taten in den offiziellen Geldverkehr bringt oder versucht zu verschleiern, dass Gelder aus kriminellen Handlungen stammen. Der Straftatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) wurde seit seiner Einführung sehr oft geändert und jedes Mal um weitere Vortaten erweitert.

Waren es anfangs außer den Verbrechenstatbeständen vor allem Straftaten zur organisierten Kriminalität, die als Vortaten galten, so sind heute auch eine große Zahl von Vergehen Vortat zur Geldwäsche. Dazu ist insbesondere die einfache Steuerhinterziehung zu rechnen, die seit dem 01.01.2008 auch Vortat zur Geldwäsche ist, soweit sie gewerbs- oder bandenmäßig begangen wird.

 Besonders problematisch wird es, wenn die Leichtfertigkeit bei einer Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 5 StGB in Betracht kommt. So wird derjenige bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass der Gegenstand aus einer in Absatz 1 genannten rechtswidrigen Tat herrührt. Von einem leichtfertigen Handeln erfasst wird ein Handeln des Täters, trotz dass sich ihm die Herkunft des Gegenstandes aufdrängt, er diese aber aus besonderer Gleichgültigkeit odergrober Unachtsamkeit außer Acht lässt.

Hierbei sind stets auch die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters zu etwaiges Sonderwissen wirkt sich somit unter Umständen strafschärfend aus. Die Leichtfertigkeit wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass es dem Täter nicht möglich war, sich Gewissheit über die Herkunft des Gegenstandes zu verschaffen.

Das OLG Karlsruhe hat nun in einem Urteil vom 7.6.2016 zudem entschieden, dass sollte die Gesamtschau einer Vielzahl von Beweisanzeichen für eine im Sinne des § 261 Abs. 1 StGB inkriminierte Herkunft des Gegenstandes sprechen, dies grundsätzlich das Vorliegen einer - auch individuellen - Leichtfertigkeit nach § 261 Abs. 5 StGB indizieren würde. Zu einer Entlastung bedarf es ganz besonderer in der Person des Beschuldigten liegender Umstände. Leichtfertigkeit im Sinne des § 261 Abs. 5 StGB liegt dabei vor, wenn sich die Herkunft eines Gegenstands im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 1 (ggf. i. V. m. Abs. 2) StGB aus einer in § 261 Abs. 1 Satz 2 StGB aufgeführten Katalogtat nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter oder die Täterin gleichwohl handelt, weil er oder sie dies aus besonderer Gleichgültigkeit oder grober Unachtsamkeit außer Acht lässt.

Das Gericht lehnte in dem vorliegenden Fall ein vorsätzliches Handeln ab, bejahte aber die Leichtfertigkeit. Vorliegend handelte die Angeklagte, hinsichtlich einer „Internetbetrügerei“ dann doch zu blauäugig. Daher war in dem vorliegenden Fall die bloße Feststellung, dass die Angeklagte über sehr eingeschränkte individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten im beruflichen Bereich und im Wirtschaftsverkehr verfügte, zuvor keine Arbeitsverhältnisse eingegangen war und sich auch nie in Medien über moderne Formen der Internetkriminalität informiert hatte oder hiervor gewarnt worden war, genügt demgegenüber – zumal vor dem Hintergrund der Vielzahl objektiv eindeutiger Hinweise auf die inkriminierte Herkunft der von der Angeklagten weitergeleiteten Waren – nicht, um eine individuelle Entlastung vom Vorwurf der Leichtfertigkeit begründen zu können.

Die geschäftliche Unerfahrenheit der Angeklagten bedeutete daher nicht, dass diese zu logischem Denken unfähig war und daher den sich unter vielen Gesichtspunkten aufdrängenden Schluss, kein ordnungsgemäßes Arbeitsverhältnis eingegangen, sondern bei der Abwicklung von Betrugstaten behilflich zu sein, nicht ohne Weiteres ziehen konnte. Die durch das Gericht festgestellte Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit der Angeklagten mag Voraussetzung dafür gewesen sein, dass sie sich täuschen und instrumentalisieren ließ. Hierdurch wird die Angeklagte jedoch nur vom Vorwurf vorsätzlichen Handelns, nicht aber auch vom Vorwurf individuell leichtfertigen Verhaltens entlastet.

Der Eingehungsbetrug

Der Eingehungsbetrug ist ein klassisches Institut des Wirtschaftsstrafrechts. Er ist eine besondere Ausformung des (normalen) Betruges gem. § 263 StGB, ist also gesetzlich nicht gesondert geregelt. Der Strafrahmen reicht von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.

Ein Eingehungsbetrug liegt beispielsweise dann vor, wenn der eine Vertragspartner den anderen über seine Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses täuscht. Der Vertragspartner bestellt zum Beispiel ein Produkt und signalisiert damit konkludent, dass er dieses Produkt auch zahlen kann und wird.

Nun muss es auch bei einem Betrug zu einem Schaden kommen.

Hier unterscheidet sich der Eingehungsbetrug von dem „normalen“ durchschnittlichen Betrug.

Der Schaden wird bei einem Eingehungsbetrug nicht als klassischer Schaden erkennbar. Ein Vertragspartner gibt nur eine Bestellung auf und es kommt vorerst noch zu keinem Austausch (Geld-Ware). Man könnten nun also meinen, dass dem Verkäufer also noch gar kein Schaden entstanden ist. Er hat noch seine Ware.

Der Vermögensschaden liegt dennoch vor, weil das eigene Forderungsrecht – der Zahlungsanspruch des Verkäufers– aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Käufers nichts oder zumindest weniger als vertraglich vereinbart wert ist, so dass der Zahlungsanspruch des Verkäufers seine Leistungspflicht nicht unmittelbar kompensieren kann.

Dies zumindest dann, wenn mit wirtschaftlichen Nachteilen, also der Nichtzahlung, ernstlich gerechnet werden muss. Es findet also eine rein faktische wirtschaftliche Betrachtung statt. Viel passiert ist im eigentlichen Geschäft noch nicht.

Die Verteidigung muss in einem solchen vorliegenden Fall sehr sauber arbeiten und genau prüfen, ob tatsächlich hinreichend beweisbar ist, dass der „Besteller“ wusste oder zumindest ahnen konnte, dass er nicht ausreichende finanzielle Mittel zu Verfügung hat oder haben wird.

Beim Eingehungsbetrug ist der Schaden regelmäßig dann zu verneinen, wenn der Vertragspartner auf Vorleistung bestehen kann oder nur Zug-um-Zug leisten muss.

Der bloße Abschluss eines Kaufvertrages erfüllt in diesen Fällen also noch nicht die Voraussetzungen eines Eingehungsbetruges, da aufgrund der Zug-um-Zug -Einrede nach § 320 Abs. 1 BGB dem Verkäufer noch kein Vermögensschaden entstanden ist.

Hier gilt nur etwas anderes, wenn der Verkäufer vertraglich zur Vorleistung verpflichtet ist, der Besteller also damit rechnen durfte, dass er die Ware in jedem Fall vorab bekommen wird.

Der Eingehungsbetrug wird ebenso in Verbindung mit einer Insolvenz häufig relevant.

Sollte der Besteller, Firmeninhaber, noch kurz vor der Insolvenz (seiner Zahlungsunfähigkeit) Waren bestellen, obwohl er weiß bzw. wissen kann, dass er diese wahrscheinlich nicht bezahlen kann, wird im Zweifel der Eingehungsbetrug bejaht werden müssen.

Neue Straftatbestände für den Betrug im Sport

Mit dem Referentenentwurf zur "Strafbarkeit von Sportwettbetrug und der Manipulation berufssportlicher Wettbewerbe" legt die Bundesregierung nach dem Anti-Doping-Gesetz nun das zweite Gesetz zum strafrechtlichen Schutz bzw. der Sanktionierung des Sports vor.

Die neuen Tatbestände des Sportwettbetruges und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben sollen der Leistungserschleichung und den Kreditbetrug folgend, in den §§ 265c ff StGB-RE im Strafgesetzbuch ihren Platz finden.

Sportwettbetrug nach § 256c StGB-RE liegt vor, wenn ein Spieler oder Trainer für sich oder einen Dritten eine Leistung dafür fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er den Verlauf eines Wettkampfs des organisierten Sports zugunsten des Wettkampfgegners beeinflusst.

Der Straftatbestand des § 265c StGB-E orientiert sich augenscheinlich an dem des § 299 StGB.

Der Tatbestand der "Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben" (§ 256d StGB-RE) ist erfüllt, wenn der Vorteil, den ein Sportler oder Trainer fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, als Gegenleistung für eine Beeinflussung eines "Wettbewerbs des organisierten Sports" in wettkampfwidriger Weise zugunsten des Wettkampfgegners dienen soll. Täter können daher auch Schiedsrichter sein.

Zum möglichen Täterkreis gehören daher Sportler und Trainer, wobei die letztgenannte Gruppe in § 265c Abs. 7 StGB-E legaldefiniert wird. Diese Begrenzung auf zwei bestimmte Berufsgruppen, neben der eigenständigen Strafbarkeit der Schieds-, Wertungs- und Wettkampfrichter nach den jeweiligen Absätzen 3 und 4, eröffnet aber mehr Lücken als sie schließen kann. Es riecht dann doch sehr nach Aktionismus.

Nicht umfasst sind Ärzte, Physiotherapeuten, Psychologen, Materialwarte, Mechaniker und zum Beispiel Tierpfleger. Es versteht sich von selbst, dass diese Beteiligten erheblichen Einfluss auf den jeweiligen Sportler oder das Ergebnis haben können.

Besonders schwere Fälle sollen nach Paragraph 265e mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Absolut problematisch sind vorliegend die vielen fehlenden Definitionen. Dies macht die Straftatbestände sehr schwammig und dem Grunde nach sehr inhaltsleer.

Der Begriff Sport wird nicht definiert. Was ein berufssportlicher Wettbewerb ist, bleibt weitgehend offen. Was nun genau wettkampfwidrig sein soll, bleibt ebenso ungeklärt.

Der Referentenentwurf ist mehr eine Abdeckplane mit Löchern denn ein tatsächlicher umfassender und dichter Regenmantel.

Der Deutsche Richterbund fasst es in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf passend zusammen:

„Durch die gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 263, 263 a StGB kann der Wettbetrug – trotz aller Probleme beim Nachweis von Täuschungshandlung, Kausalität der Täuschung und Schadensfeststellung im Einzelfall – als Betrug/Computerbetrug strafrechtlich geahndet werden. Einen darüber hinausgehenden besonderen Schutz von Wettteilnehmern oder -anbietern bedarf es nicht.“

Die Angst fliegt mit. Steuerhinterziehung, Scheinselbständigkeit und andere Probleme bei Ryanair.

Die irische Billigfluglinie Ryanair steht (mal wieder) im Fokus deutscher Staatsanwaltschaften. An sechs deutschen Standorten wurden Geschäftsräume durchsucht. Durchsucht wurden, nach Berichten von diversen Zeitungen, die Geschäftsräume an den deutschen Standorten: Berlin-Schönefeld, Köln, Weeze, Frankfurt-Hahn, Bremen und Baden-Baden. Die Ermittlungen, welche angeblich schon seit mehreren Jahren laufen, beziehen sich auf ein Beschäftigungsmodell, mit dem Ryanair bislang einen großen Teil seiner Piloten beschäftigt hat. Es handelt sich um ein sogenanntes Contractor-Modell, bei dem Piloten aufgefordert werden, eine Art "Ich-AG" in Irland zu gründen. Diese vermittelt dann den Piloten über ein britisches Verleihunternehmen wie "Brookfield Aviation International Ltd." oder den Personaldienstleister "McGinley Aviation" an Ryanair. Eingesetzt werden sie dann bei Ryanair nach festen Plänen, bezahlt aber nur nach Flugzeiten. Die irische Airline spart auf diesem Wege wohl erhebliche Kosten. Diese Problematik besteht schon seit Jahren. So wurde im Jahr 2015 zum Beispiel bei einem Termin vor dem Arbeitsgericht in Wesel ein Vergleich zwischen Ryanair und einem ehemaligen Piloten geschlossen, welcher das Unternehmen unter anderem auf Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung verklagt hatte. Knackpunkt in dem Konflikt war schon damals die Frage, ob der Pilot als Arbeitnehmer von Ryanair oder aufgrund seines Vertrages mit dem Personalberater Brookfield Aviation als Selbstständiger beschäftigt war.

Die Scheinselbständigkeit kann als Verstoß gegen § 266 a StGB, also als Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, verfolgt werden. Dies liegt daran, dass in diesen Fällen keine Beiträge zur Sozialversicherung oder Unfallversicherung bezahlt werden. Es handelt sind dabei um ein Strafverfahren, das in den meisten Fällen bei einer Verurteilung mit einer Freiheitsstrafe bestraft wird, auch Geldstrafen sind möglich, wenn die Summe der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge (z.B. Krankenversicherung) nur gering ist. Die nachzuzahlenden Beiträge berechnen sich aus den Zahlungen, die an den Scheinselbstständigen bezahlt wurden. In den meisten Fällen bedeutet das den finanziellen Ruin für den Schuldner.

Bei Scheinselbstständigkeit und illegaler Beschäftigung kann auch eine strafbare Steuerhinterziehung vorliegen. Bei einem wie dem vorliegenden behaupteten Konstrukt müsste man wohl von einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung ausgehen. Darüber hinaus schuldet der vermeintliche Auftragnehmer gegebenenfalls die auf seinen bisherigen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG, während ein Vorsteuerabzug für den Auftragnehmer nicht mehr in Betracht kommt.

Piloten droht aber noch eine ganz andere Rechtsfolge, außer der Strafe oder etwaigen Nachzahlungen. Wer wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt wurde, dem kann die Verwaltungsbehörde die Zuverlässigkeitsbescheinigung gemäß § 7 LuftSiG versagen. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 12.10.2015, Az. 6 S 24.15.

Ryanair erklärte in einem Statement, das Unternehmen selbst sei nicht von den Ermittlungen betroffen. Das Unternehmen verlange von allen angestellten und kontrahierten Piloten, ihre Verpflichtungen gegenüber den Steuerbehörden zu erfüllen.

Ein Fehler im Strafverfahren ist noch lange kein Fehler im berufsgerichtlichen Verfahren

Der vorliegende Fall zeigt mal wieder deutlich, dass die Weichen im Strafverfahren gestellt werden und das die nachrückenden Verfahren bestenfalls davon profitieren, schlimmstenfalls darunter leiden.

Ein Steuerberater wurde wegen einer Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Dem Urteil lag ein Geständnis zugrunde. Dieses ergab sich aus einer Verfahrensabsprache (Deal). Wie sich herausstellte, war diese Absprache jedoch fehlerhaft und hätte sogar mit einer Revision erfolgreich angegriffen werden können.

Es wurde keine Revision eingelegt.

In dem anschließenden berufsgerichtlichen Verfahren gegen den Steuerberater, wurde die fehlerhafte Absprache thematisiert, mit dem Ziel, dass die Feststellungen aus dem Strafurteil nicht verwendet werden dürfen.

Nach § 109 Abs. 3 Satz 1 StBerG sind für die Entscheidung im berufsgerichtlichen Verfahren die tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren bindend, auf denen die Entscheidung des Gerichts beruht.

Der Sinn dieser Norm besteht darin, einander widersprechende Entscheidungen im strafgerichtlichen und im berufsgerichtlichen Verfahren möglichst zu vermeiden.

Letztendlich musste der BGH entscheiden und dieser entschied sich für die fehlerhafte Absprache und somit für die Verwertung der Feststellung auch in dem berufsgerichtlichen Verfahren.

Demnach lag keine schwerwiegende Verletzung des Transparenzgebots vor, womit sich das Gericht nicht gemäß § 109 Abs. 3 Satz 2 StBerG von den im Strafurteil getroffenen Feststellungen freimachen musste.

Mag der Fehler auch noch so groß gewesen sein.

Es ist also immer bei Pflichtverletzungen von Berufsangehörigen und Beamten nicht nur der Abschluss des Strafverfahrens im Auge zu behalten, sondern unbedingt auch mögliche anschließende berufsbezogene Verfahren und Auswirkungen.

Wer kurzsichtig handelt sieht im Zweifel die Mauer zu spät auf welche er zuläuft.

Das Reverse-Charge-Verfahren und die Umsatzsteuerhinterziehung

Während normalerweise der Leistungserbringer die Umsatzsteuer schuldet, geht bei bestimmten steuerpflichtigen Leistungen die Umsatzsteuerschuld auf den Leistungsempfänger über.

In dem deutschen Umsatzsteuerrecht in § 13b UStG geregelt, umfasste das Reverse Charge-Verfahren bei seiner Einführung im Jahr 2002 nur wenige Anwendungsfälle. Inzwischen nennt § 13b Abs. 2 UStG insgesamt elf Tatbestände.

Das Hauptaugenmerk des § 13b UStG gilt dem Steuerstrafrecht. Ein Unternehmer wird als Mittelsmann tatsächlich oder zum Schein in eine Leistungskette (zum Beispiel der Handel mit Smartphones) eingeschaltet. Er weist Umsatzsteuer in seiner Rechnung aus, führt sie jedoch nicht an das Finanzamt ab. Der Leistungsempfänger erwirbt dagegen einen Vorsteuererstattungsanspruch gegen die Finanzbehörde, den er geltend macht. Anschließend ist der Aussteller der Rechnung bzw. der Leistungserbringer entweder zahlungsunfähig oder taucht unter, ohne seinen Verpflichtungen gegenüber der Finanzbehörde nachzukommen (auch als „Missing-Trader“ bezeichnet). Mit der Umkehr der Steuerschuldnerschaft soll vermieden werden, dass Unternehmen die Umsatzsteuer in Rechnung stellen und dann „untertauchen", ohne die Steuer an das Finanzamt abzuführen. Diese Gefahr entfällt beim Reverse-Charge-Verfahren, denn hier stellt der Leistungserbringer dem Leistungsempfänger, also seinem Kunden, keine Umsatzsteuer in Rechnung. Die Umsatzsteuer wird somit mit der Vorsteuer zusammengezogen. Die wichtigsten Leistungen aus der Praxis des § 13b UStG sind Leistungen durch ausländische Unternehmer, Umsätze, welche unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, Bauleistungen/Gebäudereinigungsleistungen, Schrotthandel, sowie Lieferungen von Mobilfunkgeräten, Tablet Computern und Spielekonsolen sowie von integrierten Schaltkreisen und Metalllieferungen.

So sinnvoll das Verfahren Missbrauchsrisiken eingrenzen kann, so kompliziert kann das Verfahren für den redlichen Unternehmer aus steuerrechtlicher Sicht sein.

So muss zum Beispiel der Unternehmer beachten, dass seine (unter die Sondervorschrift fallende) Leistung richtig bewertet wird, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Umsatzsteuer doppelt abgeführt wird - vom Leistungsempfänger und vom Leistenden.

Dazu kommen dann noch fachliche Ungenauigkeiten des § 13b UStG. Was zum Beispiel genau ein Tablet-PC ist, wurde nicht gesetzlich definiert. Zudem muss, um bei dem Beispiel zu bleiben, beachtet werden, dass die Lieferung von Mobilfunkgeräten, Tablet-PC, Spielekonsolen und integrierten Schaltkreisen nur dann unter die Reverse-Charge-Regelung fällt, wenn die Summe der für die steuerpflichtigen Lieferungen dieser Gegenstände an den unternehmerischen Leistungsempfänger in Rechnung zu stellenden Bemessungsgrundlagen mindestens 5.000 EUR beträgt.

Das Hauptproblem dürfte, für den Fiskus sowie für den redlichen Unternehmer, in dem Konstrukt der Ausnahmeregelung liegen. Für den Unternehmer ist es schwer jegliche Sonderreglungen zu bedenken und der Fiskus bzw. Gesetzgeber kann eben nur Ausnahmen regeln und steuerstrafrechtlich schützen. Im Zweifel kann er nur nachbessern. Nach dem Bekanntwerden von millionenschwerem Betrug mit Schrott wurde das Problem durch den Gesetzgeber gelöst. Danach wurden Systeme ins Leben gerufen, welche auf Kupferstäube oder andere wertvolle Metalle beruhten. Wird der „Umsatzsteuerbetrug“ mit Handys unterbunden bzw. genauer geregelt, kann man auf Handyteile ausweichen. 

 

Das Kapitalmarktstrafrecht. Der Exot im Wirtschaftsstrafrecht.

Unzweifelhaft hat man es als Exot unter Exoten nicht leicht. Um dies näher zu erläutern stellen Sie sich bitte vor, dass Sie eine Krankheit (nennen wir die Krankheit: Ermittlungsverfahren) haben und es sich herausstellt, dass Ihr individuelles Krankheitsbild nicht nur sehr selten ist, sondern in einer Form vorkommt, welche nur absolute Spezialisten bis dahin gesehen und behandelt haben.

Dann sind wir im Kapitalmarkstrafrecht.

Infolge der Finanzmarktkrise haben der nationale und der europäische Gesetzgeber eine Flut neuer und komplizierter Vorschriften geschaffen. Ein kaum überschaubarer „Verweisungs- und Normendschungel“ hat sich gebildet und man kann sich durchaus fragen, wie denn der einfache Mandant noch wissen soll, ob seine Handlung zum Beispiel unter § 20a WpHG fällt, wenn schon die meisten Juristen kaum mehr einen Überblick haben. Schnell ist man bei der Prüfung des Verbotsirrtums (Der Verbotsirrtum ist ein Irrtum des Täters über die Widerrechtlichkeit seiner Handlung).

Die komplexe Materie des Kapitalmarktstrafrechts unterliegt einer rasanten Dynamik wie kaum ein anderes Rechtsgebiet und gewinnt nicht nur in der Berichterstattung der Presse (so zum Beispiel der Fall „Porsche-VW“ und der Fall „Schutzgemeinschaft der Kleinanleger/SdK“) an Bedeutung.

Dies gilt sowohl für die öffentliche Wahrnehmung als auch für die juristische Fachwelt. Die Medienberichterstattung sowie der Gesetzgeber sind beschäftigter als je zuvor. Innerhalb des WpHG und der Arbeit der BaFin und Staatsanwaltschaft steigen die Untersuchungen und Ermittlungen jedes Jahr konstant an.

Im Vergleich zu dem „normalen Strafrecht“ gilt das Kapitalmarktstrafrecht freilich noch als absoluter Exot.

So werden pro Jahr circa 880.000 Ermittlungsverfahren wegen Betrugsverdachts (§ 263 StGB) eingeleitet, hinsichtlich der Marktmanipulation (§ 20a WpHG) hingegen nur circa 150 Ermittlungsverfahren. Die BaFin leitete im Jahr 2015, 256 Marktmanipulationsuntersuchungen ein, von welchen dann 160 Vorgänge tatsächlich an die Staatsanwaltschaft abgegeben wurden.

Schaut man sich jedoch die Zahlen innerhalb des Kapitalmarkstrafrechts an, kann man eine enorme Steigerung feststellen.

Von den an die Staatsanwaltschaft weitergeleiteten Verfahren wurde zum Beispiel im Jahr 2003 kein einziges Verfahren durch die Staatsanwaltschaft oder eine gerichtliche Entscheidung im Strafverfahren und ein Vorgang im Bußgeldverfahren beendet, im Jahr 2004 wurden sieben Verfahren durch die Staatsanwaltschaft sanktionslos eingestellt, jeweils ein Verfahren wurde im Strafverfahren mit Strafbefehl bzw. nach Hauptverhandlung rechtskräftig entschieden.

Die wichtigsten Gebiete des Kapitalmarktstrafrechts sind das Insiderstrafrecht sowie das Verbot der Marktmanipulation.

Die Kernbestimmungen des Insiderstrafrechts bilden die Insiderhandelsverbote des § 14 WpHG. Das Gesetz unterscheidet drei Tatvarianten: den Erwerb bzw. die Veräußerung eines Insiderpapiers unter Verwendung einer Insiderinformation (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WpHG), die unbefugte Mitteilung oder das unbefugte Zugänglichmachen einer Insiderinformation (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 WpHG) und die auf einen Erwerb oder eine Veräußerung eines Insiderpapiers gerichtete Empfehlung oder sonstige Verleitung dazu (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 WpHG).

Beispiele der verbotenen Marktmanipulation sind: Veröffentlichung unzutreffender oder Unterlassen gebotener Ad-hoc-Mitteilungen; Veröffentlichung unrichtiger Halbjahreszahlen durch ein Vorstandsmitglied einer börsennotierten Aktiengesellschaft sowie Kaufempfehlung für eine Aktie an Investmentfonds durch einen Berater, der die Aktie zuvor erworben hatte und Verkauf nach hierauf verursachter Kurssteigerung (sogenanntes „Scalping“).

Hinsichtlich der tatsächlichen Handelsaktivitäten (Orders, Geschäfte) kommen abgesprochene Geschäfte sowie „Wash-Sales“ in Betracht. Die Regelung findet sich im § 20a WpHG Verbot der Marktmanipulation wieder. Es lassen sich im Wesentlichen vier Gruppen herausdeuten: 1. Geschäftliche Handlungen, die den falschen Eindruck einer Handelsaktivität hervorrufen sollen (s. Abs. 1 S. 1 Nr. 2); 2. Manipulationen aufgrund einer zuvor erworbenen Monopolstellung (vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 1 MaKonV, s. Rdn. 33); 3. geschäftliche Handlungen, die durch den Zeitpunkt ihrer Ausführung Kurse beeinflussen sollen (Abs. 1 S. 1 Nr. 2); 4. informationsbezogene Handlungen wie die Verbreitung von falschen Informationen (Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 3).

Alleine dieser kleine Einblick macht deutlich, wie komplex die Materie ist und das weder die Ermittlungsakte dünn sein dürfte, noch der daraus entstehende Disput mit der Strafverfolgungsbehörde und dem Gericht.

Umso schwieriger wird es natürlich für den Mandanten eine qualifizierte Verteidigung „im Notfall“ zu erhalten. Um es unjuristisch auszudrücken: In keinem Fall sollte der Beschuldigte mit Zahnschmerzen zu einem Steinmetz gehen.  

 

Die Geldstrafe in der Insolvenz

Im vorliegenden Beispielfall wurde der Schuldner wegen einer Steuerhinterziehung zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 350 Tagessätze zu je 70 Euro verurteilt.

Nachdem der Schuldner die gesamte Summe gezahlt hatte, stellte er einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Daraufhin focht der Insolvenzverwalter die Zahlung an und forderte die Staatsanwaltschaft zur Rückzahlung auf.

Er bekam Recht.

Die Staatsanwaltschaft musste den Betrag zurückzahlen.

Die Zahlung der Geldstrafe ist eine anfechtbare Rechtshandlung i.S.d. §§ 130, 131 InsO. Nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO sind Geldstrafen als nachrangig zu befriedigende Insolvenzforderungen anzusehen.

Aus dem Strafcharakter einer Geldstrafe ergibt sich kein Vorrang der Vollstreckung von Geldstrafen vor den Regelungen der Insolvenzordnung. Dadurch soll erreicht werden, dass die strafbaren Handlungen des Schuldners diesen persönlich treffen und nicht zulasten der Insolvenzgläubiger gehen sollen. Die Zahlung darf also nicht aus der Insolvenzmasse geleistet werden.

Für den Schuldner kann es dann extrem problematisch werden.

Wenn der Schuldner die gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen kann, kann eine Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet werden. Ein Tagessatz bedeutet ein Tag in Haft.

In dem vorliegenden Fall müsste der Schuldner also fast ein ganzes Jahr in Haft.

Nach § 302 Nr. 2 InsO sind Geldstrafen auch von der Erteilung einer Restschuldbefreiung nicht betroffen.

Der Schuldner muss in einem solchen Fall versuchen Dritte zu finden, welche die Strafe zahlen, eine Umwandlung in gemeinnützige Arbeit erreichen oder eine Ratenzahlung vereinbaren. 

Die zukünftige Prozesskostenhilfe im Strafverfahren

Nun ist es dann doch noch passiert. Es soll tatsächlich eine Prozesskostenhilfe im Strafverfahren geben. Eine Ausnahme gibt es im Moment nur für die Nebenklage im Strafverfahren. Im sonstigen Strafverfahren gibt es im Gegensatz zum Zivil-, Verwaltungs-, Sozialrechts- und Arbeitsrechtsverfahren keine Prozesskostenhilfe.

Im Strafverfahren gibt es bereits jetzt schon die Möglichkeit für den (nicht jeden) Beschuldigten die Beiordnung eines Pflichtverteidigers. Voraussetzungen für die Beiordnung der Pflichtverteidigung wird in § 140 StPO oder gem. § 68 JGG aufgezählt. Die Pflichtverteidigung hat aber nichts mit der finanziellen Lage des Beschuldigten zu tun und wird in fast allen Fällen auch erst ab Anklageerhebung ermöglicht oder wenn der Beschuldigte bereits in der Untersuchungshaft sitzt. Im Falle der Pflichtverteidigung wird der entsprechende Verteidiger dann aus der Staatskasse bezahlt, bei einer Verurteilung wird die Rechnung jedoch dem Verurteilten zugestellt mit der Bitte um Ausgleich.

Geschenkt gibt es also nichts.

Es ist davon auszugehen, dass es bei der Prozesskostenhilfe im Strafverfahren ähnlich ablaufen wird.

So heißt es bereits in der Richtlinie: Die Prozesskostenhilfe sollte die Kosten der Verteidigung von Verdächtigen, von beschuldigten Personen und von gesuchten Personendecken. Bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe sollte es den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten erlaubt sein, Verdächtige, beschuldigte Personen oder gesuchte Personen je nach ihren finanziellen Möglichkeiten zu verpflichten, einen Teil der Kosten selbst zu tragen.

Die neuen Regeln über die Gewährung von Prozesskostenhilfe in Strafverfahren haben mit der Verabschiedung am 13.10.2016 im Ministerrat die letzte Hürde genommen.

Der Erste Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans erklärte dazu: "Jeder, der in ein Strafverfahren verwickelt ist, hat das Recht auf Verteidigung und auf einen bezahlbaren Anwalt.

So soll in Zukunft folgende Prüfung vorgenommen werden: Eine Bedürftigkeitsprüfung (Einkommen und Vermögen des Betroffenen) und/oder einer Begründetheitsprüfung (ob die Prozesskostenhilfe notwendig ist, um angesichts der Fallumstände den Zugang zur Justiz zu garantieren). Prozesskostenhilfe wird spätestens vor einer Befragung insbesondere durch die Polizei bzw. vor bestimmten Ermittlungs- oder Beweiserhebungshandlungen gewährt.

Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie binnen 30 Monaten nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Union in innerstaatliches Recht umsetzen. Die neuen Rechte gelten ab Mai 2019.

Die Restschuldbefreiung und das Strafrecht (Steuerstrafrecht)

Von der Restschuldbefreiung werden grundsätzlich alle persönlichen Schulden umfasst.

Mit der Restschuldbefreiung soll erreicht werden, dass der Schuldner nach Ende der Wohlverhaltensphase (im Regelfall 6 Jahre) von seinen Schulden befreit wird.

Es gibt jedoch Ausnahmen.

Gemäß § 302 InsO werden von der Erteilung der Restschuldbefreiung folgende Schulden nicht berührt:

1.Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

2. Verbindlichkeiten aus rückständigem gesetzlichen Unterhalt, den der Schuldner vorsätzlich pflichtwidrig nicht gewährt hat.

3. Verbindlichkeiten aus einem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist.

4. Geldstrafen, Geldbußen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder sowie solche Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten.

Zudem hat der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Absatz 2 anzumelden.

Der Gläubiger muss bei der Forderungsanmeldung mit konkretem Tatsachenvortrag die vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung plausibel darlegen, damit ein Tabelleneintrag erfolgen kann und der Rechtsgrund der Forderung auch von der Rechtskraftwirkung der Tabelleneintragung erfasst wird.

Ohne Antrag des Insolvenzgläubigers ist das Insolvenzgericht auch bei Vorliegen eines Versagungsgrunds nicht zur Versagung berechtigt.

Hinsichtlich der Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung sind hier insbesondere Betrugsstraftatbestände sowie Beitragspflichtverletzungen ehemaliger Geschäftsführer insolventer Gesellschaften gegenüber den Sozialversicherungsträgern gem. § 266a StGB von praktischer Bedeutung. Zu den Klassikern gehören ebenso Diebstahl, Untreue, Unterschlagung und Körperverletzung.

So verhält es sich auch mit Verbindlichkeiten des Schuldners aus dem Steuerschuldverhältnis, sofern der Schuldner wegen einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder 374 AO rechtskräftig verurteilt worden ist und die entsprechende Forderung von den Steuerbehörden unter Angabe des Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 zur Insolvenztabelle angemeldet wurde.

Es muss also ein rechtskräftiges Urteil vorliegen. Ein ergangener Strafbefehl, gegen den kein Einspruch erhoben worden ist, steht strafprozessual einem rechtskräftigen Urteil gleich.

Bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob diese strafprozessuale Gleichstellung auch für Zwecke des § 302 InsO Anwendung finden soll. Das Finanzamt wird aber im Zweifel davon ausgehen.

Entscheidend ist für den Verteidiger, dass das Insolvenzgericht die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung selbstständig prüfen muss.

Eine Bindung an die Würdigung im Strafurteil/Strafbefehl besteht nicht.

Eine umfassende Strafverteidigung muss also auch in diesem Fall die Scheuklappen abnehmen.

Das vorliegende Themengebiet ist ein klassisches Beispiel dafür, wie schon in dem Strafverfahren die Weichen (insbesondere aus finanzieller Sicht) gestellt werden können.

Es bringt dem Mandanten nichts, wenn er durch das Strafverfahren geleitet wird, mit der Hoffnung beseelt, dass die Strafe oder offene Forderungen aus dem Strafverfahren, komme was wolle, dann schon durch die Insolvenz wettzumachen sei.

Wash-Sales im Wirtschaftsstrafrecht und Steuerrecht. Ein kurzer Einblick.

Wash-Sales hört sich zunächst nach Geldwäsche an der Börse an. Dabei haben diese Transaktionen nur entfernt etwas mit der Geldwäsche zu tun, da vom Prinzip her derselbe Betrag eingezahlt und ausgezahlt wird, die Idee dahinter aber nichts mit einer normalen Transaktion zu tun hat.

Wash-Sales sind sogenannte Scheintransaktionen wobei Aktien (nicht sehr selten Pennystocks) zunächst verkauft werden und dann innerhalb weniger Sekunden wieder gekauft werden. Meistens erhoffen sich die Verkäufer dadurch einen (legalen) steuerrechtlichen Vorteil.

Womit man auch schon beim Kernproblem ist. Es ist schwer zu unterscheiden ob der Verkäufer nur eine unbedenkliche steuerliche Gestaltung oder tatsächlich eine verbotene Manipulation vornehmen wollte.

Wenn der Kurs eines Wertpapiers im Portfolio hinreichend tief gesunken ist, kann man es verkaufen (realisiert somit Kursverluste) und kauft es dann wieder zurück. Der Verlust kann mit dem Gewinn aufgerechnet werden und mindert dadurch die Steuerabzüge des Anlegers.

Der Verkäufer glaubt also nicht an einen steigenden Kurs, will aber noch das Beste (steuerrechtlich) herausholen.

Diese Sell und Buyback-Transaktion  ist aber zumindest steuerrechtlich unter Berücksichtigung von  Transaktionskosten und einer nur  eingeschränkten steuerlichen Geltendmachung von Kursverlusten  in  aller Regel nicht empfehlenswert.

Zudem geht die Finanzverwaltung regelmäßig von einem Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten in den Fällen von Wash-Sales aus.

Die Finanzverwaltung stützt sich dabei auf die Rechtsprechung des BFH, wonach Verkauf- und Rückkaufgeschäfte „ohne jeden wirtschaftlich vernünftigen Grund - von der Absicht der Steuerersparnis abgesehen - kurz vor Schluss des Wirtschaftsjahres”, bei denen Wirtschaftsgüter „nur auf dem Papier und praktisch ohne jedes Risiko zwischen denselben Beteiligten hin- und hergeschoben werden”, als missbräuchlich anzusehen seien.

Ein weiterer Knackpunkt ist die wirtschaftsstrafrechtliche Betrachtung der Wash-Sales gemäß § 20a Wertpapierhandelsgesetz. Eine Empfehlung und genauere Definition bietet § 3 Abs. 1 Nr. 3 MaKonV.

Dieser bezieht sich auf Geschäfte, welche, wirtschaftlich betrachtet, für die daran beteiligten Handelspartner keine Bedeutung haben. Dadurch kann es zu künstlichen, nicht der Marktlage entsprechenden Kursen kommen. Nach übereinstimmender Auffassung sind unter Nr. 3 die sogenannten Wash-Sales, die Improper-Matched-Orders und die Circular-Orders zu subsumieren.

In den oben genannten Fall, wenn Verkäufer und Käufer dieselbe Person ist, spricht man auch von Cross-Trades.

Es besteht dann zumindest der Verdacht der verbotenen Marktmanipulation, da das irreführende Signal gegeben wird, dass das entstehende Geschäft das Ergebnis einer marktmäßigen Zusammenführung von unabhängigem Angebot und Nachfrage ist. Dies soll aber im Fall eines Cross-Trades oder auch Wash-Sale eben nicht gegeben sein, da diese nicht von unabhängig agierenden Anlegern erteilt werden.

Schnell ist man also im strafbaren Bereich.

Um hier schon objektiv keinen Fehler zu begehen und in die Nähe einer Strafbarkeit zu gelangen, müsste bei einem Cross-Trade auf der Grundlage der Börsengeschäftsbedingungen eine entsprechende Kennzeichnung erfolgen und dadurch der Markt informiert werden (zum Beispiel durch einen sogenannten Cross-Request).

Sollte man dies nicht getan haben und die BaFin bzw. die Staatsanwaltschaft schreibt auf einmal einen netten Brief, muss man verständlich machen können, dass man nicht vorsätzlich (es reicht bedingter Vorsatz aus!) eine Marktmanipulation begehen wollte. Man muss also ausschließen können, dass man noch nicht einmal in Betracht gezogen hat, dass in den Preisfindungsprozess an der Börse eingegriffen wird.

Und jetzt der Haken: Die Staatsanwaltschaft muss es einem glauben.

 

Eheleute im Steuerstrafverfahren. In guten wie in schlechten Zeiten?

Immer wieder kommt es vor, dass ein neuer Mandant in der ersten Besprechung ausführlich von seiner steuerstrafrechtlichen Vergangenheit erzählt. Nachdem (vermeintlich) alle Informationen auf dem Tisch liegen, kommt meistens eine (für den Mandanten) unerwartete aber sehr wichtige Frage:

 

Sind oder waren Sie zu diesem Zeitpunkt verheiratet?

 

Kann diese Frage mit „Ja“ beantwortet werden, folgen weitere Fragen:

 

Werden Sie zusammenveranlagt? Bekommt zufällig Ihre Frau oder Ihr Mann dieselben Schreiben von der Bußgeld- und Strafsachenstelle/Steuerfahndung?

 

Mittäter oder Teilnehmer einer Steuerhinterziehung ist nicht, wer sich als Ehegatte darauf beschränkt, die gemeinsame Einkommensteuerklärung zu unterschreiben, in der der andere Ehegatte unrichtige oder unvollständige Angaben über eigene Einkünfte macht. Durch die bloße Unterschrift lässt sich also nicht folgern, dass alle Angaben auch von beiden Ehegatten mitgetragen werden.  Vielmehr beschränkt sich der Erklärungsgehalt der Unterschrift auf die Tatsachen, die den jeweiligen Ehegatten betreffen.

 

Grund  dafür  ist,  dass  der  Grundsatz  der  Individualbesteuerung der Eheleute durch die Möglichkeit der Zusammenveranlagung nach §§ 26, 26b EStG nicht aufgehoben wird.

 

Bezieht sich die Einkommensteuererklärung hingegen auf solche Besteuerungsmerkmale, die (z.B. Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen) beide Ehegatten betreffen, so beziehen sich auch ihre Erklärungen auf diese Merkmale.

 

Sollte aber der andere Ehegatte mehr als nur eine Unterschrift leisten, also einen tatsächlichen Beiträge leisten, unterstützt er den anderen Ehegatten aktiv bei seiner Tat falsche Angaben zu machen und nimmt an der Steuerhinterziehung teil.

 

So zum Beispiel, wenn der eine Ehegatte den anderen Ehegatten berät und unterstützt wie man dessen Geld in Luxemburg „anlegen“ kann, damit das Finanzamt in Deutschland nichts davon erfährt.  

 

Somit hat der beratende Ehegatte immer noch nicht eigene falsche Angaben über seine eigenen Einkünfte gemacht (oder pflichtwidrig nicht gemacht), wurde aber Gehilfe des anderen Ehegatten.

 

Er leistet zu der verwirklichten Steuerhinterziehung Beihilfe in Form von psychischer Beihilfe.  Beihilfe gemäß § 27 StGB  leistet jeder, der vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener Tat Hilfe geleistet.

 

Dieser Punkt ist nicht nur im Steuerstrafverfahren wichtig (wer bekommt für seine eigene Schuld welche Strafe), in dem steuerrechtlichen Verfahren findet sich das Problem in der  Haftungsinanspruchnahme des § 71 AO wieder (wer muss was nachzahlen).

 

Voraussetzung nach § 71 AO ist, dass der Ehegatte selbst eine Steuerhinterziehung begangen hat oder Teilnehmer an  einer fremden rechtswidrigen Steuerhinterziehung war.

 

In der Praxis sind oft die Mandanten überrascht, wenn es eben nicht damit getan ist, dass der „Haupttäter“ einfach die Schuld auf sich nehmen möchte. Die Schuld muss und wird individuell festgestellt und kann nicht einfach übertragen werden.

 

Ein Verteidiger kann auch nicht zwei Beschuldigte gleichzeitig verteidigen (Verbot der Mehrfachverteidigung).

 

Daher sollte sich jeder Ehegatte unbedingt einen eigenen Verteidiger suchen und nicht darauf hoffen, dass seine Ansicht geteilt wird, dass der andere Ehegatte es „verbockt“ hat und daher ihm selbst nichts passieren wird. Oft ist schon mit dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren gegen beide Ehegatten zu viel passiert.

 

Eine Trotzreaktion ist auf keinen Fall die beste Verteidigung.

 

Die Panama Papers und der Offshore-Trick

Zunächst muss festgehalten werden, dass es sich hier nicht um ein neues Phänomen handelt und nun allgemeine Verwunderung angebracht ist. Die Dimension der offenliegenden Daten ist nur eine neue. Das System und die zahlreichen (kleineren) Vorfälle gibt es seit vielen Jahren.

Offshore-Gesellschaften sind an sich nicht verboten. Es hört sich zudem sehr international an. Sollte es sich aber um eine zumindest zweifelhafte Gründung handeln, hört es sich schon nicht mehr so toll an: Briefkastenfirma auf Malta.

Eine Offshorefirma ist zumeist eine Kapitalgesellschaft, deren Sitz auf einer kleinen Insel liegt. Inzwischen werden auch einige Gebiete auf dem Festland als „offshore“ gezählt. Es handelt sich um Staaten / Stadtstaaten, die eine eigene Gesetzeshoheit haben und sich selbst erlauben, Unternehmen niedrige Steuern bzw. administrative Erleichterungen zu gewähren. Bekannte Beispiele sind Belize, British Virgin Islands oder auch Zypern und Malta.

Der Reiz an einer solchen Gesellschaft ist die Anonymität und die vermeintliche Steuerersparnis.

So bestehen zum Beispiel die Staatseinnahmen der Cayman-Inseln im Wesentlichen aus den Verwaltungsgebühren für die Registrierung der Firmen. Die meisten Firmen zahlen keine Steuern auf ihre Einnahmen, ihren Gewinn oder ihre Kapitalerträge, solange sie ihre Haupttätigkeit im Ausland ausüben.

Eine Kanzlei, welche für die Gründung einer Gesellschaft in Panama wirbt, beschreibt dies wie folgt: „Panama gilt als beliebter Standort für Offshore-Unternehmen, die interessante Steuervorteile realisieren wollen.“

Die Gründung kostet 1.500 Dollar und die jährlichen Kosten belaufen sich auf 1.200 Dollar.

Interessant dürften jetzt vor allem die Strafverfahren und Steuernachzahlung werden.

Zu dem vermeintlichen Vorteil der Steuerersparnis kann auf § 1 Abs. 1 S. 1 KStG verwiesen werden. Demnach sind an einem Offshorestandort gegründete und registrierte Gesellschaften in Deutschland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie die Geschäftsleitung im deutschen Inland haben, selbst wenn der Gesellschaftssitz im Ausland registriert wurde. So ähnlich läuft es auch bei Zweigstellen oder Tochtergesellschaften. Nur wenn die Auslandsgesellschaft über ausreichend Substanz verfügt, ist diese Gewinnverlagerung zulässig. Ansonsten gilt die Muttergesellschaft als Betriebsstätte und Sitz der Besteuerung. Wenn dann das Finanzamt anklopft und sämtliche Informationen haben möchte, damit eine Nachversteuerung gewährleistet werden kann, kann es sehr pikant werden.

Offshoregesellschaften haben häufig gar keine oder nur eine lückenhafte Buchführung (siehe „Vorteil“ Anonymität). Die Anforderungen an den Offshore-Standorten sind meistens sehr niedrig. Damit sind die Türen für eine Schätzung geöffnet und diese wird im Zweifel schmerzen, ganz zu schweigen von dem anstehenden bzw. laufenden Steuerstrafverfahren.

Hinsichtlich der Anonymität sind der OECD Common Reporting Standard (CRS), als auch das OECD Projekt BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) zu nennen. CRS ist zum Beispiel eine technologische und organisatorische Plattform zum weltweit automatischen, jährlichen Informationsaustausch von Kontodaten (Bank zu Finanzamt). Bislang haben sich etwa 100 Länder dazu verpflichtet dem neuen Standard zu folgen. Selbst die Schweiz hat am 14.05.2014 die Erklärung der OECD-Minister zum automatischen Informationsaustausch unterzeichnet.

Steuerpflichtige von Ländern, welche CRS einführen, müssen sich damit abfinden, dass ihre Steuerdaten zwischen unterschiedlichen Jurisdiktionen ausgetauscht werden. CRS wird erstmalig mit dem Meldezeitraum 2016 beginnen. Einige CRS-Teilnehmerstaaten beginnen jedoch erst mit dem Meldejahr 2017. Das Zauberwort für den vermeintlich anonymen Steuersparer lautet: Selbstanzeige.

Um nun noch auf die Panama Papers zu sprechen zu kommen. Hier handelt es sich um ein ganz „normales Offshore Geflecht und Konzept“ bzw. einzelne prominente Fällte daraus, welches nun nicht mehr anonym ist.

Nicht mehr und nicht weniger.

Um legal und tatsächlich vorteilhaft eine Offshore-Gesellschaft betreiben zu können, sollte entweder der „Lebensstandort“ gewechselt und/oder eine Gesellschaft in einem Offshore-Sitzstaat aus einem tatsächliches Unternehmen mit Substanz, also mit Geschäftsräumen, mit Mitarbeitern und mit einem lokalen Geschäftsführer gegründet und betrieben werden.

Ansonsten kann aus dem vermeintlichen „Offshore-Trick“ ganz schnell ein zauberhafter Reinfall werden.

 

Untersuchungshaft- Unschuldig 23 Stunden am Tag in einer Zelle

Eben noch in Freiheit und nur Stunden später stehen einem maximal 9 qm zur Verfügung.

Der Beschuldigte ist nicht rechtskräftig verurteilt! Seine Schuld ist nicht bewiesen. Er könnte also ebenso noch freigesprochen werden und damit als unschuldig gelten.

Die Untersuchungshaft kann aus den unterschiedlichsten Situationen heraus angeordnet werden. Der drastische Lebenseinschnitt ist jedoch meistens der gleiche.

Mehr als 25 % der Untersuchungshäftlinge sind im Schnitt über sechs Monate in der Untersuchungshaft.

Pro Jahr befinden sich circa 11.000 Männer und 650 Frauen in der Untersuchungshaft.

Zunächst beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen Ermittlungsrichter einen Haftbefehl, wenn sie den Beschuldigten für dringend tatverdächtig hält, ein Haftgrund besteht und der Haftbefehl im Hinblick auf den Tatvorwurf nicht unverhältnismäßig ist, die Sicherung des Verfahrens also nicht durch andere, weniger einschneidende Mittel erreicht werden kann.

Haftgründe können sein: Fluchtgefahr, Verdunkelungsgefahr, Verdacht der Schwerkriminalität oder Wiederholungsgefahr.

Die Fluchtgefahr wird meistens schon angenommen, wenn man keinen Wohnsitz (egal ob man seit Jahren an dem selben Ort wohnt) und vielleicht noch Auslandskontakte hat. Sollte der Beschuldigte Ausländer sein, wird die Fluchtgefahr so gut wie immer anzunehmen sein bzw. angenommen werden.

Verdunkelungsgefahr bedeutet, dass bei einem Beschuldigten die begründete Gefahr besteht, zum Beispiel Zeugen zu beeinflussen oder Beweismittel zu vernichten.

Der Verdacht der Schwerkriminalität sowie die Wiederholungsgefahr erklären sich von selbst.

Gegen die Untersuchungshaft gibt es die Rechtsbehelfe der Haftprüfung und Haftbeschwerde. Welches Rechtsmittel gewählt wird, sollte genau überlegt werden und hängt nicht selten mit dem entscheidenden Richter zusammen. Die Möglichkeiten sind vielfältig und die Vorbereitung muss dementsprechend gut sein.

Mit Vollzug der Untersuchungshaft liegt ein Fall einer notwendigen Verteidigung vor. Sollte der Beschuldigte nach Aufforderung keinen Verteidiger benennen, wird das Gericht einen solchen aussuchen, was in Hinblick auf das notwendige Vertrauensverhältnis vermieden werden sollte.

Der Kontakt mit dem Verteidiger muss uneingeschränkt gewährleistet sein. Es gibt keine Kontrollen. Der Kontakt mit Angehörigen wird hingegen streng überwacht und verfolgt.

Der Verteidiger kann jeder Zeit den Beschuldigten besuchen. Angehörige haben nur eine begrenzte Besuchserlaubnis. Wenn man einen Untersuchungsinhaftierten besuchen will, muss man bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht eine Besuchserlaubnis (sogenannter Sprechschein) einholen.

Es ist im Einzelfall möglich, eine Dauerbesuchserlaubnis zu erhalten.

Normalerweise beträgt die Besuchszeit nur eine bis zwei Stunden im Monat.

Um einem Gefangenen ein Paket zu schicken, benötigt man in der Regel eine spezielle Paketmarke, die der Angehöriger von der JVA bekommt. Hier sollte man sich einfach bei der jeweiligen JVA informieren, welches Höchstgewicht die Pakete haben dürfen und welcher Inhalt erlaubt ist.

Für den Gefangenen darf man im Übrigen nichts mitbringen. Dafür besteht in den meisten Justizvollzugsanstalten die Möglichkeit, in den Besuchsräumen Getränke, Süßigkeiten oder Zigaretten an einem Automaten zu erwerben.

Telefonate mit den Angehörigen dürfen nur mit richterlicher Genehmigung geführt werden.

Im Gefängnis gibt es die Möglichkeit Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen. Diese werden vom Hausgeld bezahlt welches auf ein gesondertes Konto der JVA eingezahlt werden muss. Die nötigen Informationen findet man auf der jeweiligen Internetseite der JVA.

Der Beschuldigte bleibt normalerweise (sollten Haftbeschwerde und/ oder Haftprüfung erfolglos sein) das gesamte Verfahren durch alle Instanzen in der Untersuchungshaft.

Wird der Beschuldigte zu einer Haftstrafe verurteilt, erfolgt eine Anrechnung der bereits „abgesessenen“ Untersuchungshaft.

Bei einem Freispruch hat der Angeklagte einen Anspruch auf eine Haftentschädigung. Sie ist im Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) geregelt und beläuft sich normalerweise auf 25 Euro für jeden angefangenen Tag in der Untersuchungshaft.

Die Freiheit einer Person hat also einen Preis. 25 Euro pro Tag.

 

Beitragsvorenthaltung vs. Mindestlohnunterschreitung

266a StGB und kein Ende.

Sollte man ein Problem hinsichtlich § 266a StGB bekommen, so kann man sich meistens auf weitere Probleme einstellen. § 266a StGB tritt nur ungern alleine auf und fühlt sich am wohlsten in der Gruppe. Maßgeblich kommen die § 111 SGB IV, §§ 15 bis 16 AÜG, §§ 95, 98 AufenthG, §§ 8 bis 11 SchwarzArbG in Betracht.

Wird zum Beispiel der Mindestlohn unterschritten (§§ 8, 23 Abs. Nr. 1 AEntG), werden auch automatisch zu geringe Sozialabgaben geleistet (§ 266a StGB). Die Unterschreitung des Mindestlohns ist eine Ordnungswidrigkeit.

Die Sozialabgaben fallen unter eine Strafvorschrift. Nun liegt also eine Handlung vor aber zwei „Strafvorschriften“. Normalerweise ist das auch kein Problem, da grundsätzlich mit rechtskräftiger Beendigung eines Strafverfahrens (hier hinsichtlich § 266a StGB) der sogenannte Strafklageverbrauch eintritt.

Das bedeutet, dass wegen des gleichen Sachverhalts nicht noch einmal bestraft werden kann. Eine Bestrafung nach den §§ 8, 23 Abs. Nr. 1 AEntG würde also entfallen.

Hier bedarf es schon eines qualifizierten Beraters der die Ausnahme kennt. Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht (BGH, Urteil v. 15.03.2015, 5 StR 288/11), dass § 266a StGB die Nichtzahlung von Sozialabgaben sanktionieren will, die Mindestlohnunterschreitung hingegen die Nichtzahlung des Lohns.

Es liegen also unterschiedliche Pflichtverstöße und Handlungen gegenüber verschiedenen Gläubigern vor. Im Ergebnis ist deshalb ein Bußgeldverfahren wegen Mindestlohnunterschreitung neben dem Strafverfahren möglich. Es kommt in der Praxis relativ häufig vor, dass das Strafverfahren, gegen eine Zahlung einer Auflage, eingestellt wird und der Mandant sich eigentlich in Sicherheit wiegen könnte da ein Verfahrenshindernis mit der Zahlung eintritt.

Dieses Hindernis gilt in dem vorliegenden Fall jedoch nur für das Strafverfahren und nicht für das Ordnungswidrigkeitenverfahren.

 

Wenn der Betriebsprüfer zweimal klingelt – Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens

Eine Betriebsprüfung ist zunächst einmal nichts Außergewöhnliches.

 

Die allgemeine steuerliche Außenprüfung (auch Betriebsprüfung genannt) findet außerhalb der Räumlichkeiten des Finanzamtes statt, überwiegend vor Ort bei den betroffenen Unternehmen.

 

Je nach Größe des Unternehmens findet eine Betriebsprüfung regelmäßig statt.

 

Im Schnitt ist der Betriebsprüfer bei Großbetrieben alle vier Jahre, bei Mittelbetrieben alle 14 Jahre, bei Kleinbetrieben alle 26 Jahre und bei Kleinstbetrieben alle 92 Jahre, so eine Statistik des Bundesfinanzministeriums für das Jahr 2009.

 

Nach der schriftlichen Prüfungsanordnung geht es auch schon los.

 

Während einer laufenden Betriebsprüfung auf Veranlassung der Betriebsprüfer jederzeit ein Steuerstrafverfahren wegen einer vermuteten Steuerhinterziehung eröffnet werden kann.

 

Sollte der Betriebsprüfer also einen Anfangsverdacht hinsichtlich einer Steuerstraftat haben (gilt auch hinsichtlich Dritter), wird der Betriebsprüfer nach § 10 BpO verpflichtet, die für die Steuerstraftat zuständige Stelle (die Straf- und Bußgeldsachenstelle oder die Steuerfahndung) unverzüglich zu unterrichten, die Betriebsprüfung zu unterbrechen und den Geprüften zu belehren!

 

Diese drei Punkte sind sehr wichtig und werden in der Praxis nicht unregelmäßig falsch ausgeführt.

 

Die Unterbrechung ist nur ein Indiz dafür, dass wahrscheinlich etwas nicht stimmt. Die Belehrung ist hingegen ein absolutes Muss. Der Steuerpflichtige ist vom Betriebsprüfer darüber zu belehren, dass er hinsichtlich der Ergebnisse der Betriebsprüfung, die auch für Zwecke des Strafverfahrens verwendet werden können, nicht mehr zur Mitwirkung verpflichtet ist.

 

An dieser Stelle wird es kompliziert. Es besteht die Besonderheit, dass nun ein steuerrechtliches Verfahren läuft und ein strafrechtliches Verfahren angelaufen ist. Strafrechtlich hat der Beschuldigte das Recht zum Schweigen haben, während er steuerrechtlich zur Mitwirkung verpflichtet ist.

 

Das „strafrechtliche Schweigen“ darf im Strafrecht niemals negativ für den Beschuldigten ausgelegt werden. Das „steuerrechtliche Schweigen“ hingegen berechtigt den Betriebsprüfer beispielsweise zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 162 Abs. 2 AO da der Geprüfte seine Mitwirkungspflicht verletzt hat.

 

Ein Zugeständnis an die strafprozessuale Selbstbelastungsfreiheit erfolgt aus dem Steuerrecht heraus allein dahingehend, dass die steuerlichen Mitwirkungspflichten nach Einleitung des Strafverfahrens nicht mehr mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden dürfen. Freilich keine ausreichende Hilfe.

 

Die mögliche Bestrafung eines Bürgers war dem Gesetzgeber nicht so wichtig wie das steuerrechtliche Mehrergebnis. Dieses muss wohl in jedem Fall möglich sein. Koste es was es wolle.

Der Beschuldigte muss sich also entscheiden, ob er lieber die Schätzung durch die Betriebsprüfung vermeiden will und Mitwirkt oder ob er schweigt und somit eventuell eine negative Auswirkung in dem Steuerstrafverfahren vermeiden zu können.

 

Ob nun eine Schätzung Nachteile oder Vorteile mit sich bringt und wie sich diese Entscheidung auf das Strafverfahren auswirkt, kann nur ein hochqualifizierter Berater prüfen und somit dem Beschuldigten bestmöglich helfen.

 

Die Kurs- und Markpreismanipulation (§ 20 a WpHG) aus strafrechtlicher Sicht. Ein kurzer Überblick.

Neben dem durch die §§ 12 ff. WpHG geregelten Insiderhandel stellt die Kurs- und Markpreismanipulation die zweite Fallgruppe unlauteren Verhaltens auf den Kapitalmärkten dar.

Durch § 20 a WpHG soll die Funktionsfähigkeit der überwachten Märkte für Finanzinstrumente geschützt werden, indem das Vertrauen der Anleger auf eine marktgerechte, nicht manipulierte Preisbildung durch die Verbote des Abs. 1 gestärkt wird.

Beachtenswert ist, dass 20a WpHG in Verbindung mit den §§ 38 und 39 WpHG jeweils einen Straftatbestand und einen Bußgeldtatbestand ergeben kann. Für die Verwirklichung des Straftatbestandes muss es zu einem Manipulationserfolg gekommen sein, für die Bußgeldtatbestände reicht die Gefährdung des geschützten Rechtsguts aus.

Es lassen sich vier mögliche strafbare Handlungen herausdeuten.

1. Geschäftliche Handlungen, die den falschen Eindruck einer Handelsaktivität hervorrufen sollen.

2. Manipulationen aufgrund einer zuvor erworbenen Monopolstellung.

3. Geschäftliche Handlungen, die durch den Zeitpunkt ihrer Ausführung Kurse beeinflussen sollen.

4. Informationsbezogene Handlungen wie die Verbreitung von falschen Informationen.

Das Verbot der Marktmanipulation gilt für Finanzinstrumente nach § 2 Abs. 2 b WpHG, Waren nach § 2 Abs. 2 c  WpHG und Emissionsberechtigungen gemäß § 3 Nummer 3 Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz sowie ausländische Zahlungsmittel nach § 51 BörsG.

Abs. 1 Nr. 1 verbietet die Marktmanipulation durch unrichtige oder irreführende Angaben über bestimmte Umstände oder durch das Verschweigen solcher Angaben entgegen einer bestehenden Verpflichtung. Auch das Ausstreuen von Gerüchten kann eine „Angabe über Umstände“ sein.

Abs. 1 Nr. 2 soll vor Geschäften schützen, die nicht zum Zweck der Kapitalanlage vorgenommen werden, sondern nur wegen ihrer Wirkung auf den Kapitalmarkt.

Dadurch, dass diese Geschäfte gar nicht als solche gewollt sind, täuschen sie, sofern sie nicht offen gelegt werden, über die wirklich bestehende Geschäftslage am Markt.

Hier wird zwischen fiktiven Transaktionen und effektiven Transaktionen (zum Beispiel in Form von Leerverkäufen oder nach Art „marking the close“) unterschieden.

Demnach reicht es aus, wenn das Geschäft geeignet ist, irreführende Signale zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen. Es muss also nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die irreführende Wirkung möglich sein.

Es besteht also die Möglichkeit, der falschen Deutung durch andere Marktteilnehmer und somit ein Verbot, welches subjektiv durch Dritte bestimmt werden kann.

§ 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG stellt mit dem Verbot sonstiger Täuschungshandlungen den Auffangtatbestand dar. Verboten ist danach die Vornahme sonstiger Täuschungshandlungen, die geeignet sind, auf den Preis eines Finanzinstruments im Inland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums, einzuwirken.

Eine sehr unbestimmte Regelung. Da hilft es auch nicht, wenn der Begriff der sonstigen Täuschungshandlung in § 4 MaKonV konkretisiert wird.

Hauptaugenmerk ist und bleibt: Eine Absicht der Preisbeeinflussung ist grundsätzlich nicht Voraussetzung einer verbotenen Kurs- oder Marktpreismanipulation.

Freilich muss der Täter vorsätzlich handeln, er muss also wissen bzw. es für möglich halten, dass er „einen Fehler“ begeht.

Eine Manipulationsabsicht oder Bereicherungsabsicht ist jedoch nicht gefordert.

Dies stellt in der Praxis eine erhebliche Problematik in der Beweisbarkeit dar. Man wird ads Gefühl nicht los, dass deswegen ein Straftatbestand so offen und unbestimmt wie möglich ausgeformt wird, frei nach dem Prinzip: Was nicht passt (beweisbar ist), wird passend gemacht.

Aus rechtsstaatlicher Sicht ist es jedoch der falsche Weg, Beweisprobleme einfach dadurch zu lösen, dass man die strafrechtlichen Tatbestandsanforderungen herunterschraubt.

Straflose Ausnahmen finden sich in in dem Absatz 2 (zulässige Marktpraxis) sowie im Absatz 3 (Safe Harbours).

Korruption im Gesundheitswesen und der neue § 299a StGB. Ein kurzer Überblick.

Seitdem der BGH die Anwendbarkeit der §§ 299, 331 ff. StGB auf niedergelassene Ärzte verneint   hat, hat der Gesetzgeber sich zur Einführung zweier neuer Straftatbestände entschieden:

Bestechlichkeit im Gesundheitswesen gemäß § 299a StGB und Bestechung im Gesundheitswesen gemäß § 299b StGB.

Die Tatbestände sind der Struktur des § 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) nachgebildet.

Der Große Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs hatte am 29.03.2012 entschieden, dass Kassenärzte, die von einem Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen, sich nicht strafbar machen.

Durch die Bezugnahme auf nun alle „Angehörigen eines Heilberufes“ geht der Entwurf des § 299a StGB deutlich über die in der Entscheidung des BGH angesprochenen niedergelassenen Ärzte hinaus.

Mit der Neuregelung sollen strafrechtlich, insbesondere Prämienzahlungen von Pharmaunternehmen an Ärzte (sogenanntes Pharmamarketing), mit denen das Verschreibungsverhalten zugunsten eines bestimmten Präparats beeinflusst werden soll, erfasst werden.

Strafbar machen sich Angehörige solcher Heilberufe, wenn sie für sich oder einen Dritten einen  Vorteil als Gegenleistung dafür fordern, sich versprechen lassen oder entgegen nehmen, dass sie bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugen (§  299a  Abs.  1  Nr.  1) oder in sonstiger Weise  seine  Berufsausübungspflichtenverletzen (§ 299a Abs. 1 Nr. 2).  Spiegelbildlich machen sich all jene strafbar, die solchen Personen oder Dritten Vorteile als Gegenleistung für die erwähnten korruptiven Handlungen anbieten, versprechen oder gewähren.

Nach dem Willen des BMJV soll § 299a StGB ein Antragsdelikt sein. Die Strafverfolgung setzt daher  einen Strafantrag oder das Bestehen eines besonderen öffentlichen Interesses voraus. Dies entspricht dem für die Parallelnorm § 299 StGB geltenden Verfahren.

Die bisherigen Sanktionsmöglichkeiten (Wettbewerbsrecht nach § 7 HWG, Berufsrecht gemäß §§ 30 ff. MBO-Ä und dem Sozialrecht gemäß § 128 SGB V sowie Verbandsrecht (Industriekodices)) sollen also auf das Strafrecht ausgeweitet werden.

Problematisch ist vor allem die Unbestimmtheit der (neuen) Normen. Grundsätzlich kann jede Kooperation und Leistungsbeziehung im Gesundheitswesen erfasst werden.

Die Abgrenzung zwischen einer zulässigen wirtschaftlichen Betätigung und einer strafbaren Unrechtsvereinbarung auf dem Gesundheitsmarkt ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

Die „Konkretisierungsarbeit“ muss wohl erst durch die Rechtsprechung erfolgen.

Dies könnte jedoch für so manchen Beschuldigten bedeuten: „Den Ersten beißen die Hunde“.

Es war einmal das „große Ausmaß“ der Steuerhinterziehung in Höhe von 100.000 Euro

Die Steuerhinterziehung, geregelt in § 370 Abgabenordnung, sieht im Regelstrafrahmen Freiheitsstrafe bis 5 Jahren oder Geldstrafe vor.

Gemäß § 370 Abs. 3 Abgabenordnung erhöht sich bei besonders schweren Fällen der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis 10 Jahren.

Wann ein besonders schwerer Fall vorliegt, ist im Gesetz zum Teil beispielhaft aber nicht abschließend aufgezählt.

Ein in der Praxis häufig vorkommender Fall, ist die Hinterziehung in "großem Ausmaß" (Regelbeispiel).

Mit Beschluss vom 15.12.2011 hatte der Bundesgerichtshof den Begriff des "großen Ausmaßes" dahingehend konkretisiert, dass die Wertgrenze bei 100.000 Euro liegt, "wenn der Steuerpflichtige zwar eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) begeht, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt, er dabei aber lediglich steuerpflichtige Einkünfte oder Umsätze verschweigt … und allein dadurch eine Gefährdung des Steueranspruchs herbeiführt" (BGH, Beschl. v. 15.12. 2011 -1 StR 579/11).

Wohingehend die Wertgrenze von 50.000 Euro gegeben war, wenn die Hinterziehung zu einer Erstattung geführt oder zu einer Verrechnung mit anderen Steuerverbindlichkeiten geführt hat.

Das gleiche gilt, wenn Steuerminderungsbeträge geltend gemacht wurden, die zu einer Minderfestsetzung geführt haben.

An dieser Unterteilung hält der BGH nun nicht mehr fest.

Es soll nunmehr von einer einheitlichen Wertgrenze in Höhe von 50.000 Euro ausgegangen werden.

Der Senat zieht einen direkten Vergleich mit dem Regelbeispiel des Betruges. Dieser sieht in dem Herbeiführen eines Vermögensverlusts großen Ausmaßes gemäß § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Variante 1 StGB die Wertgrenze bei 50.000 Euro.

Der BGH stellt zwar klar, dass der Betrug nicht unmittelbar vergleichbar mit der Steuerhinterziehung sei; wohl aber dann doch so ähnlich, dass es für die niedrigere (gemeinsame) Grenze der 50.000 Euro ausreicht.

Das Gesetz unterscheide in § 370 AO nicht zwischen der Gefährdung des Steueranspruchs und dem Eintritt des Vermögensschadens beim Staat. Diese Gleichsetzung findet ihre Rechtfertigung darin, dass die falsche Steuerfestsetzung nahezu immer zu einem Schaden führen wird, weil eine nicht festgesetzte Steuer auch nicht beigetrieben werden kann und darf. Vor diesem Hintergrund zwischen Gefährdungsschaden und eingetretenem Schaden zu differenzieren, sei deshalb nicht gerechtfertigt. Daher sei auch die Verdoppelung des Schwellenwerts bei dem sog. Gefährdungsschaden nicht zu begründen.

Eine einheitliche Wertgrenze von 50.000 EUR, so der Senat, gewährleiste zudem mehr Rechtssicherheit.

Beachtenswert ist die Anmerkung des Senats, dass für den Tatrichter auch bei einer einheitlichen Wertgrenze von 50.000 Euro ausreichend Spielraum verbleiben würde, um in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Besonderheiten des Einzelfalls die Indizwirkung des Regelbeispiels entkräften können.

Ein Regelbeispiel bleibt also ein Regelbeispiel, so dass auch bei der nun geringeren Grenze in Höhe von 50.000 Euro die Ausnahme der Regel vorliegen kann und es somit nicht automatisch zu dem erhöhten Strafrahmen kommen muss.

Schmiergeld für die Achsen. Korruptionsdelikte im Überblick.

Korruption ist der Oberbegriff für Bestechung und Bestechlichkeit, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung oder schlichtweg umgangssprachlich „Schmiergeld“. Bei den früheren Postkutschenfahrten war das sogenannte Schmiergeld eine feste Gebühr. Diese Gebühr wurde für das Schmieren der Achsen verwendet.

In dem deutschen Strafrecht werden Korruptionsdelikte wie folgt erfasst: Die Abgeordnetenbestechung gemäß § 108 e StGB, die Vorteilsannahme gemäß § 331 StGB, die Bestechlichkeit gemäß § 332 StGB, die Vorteilsgewährung gemäß § 333 StGB und die Bestechung gemäß § 334 StGB sowie die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 StGB.

Typische Begleitdelikte von Korruptionsstraftaten sind Betrug (§ 263 StGB), Untreue (§ 266 StGB), Fälschungsdelikte, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Geldwäsche und die Steuerhinterziehung.

Zu den einschlägigen Delikten gehören die Vorteilsnahme gemäß § 331 StGB und die Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 StGB.

Nach § 331 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer als Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt.

Ein Vorteil im Sinne von § 331 Abs. 1 StGB ist jede Leistung des Zuwenden, welche den Amtsträger oder einen Dritten materiell oder immateriell in seiner wirtschaftlich, rechtlichen oder auch nur persönlichen Lage objektiv besser stellt und auf die er keinen rechtlich begründeten Anspruch hat.Vorteile können zum Beispiel Geld- und Sachwerte, Rabatte, Preisgelder, Einladungen zu diversen Events, Urlaubsreisen und die Überlassung eines Leihwagens.

Auch das Fordern, Versprechenlassen und Annehmen eines Vorteils für einen Dritten sind erfasst.

Das wohl wichtigste Merkmal ist die Verknüpfung von Dienstausübung und Vorteilszuwendung durch eine zumindest stillschweigende Unrechtsvereinbarung.

Haarig wird es insbesondere dann, wenn es um die sogenannte „Klimapflege“ geht.

"Klimapflege" ist nicht legaldefiniert, gemeint sind Geschenke oder andere Vorteile für einen Amtsträger, die einem besseren zwischenmenschlichen Verhältnis dienen und allgemeines Wohlwollen von Seiten des Amtsträgers fördern sollen.

Seit der Reform durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz soll die "Klimapflege" nach §§ 331, 333 StGB strafbar sein. Per se kann dies aber nicht immer angenommen werden. Es müssen sämtliche  Umstände des Einzelfalls betrachtet werden und deren Gesamtabwägung zur Annahme einer Unrechtsvereinbarung führen.

Ausgenommen von einer Strafbarkeit sind die Annahme oder die Gewährung von Zuwendungen, welche sozialadäquat sind und den Höflichkeitsregeln des sozialen Miteinanders entsprechen.

Die Grenzen sind fließend.

Ob nun der „Jubiläumswein“ schon unter § 331 StGB fällt oder nicht, kann nur die Gesamtbetrachtung des Einzelfalls ergeben.

Bei Vorteilsannahme kann das Beamtenverhältnis nach § 26 BeamtStG beendet werden.

Der Straftatbestand der Bestechlichkeit gemäß § 332 StGB findet bei rechtswidrigen Diensthandlungen eines Amtsträgers Anwendung. Eine Diensthandlung ist pflichtwidrig, wenn sie gegen Vorschriften verstößt.

Es muss also noch im Gegensatz zu § 331 StGB eine rechtswidrige Diensthandlung hinzukommen.

Die Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (ohne den Amtsträger) wird in den §§ 299 Abs. 1, 300 StGB unter Strafe gestellt.

Strafbar nach § 299 StGB ist nur die Bestechung und Bestechlichkeit von Angestellten und Beauftragten im geschäftlichen Verkehr, nicht aber die selbstständiger Unternehmer.

Der Wettbewerb soll vor Verfälschung und Außerkraftsetzung des echten Leistungswettbewerbs geschützt werden. Es werden also solche Fälle der Bestechung erfasst, welche sich ausschließlich im privaten Sektor des wirtschaftlichen Wettbewerbs abspielen.

Typische Beispiele für Bevorzugungen im Wettbewerb sind die Erteilung von Aufträgen und der Abschluss von Verträgen. Vorteile können zum Beispiel die Gewährung von Darlehen, Rabatten und Gewinnaussichten sein.

Eine unmittelbare strafrechtliche Haftung des betroffenen Unternehmens bleibt außen vor.

Nach § 30 OWIG kann jedoch eine Bestrafung des Unternehmens durch ein Bußgeld erfolgen.

Der Missbrauch auf dem Zweitmarkt für Lebensversicherungen

Das Geschäft der Aufkäufer von gebrauchten Lebensversicherungen und anderen kapitalgebundenen Vermögensanlagen, wie zum Beispiel Rentenversicherungen und Bausparverträgen, ist kein neues Geschäftsmodell.

Da Kapitallebensversicherungen meist eine lange Laufzeit haben, schafft es mehr als die Hälfte der Versicherten nicht, die Beiträge bis zum Ende zu bezahlen. Der Rückkaufswert ist bei Kapitallebensversicherungen, die noch keine 10 Jahre laufen, sehr niedrig und daher die Inhaber der Verträge einen erheblichen Verlust machen würden, besteht die Option, die laufende Versicherung direkt zu verkaufen.

Es entsteht ein Zweitmarkt für Lebensversicherungen.

Der Käufer führt die Beiträge bis zur Fälligkeit fort und streicht am Ende die Ablaufleistung ein.

Der Vertrieb von Altpolicen über geschlossene Fonds dagegen ist mittlerweile eingestellt.

Der Verkauf der Lebensversicherung auf dem Zweitmarkt ist eine gute Alternative zur vorzeitigen Kündigung. Die Möglichkeiten diesen unübersichtlichen Markt zu missbrauchen sind jedoch enorm.

Ein bekanntes Beispiel stellt die S&K Sachwert AG dar. S&K hat die Versicherungen an die Versicherungsgesellschaft zurückgegeben und den Rückkaufswert von der Versicherungsgesellschaft kassiert. Den Verkäufern wurde ein Teil ausgezahlt und der Rest in Raten zurückgeführt (so zumindest der Plan) wobei teilweise die doppelte Höhe in Aussicht gestellt wurde. Sehr oft geht aber wohl „der Rest“ als „verdeckte Provision“ drauf. Es gibt also im Zweifel keinen Rest mehr. Um trotzdem eine Ratenzahlung zu suggerieren, muss ein ein Schneeballsystem implementiert werden.

Die Käufer nehmen das Geld von Neukunden, um die ausstehenden Raten zu bezahlen.

Neben dem damit offensichtlichen Vorwurf des Betruges und der Untreue fristet ein weiterer strafrechtlicher Aspekt ein Schattendasein: § 54 KWG.

Nach § 54 KWG macht sich derjenige strafbar, wer verbotene Geschäfte betreibt.

Hier sind insbesondere Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 gemeint.

Der Tatbestand des Einlagengeschäfts kommt in Betracht, wenn der „Kaufpreis“ erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt werden soll und der vermeintliche Kaufvertrag sich als Angebot für eine Geldanlage darstellt.

Der gewerbsmäßige Ankauf von Lebensversicherungen bedarf daher als Einlagengeschäft gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG der Erlaubnis der BaFin gemäß § 32 Abs. 1 S. 1 KWG, wenn dem Kauf zugrunde liegt, dass die Lebensversicherung gekündigt und der Rückkaufswert realisiert wird (OLG Nürnberg, Beschluss vom 05. Dezember 2014 – 14 W 2263/14).

Aus zivilrichtlicher Sicht kann der Verkäufer gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 32 Abs. 1 KWG Schadensersatz verlangen. Ob dann aber noch „etwas zu holen“ ist, darf bezweifelt werden.

Der Graue Kapitalmarkt und seine Kinder

Der Graue Kapitalmarkt handelt mit Angeboten, welche nicht nur über eine Bank oder über die Börse gehandelt werden und keiner unmittelbaren staatlichen Kontrolle unterliegen.

Dies sind vor allem Kapitalanlagen mit unternehmerischem Risiko, ohne dass der Anleger einen Gesellschafter-Status erhält. Kapitalanlagen, bei denen die Steuerersparnis im Vordergrund steht. Immobilienbeteiligungen, Schiffsbeteiligungen und geschlossene Fonds.

Eine Gemeinsamkeit haben aber fast alle Produkte inne: Die Anlageformen sind keine in Wertpapieren verbriefte Risikokapitalanlagen, sondern vielmehr Genussrechte, welche eine gesellschafterähnliche Stellung mit sich bringen.

Grau ist jedoch nicht die einzige mögliche Färbung des Kapitalmarktes.

Der Weiße Kapitalmarkt umfasst jene Institute, Dienstleister und Versicherungsunternehmen, welche für ihre Tätigkeiten über eine Erlaubnis nach den jeweils einschlägigen Aufsichtsgesetzen (Kreditwesengesetz (KWG), Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG), Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)) verfügen.

Sie unterstehen einer laufenden Aufsicht.

Als Gegenpol besteht der (illegale) Schwarze Kapitalmarkt. Er zeichnet sich dadurch aus, dass  erlaubnispflichtige Geschäfte ohne die erforderliche Erlaubnis ausgeübt werden.

Auf dem Grauen Kapitalmarkt werden Werte emittiert und mitunter gehandelt, die nicht auf dem organisierten Kapitalmarkt (Weißer Kapitalmarkt) wie dem Börsenhandel zu finden sind.

So kann es durchaus vorkommen, dass ein Verbraucher einen „Sparplan mit Immobilien“ unterzeichnet und erst bei einem Anwalt erfährt, dass dies eben kein „Bausparplan“ ist, sondern ein geschlossener Fond.

Ein geschlossener Fond kann aber im Zweifel, gerade für Kleinanleger, extrem risikoreich sein. Die Stiftung Warentest hat 2012, 58 geschlossene Immobilienfonds untersucht. 36 fielen schon in der Vorprüfung durch. Unteranderem deswegen, weil zum Teil mehr als 50 Prozent des Kapitals durch Kredite finanziert wurden. Eine Überschuldung des Fonds ist möglich. Eine Insolvenz eine Katastrophe.

Die Vielfalt der Produkte ist groß. Ob man nun auf ein Schiff, eine Immobilie, auf Bäume, Filmprojekte, Bahnen oder Edelmetalle setzen möchte, man wird in jedem Fall fündig.

Sollte dann aber das Schiff nicht genug „einfahren“, die Baumplantage von Ungeziefer befallen werden oder die Mieter der Immobilie nicht zahlen, ist die vermeintlich rentable Anlage dahin.

Das Problem ist jedoch nicht das Risiko der Anlage, sondern Vermittler und Anbieter die das Risiko nicht benennen und erklären. Der Graue Kapitalmarkt ist in keinem Fall per se von strafrechtlichen Handlungen durchzogen. Die Risiken jedoch relativ hoch.  

Windparkbetreiber Prokon, den Finanzdienstleister Infinus sowie die Immobiliengruppen S&K und Wölbern haben es vorgemacht. Solange das Produkt sich „gut anhört“ und der Berater gut verkaufen kann, spielen die Unterlagen und tatsächlichen Vorgänge kaum eine Rolle mehr. Nicht der Weg ist das Ziel sondern die Provision.

Aus dem vermeintlich sicheren Sparplan kann schnell der reale Totalverlust werden.

Nicht alles was glänzt ist Gold. Ein Sparplan mit Edelmetallen und sein Risikohinweis.

Es fallen in einem Gespräch die Worte Technologiemetalle, Gold, Platin, Wertsicherungs-Sparplan. Das ganze wird von dem Deutschen Institut für Edelmetallkunde empfohlen. Das „Institut“ ist eine Limited in England. Weitere Informationen bekommt man nicht.

Es fallen zudem klanghafte Namen wie Multi-Invest Sachwerte GmbH und Sutor Bank.

Der Investor (welcher eventuell als Sparer in das Gespräch gegangen ist) ist begeistert.

Das hört sich (zunächst) sehr sicher und auch werthaltig an.

Es gibt aber einen (nicht immer offensichtlichen) Haken an der Sache, sollte das Produkt nicht ertragsreich sein, droht der Totalverlust.

Sparen geht anders.

Anlagen in Gold, Silber und anderen Edelmetallen sind für Investoren riskante Geschäfte.

Nicht in allen Beratungsgesprächen wird das Risiko auch ausreichend hervorgehoben.

So heißt es zum Beispiel in den allgemeinen Vertragsbedingungen der Multi-Invest Sachwerte GmbH unter Punkt 7 –Risikohinweis-:…was möglicherweise zu einem Teilverlust der Investitionssumme führen kann…

Als Zugabe werden dann noch die Abschlusskosten in Höhe von 1.500 Euro erhoben, welche erst einmal durch die monatliche „Sparrate“ von 50 Euro getilgt werden muss. Warum dann (selbst wenn das Produkt gut läuft) keine Dividende ausgezahlt werden, auch nach Monaten nicht, wird klar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass eigentlich die ersten drei Jahre nicht gespart und investiert wird, sondern die Abschlusskosten abbezahlt werden.

Immerhin gibt es eine schöne Eigentümerurkunde, eine Auslieferung der Technologiemetalle/Seltene Erden ist jedoch laut den allgemeinen Vertragsbedingungen nicht möglich.

Die Anzeigepflicht des Notars und das Steuerstrafrecht

Nicht selten kommt es vor, dass etwas in der GmbH oder AG passiert und das Finanzamt davon gerne Mitteilung hätte.

Die wichtigen Normen sind (für das Finanzamt) der § 17 EStG und (für den Notar) der § 54 EStDV.

54 EStDV bestimmt, dass Notare verpflichtet sind, dem nach § 20 AO zuständigen Finanzamt vor allem über die Gründung, Kapitalerhöhung oder -herabsetzung, Umwandlung oder Auflösung von Kapitalgesellschaften oder die Verfügung über Anteile an Kapitalgesellschaften betreffende Urkunden jeweils eine beglaubigte Abschrift zu übersenden.

Die Absendung ist innerhalb von zwei Wochen nach Beurkundung oder Beglaubigung vorzunehmen und auf der Urkunde zu vermerken Dadurch wird sichergestellt dass die Finanzämter von Anteilsveräußerungen erfahren, da für diese Verkäufe gemäß § 15 Absatz 3 GmbHG die notarielle Form vorgeschrieben ist.

Nimmt man also an, dass eine Anteilsveräußerung stattgefunden hat, so kann durchaus unter der Berücksichtigung des § 3 Nr. 40 EStG und der Freibeträge eine erhebliche steuerrechtliche Änderung (der Einkommensteuer) in dem vorliegenden Jahr gegeben sein.

Im Zweifel wird das zuständige Finanzamt nach Erhalt der Mitteilung einen Abgleich mit Einkommensteuererklärung vornehmen.

Das Finanzamt kann also auf eine noch nicht festgesetzte Einkommensteuererklärung korrigierend einwirken.

Unmittelbar steht dann der Vorwurf der Steuerhinterziehung im Raum.

Es ist jedoch fraglich wie es sich auswirkt, dass das Finanzamt vorab eine Mitteilung hinsichtlich der Veräußerung hatte und somit eine tatsächliche Steuerverkürzung verhindern kann. Normalerweise erfährt das Finanzamt immer erst nach der eigentlichen Veranlagung von Abweichungen oder Ungereimtheiten.

So lässt es sich durchaus hören, dass eine dem Steuerbürger zurechenbare Steuerverkürzung nicht   anzunehmen ist, wenn in der zuständigen Finanzbehörde die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Steuererklärung erkannt und dennoch die Steuer zu niedrig festgesetzt wurde.

Die Steuerverkürzung beruht aber nicht alleine auf der Handlung des Erklärenden, sondern vielmehr auch auf der fehlenden Handlung und Bearbeitung des Finanzamts.

Durch die pflichtgemäße Auswertung der Unterrichtung wäre die Steuer nicht verkürzt festgesetzt worden.

Gleichwohl bleibt die Strafbarkeit des Versuchs der Steuerhinterziehung.

Ob nun gar eine nur leichtfertige Steuerhinterziehung nach § 378 AO in Betracht kommt, da alle Angaben durch die Mitteilung und der Steuererklärung bekannt sind, bleibt der Einzelfallprüfung vorbehalten. Eine „versuchte leichtfertige Steuerhinterziehung“ wäre in jedem Fall straffrei.

Der Immobiliendarlehensvertrag und das Widerrufsrecht

Die Zahlen sprechen für sich. 9 und 10. Es kann davon ausgegangen werden, dass neun von zehn Immobilienkreditverträgen Widerrufsbelehrungen enthalten, welche nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

 

Sollte die Widerrufsbelehrung fehlerhaft sein, ist die gesetzliche 14-tägige Widerrufsfrist aufgrund der falschen Informationen noch gar nicht angelaufen.

 

Ein Widerruf ist daher auch noch nach Jahren möglich.

 

Man könnte also von einem „ewigen Widerrufsrecht“ sprechen.

 

Die Bundesregierung hat jedoch am 27. Januar 2016 beschlossen, das „ewige Widerrufsrecht“ für Verträge aus den Jahren 2002 und 2010 auslaufen zu lassen, vermutlich schon Mitte 2016.

 

Sollte daher das Gesetz in Kraft treten, ist der Widerruf von Altverträgen voraussichtlich nur noch drei Monate möglich.

 

Eile ist daher geboten.

 

Durch den erfolgreichen Widerruf kommt der Darlehensnehmer aus seinem Darlehensvertrag raus, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.

 

Angesichts der aktuell sehr niedrigen Kreditzinsen, besteht daher bei entsprechender falscher Widerrufsbelehrung die Möglichkeit, die alten Zinsen „kostenlos“ zu verkleinern.

 

Der Darlehensnehmer kann sich aus dem Darlehensvertrag ohne finanziellen Nachteil lösen und den noch vorhandenen Finanzierungsbedarf auf der Basis des momentan niedrigen Zinsniveaus neu finanzieren.

 

Bei einem Widerruf ist der gesamte Darlehensvertrag rückabzuwickeln.

 

Im Rahmen der Rückabwicklung hat die Bank einen Anspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbetrages sowie auf dessen Verzinsung.

 

Die Bank wird wahrscheinlich nach erfolgten Widerruf sämtliche ausgezahlten Darlehensraten zurückverlangen.

 

Der Darlehensnehmer muss also entweder über genügend Kapital verfügen, oder bereits über eine andere Bank eine Anschlussfinanzierung geklärt haben.

 

Sollte bereits eine Vorfälligkeitsentschädigung angefallen sein, so ist diese zurückzuzahlen.

 

Ein Widerruf ist nicht nur bei laufenden Darlehensverträgen möglich, sondern auch bei Krediten, welche bereits vollständig getilgt oder umgeschuldet wurden.

Die Kündigung des Bausparvertrages in den Zeiten des Zinsdrucks

Wenn der Häuslebauer zum Sparer wird und die Zinsen für die Bank nicht mehr rentabel sind möchte die Bank ungern an ihrem vertraglichen Versprechen festhalten.

Das Zauberwort heißt: Kündigung.

„Martkführer“ in Sachen Kündigungen von sogenannten Alt-Verträgen sind zur Zeit die Bausparkassen BHW Bausparkasse AG, Wüstenrot Bausparkasse AG, Deutsche Bausparkasse Badenia AG und verschiedene Landesbausparkassen (LBS).

Um nun die eigentlich nicht vereinbarte Kündigung zu begründen, müssen andere Argumente gefunden werden.

Das im Moment beste Argument einer Kündigung haben die Bausparkassen in der Hand, wenn es sich um einen „voll besparten“ Bausparvertrag handelt.

Als „voll bespart“ gilt ein Bausparvertrag wenn die komplette Bausparsumme als Guthaben angespart wurde. Da das Ziel eines Bausparvertrags die Aufnahme eines Bauspardarlehens ist und dieses bei Erreichen der Bausparsumme durch Guthaben nicht mehr erteilt werden kann, hat der Vertrag seine Funktion verloren.

So sehen es auch mehrere Gerichte wie zum Beispiel das OLG Frankfurt, Urteil vom 2. September 2013, Az. 19 U 106/13.

Mit diesem Rückenwind gingen manche Bausparbanken dazu über, auch zuteilungsreife Verträge (Mindestsparguthaben und Bewertungszahl erreicht) zu kündigen. Dies vor allem bei Verträgen, welche seit zehn Jahren zuteilungsreif waren, deren Darlehen aber noch nicht in Anspruch genommen wurden.

Die Bausparkassen argumentieren in solchen Fällen, dass ihnen ein gesetzliches Kündigungsrecht gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zusteht, wenn seit Eintritt der Zuteilungsreife zehn Jahre vergangen sind.

Das Hauptgegenargument ist jedoch, dass nicht die Zuteilungsreife entscheidend ist sondern „die volle Besparung“.

489 I Nr. 2 BGB geht davon aus, dass ein Darlehen gekündigt werden kann, wenn 10 Jahre nach dem vollständigen Empfang vergangen sind. Was nun der vollständige Empfang bei einem Bausparvertrag ist, darüber können sich alle Beteiligten sehr gut streiten.

Das Landgerichts Mainz (Urteil vom 28. Juli 2014, Az. 5 O 1/14) hat sich der Meinung der Bausparkassen angeschlossen, das Amtsgericht Ludwigsburg hat eine verbraucherfreundliche Entscheidung getroffen und sich gegen ein Kündigungsrecht ausgesprochen (Das Urteil ist sehr lesenswert: Urteil vom 14. Dezember 2015 und vom 7. August 2015, Az. 1 C 2638/15, Az. 10 C 1154/15).

Bis jedoch der Bundesgerichtshof nicht entschieden hat, wird es auch weiterhin ausreichend Streit geben.

Die Bausparkassen haben mittlerweile eine Vielzahl von möglichen Argumenten entwickelt.

Dem Verbraucher bleibt zumeist nur die Gegenwehr mit einem Musterbrief und danach der Gang zu einem Ombudsmann oder spezialisierten Rechtsanwalt bzw. zu Gericht.

Solange es keine Entscheidung des Bundesgerichtshofes gibt, werden die Bausparkassen keine Rücknahme der Kündigung akzeptieren.

Das Steuerrecht (Steuerstrafrecht) wagt sich in den VPN-Tunnel. Ist ein Licht am Ende des Tunnels erkennbar?

Wer einen Briefkasten hat muss auch hinter dem Briefkasten (täglich) sitzen!? Zugegeben, so lustig ist es nicht und das Gerichte bzw. das Gesetz nicht immer auf dem neuesten Stand sind, dürfte hinreichend bekannt sein.

Nach bisheriger Rechtsprechung ist eine Rechnung nur dann ordnungsgemäß und berechtigt zum Vorsteuerabzug, wenn unter der angegebenen Anschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden.

 

Stichwort: „Briefkastenfirma“.

 

Das FG Köln (Urteil vom 28.04.2015 – 10 K 3803/13) hat sich vor kurzem gegen eben diese Meinung gestellt.

 

In Anbetracht der technischen Fortentwicklung und der Änderung von Geschäftsgebaren ist, so laut dem FG Köln, die Anforderung an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung, dass unter der angegebenen Anschrift geschäftliche Aktivitäten stattfinden müssen, überholt.

Das Kriterium der „geschäftlichen Aktivitäten“ (vgl. BFH 2.9.10, V R 55/09, BStBl II 11, 235) sei also zu unbestimmt. Es ist nicht geklärt, ob tatsächlich dort Kunden empfangen werden müssen oder ob der leistende Unternehmer sich dort regelmäßig (wenn ja, wie lange) aufhalten muss.

Es muss unbedingt eine Einzelfallprüfung stattfinden. Sehr viele geschäftliche Modelle benötigen schon lange keinen Kundenverkehr oder physisch anwesende tatsächliche Bürotätigkeiten um das Geschäft effizient und korrekt zu betreiben.

In Zeiten des elektronischen Fortschritts (mindestens schon seit 10 Jahren) ist es kein Problem über einen sogenannten VPN-Tunnel mit einem Laptop und dem Handy (Rufumleitung) durchaus geschäftliche Aktivitäten außerhalb eines Büros auszuführen.

Die Angabe der Anschrift auf der Rechnung hat den Zweck, den leistenden Unternehmer eindeutig zu identifizieren und soll es unter anderem auch der Finanzverwaltung ermöglichen, den Unternehmer postalisch zu erreichen. Ist die postalische Erreichbarkeit (z.B. um Schreiben zu übersenden bzw. Schriftstücke zuzustellen) gewährleistet, kommt es nicht darauf an, welche Aktivitäten unter der Postanschrift erfolgen.

Eine begrüßenswerte aber leider noch keine abschließende Entscheidung.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zugelassen, unter welchen Voraussetzungen Rechnungen mit einer Anschrift, unter der keine geschäftlichen, zumindest keine büromäßigen, Aktivitäten stattfinden, zum Vorsteuerabzug berechtigen sollen.

 

Es bleibt also spannend.

 

Die Entscheidung sollte dennoch jedem Berater im Steuerrecht und insbesondere im Steuerstrafrecht bekannt sein.

Die Kronzeugenregelung nach § 46b StGB – Eine kurze Übersicht

In § 46b StGB ist die sogenannte „Kronzeugenregelung“ verfasst oder genauer gesagt die „Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung von schweren Straftaten“.

Es findet sich ein Pendant im Betäubungsmittelrecht in § 31 BtMG.

§ 46b StGB greift nur für solche Straftaten, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe sanktioniert werden können. Dies gilt für alle Straftaten welche im § 100a Abs. 2 StPO aufgezählt sind. Ausgeschlossen sind damit Taten aus einfacher Kriminalität wie zum Beispiel der einfache Diebstahl oder der einfache Betrug.

Es gibt zwei Varianten des § 46b StGB. Zum einen die Aufklärungshilfe für Straftaten in der Vergangenheit und zum anderen die Hilfe zur Verhinderung bereits von anderen Tatbeteiligten geplanter Straftaten in der Zukunft.

Um in den Genuss der Regelung kommen zu können, ist es evident wichtig, dass nicht nur bloße Beschuldigungen ausgesprochen werden.

Es muss entweder ein Aufklärungserfolg eintreten oder eine konkret drohende Tat muss verhindert werden.

Das bedeutet gleichzeitig, dass eigentlich nur der erste/schnellste Kronzeuge begünstigt werden kann. Nur dieser wird wahrscheinlich wirkliche Aufklärungshilfe, im Sinne von neuen Tatsachen und Angaben, leisten können.

In der Praxis führt das häufig zu einem sogenannten „Wettlauf der Beschuldigten“.

§ 46b StGB gilt nur vor der Eröffnung des Hauptverfahrens, also in dem jeweiligen Ermittlungsverfahren.

Sollten die Voraussetzungen des § 46b StGB vorliegen, so steht es im Ermessen des Gerichts, inwiefern die Strafe gemildert wird.

Es kann daher nicht vorab verbindlich gesagt werden, bei welchen Angaben, welche Strafmilderung in Betracht kommt.

In der Praxis und insbesondere in Wirtschaftsstrafsachen kommt die Aufklärungshilfe dann in Betracht, wenn mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft genommen werden und eventuell einer der Beschuldigten, auch aufgrund seiner möglicherweise geringen Tatbeteiligung, eine Entlassung aus der Untersuchungshaft zugesagt werden kann, sollte er „Aufklärungsarbeit“ leisten. Bei einer solchen Möglichkeit muss unbedingt mit Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter gesprochen werden. Die Staatsanwaltschaft kann nicht den Haftbefehl außer Vollzug setzen. Die Angst vor der Untersuchungshaft des Beschuldigten hilft natürlich bei der freiwilligen Mitarbeit.

Hinsichtlich der Hilfe zur Verhinderung von geplanten Straftaten kommen vornehmlich Strafanzeigen in Betracht. Eine anonyme Anzeige wird jedoch als nicht ausreichend angesehen. Eine ausreichende Mitteilung soll daher nur dann vorliegen, wenn sich der Täter zu seinen Angaben bekennt oder ihm die Angaben eindeutig zugeordnet werden können.

Interview zum VW Skandal

Der rechtswidrige Durchsuchungsbeschluss

Ist der festgestellte rechtswidrige Durchsuchungsbeschluss ein echter Sieg für den Mandanten und seinem Strafverteidiger oder leider doch nur ein Pyrrhussieg?

Das Bundesverfassungsgericht entschied erst vor kurzem (erneut), dass zumindest ein Sieg (wie man auch immer diesen nun nennen und werten will) möglich ist (BVerfG, Beschl. Vom 16.04.2015 – 2 BvR 440/14).

Soweit so gut.

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Durchsuchung einer Steuerberater-/Wirtschaftsprüferkanzlei.

Gegen einen der Geschäftsführer der Beschwerdeführerinnen wurde wegen des Verdachts der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung in besonders schwerem Fall ermittelt.

Die Beschwerde ist beim Ermittlungsrichter des Amtsgerichts einzulegen, der den Durchsuchungsbeschluss erlassen hat (§ 306 Abs. 1 StPO). Hilft er der Beschwerde nicht ab, entscheidet das übergeordnete Landgericht (§ 306 Abs. 2 StPO). Die Entscheidung des LG ist unanfechtbar (§ 310 StPO).

Nachdem die Beschwerdeführer sich von dem Amtsgericht über das Landgericht gekämpft und bei beiden Gerichten kein Erfolg hatten, blieb nur noch Verfassungsbeschwerde.

Die vollständige Firma inklusive dem Zusatz "Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft" wurde in dem Beschluss nicht genannt, da das Amtsgericht davon ausging, es handele sich dabei nicht um einen Bestandteil der Firma.

Tatsächlich waren aber an der angegebenen Anschrift mehrere Gesellschaften ansässig. Diese hatten den selben Namen, waren jedoch selbstständige und eigenständige Gesellschaften.

Dies sei mit der verfassungsrechtlichen Garantie der Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Art. 13 Abs. 2 GG, die sich auch auf den Schutz geschäftlich genutzter Räume erstrecke, nicht vereinbar.

Das Bundesverfassungsgericht hat also entschieden, dass die Anordnung im Hinblick auf die betroffene Gesellschaft zu unbestimmt sei und den Beschluss des Gerichts aufgehoben und zurückverwiesen.

Das ist in Ordnung und gab es bereits schon häufiger.

So kann sich das eine oder andere Gericht ermahnt fühlen und sollte etwas genauer in der Zukunft arbeiten. Weitere Konsequenzen sind jedoch meistens nicht zu befürchten.

Gegenstände, welche aufgrund einer rechtsfehlerhaften Durchsuchung erlangt worden sind, unterliegen im Strafverfahren und im Besteuerungsverfahren nur ausnahmsweise dann einem Verwertungsverbot, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahme führenden Verfahrensverstöße schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden (BVerfG 2.7.09, 2 BvR 2225/08, PStR 09, 202). Solche schwerwiegenden Fehler sind die absolute Ausnahme.

Nicht jede Täuschung über den Preis ist auch ein Betrug gemäß § 263 StGB

Nicht alles was glänzt ist es auch wert. Jedoch ist auch nicht jeder Irrtum das Resultat eines Betruges bzw. einer Täuschungshandlung. Der BGH hat in einem interessanten Urteil sehr deutlich festgestellt, dass nicht jeder zu hohe Verkaufspreis auch gleichzeitig eine Täuschung und ein Betrug sein muss (BGH Urteil vom 20.05.2015 – 5 StR 547/14 (LG Berlin)).

Der dem Urteil zu Grunde liegende Sachverhalt ist zu komplex um diesen hier ausreichend wiedergeben zu können.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Angeklagte, Immobilien für einen zu hohen Preis verkauft hat. Viele Kunden konnten nach kurzer Zeit nicht mehr die monatlichen Belastungen tragen.

Der BGH sagt dazu kurz und bündig: Die Forderung und Vereinbarung eines bestimmten (auch zu hohen) Kaufpreises umfasst nicht die (konkludente) Erklärung, die verkaufte Sache sei den geforderten Preis auch wert. Die bloße Vorstellung der Kunden, der Erwerb sei für sie „finanziell tragbar“ oder „wirtschaftlich vorteilhaft“ stellt für sich genommen keine betrugsrelevante (Fehl-) Vorstellung dar, weil damit keine Tatsachen, sondern bloße Wertungen angesprochen sind.

Vereinfacht gesagt: Die Kunden haben das bekommen was ihnen auch versprochen wurde. Es wurden also kein(e) Schrott(immobilien) als werthaltiges Gut verkauft.

So besteht laut BGH für den Verkäufer bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit und des Wuchers grundsätzlich auch keine Pflicht zur Offenlegung des Werts des Kaufobjekts, selbst wenn dieser Wert erheblich unter dem geforderten Preis liegt.

Ein schönes Beispiel aus dem alltäglichen Leben verdeutlicht wohl am Besten die Argumentation.

Im Geschäft A ist Geiz nicht so geil und daher wird dort ein goldenes Handy XY für 800 Euro verkauft. Der Verkäufer ist redegewand und charmant.

Im Geschäft B wird der Pfennig geehrt und daher kostet das gleiche Modell XY nur 400 Euro. Der Verkäufer ist hier lediglich ein Regal.

Nun mag der eine oder andere Verbraucher der Meinung sein, im Geschäft A „abgezockt“ worden zu sein und das da nur Betrüger arbeiten. Dem ist aber nicht so.

Er hat das Handy bekommen, welches er wollte und welches auf der Verpackung angepriesen wurde.

Das er sich nicht besser informiert bzw. Preise verglichen hat oder sich nicht darüber im Klaren war nur die erste Rate zahlen zu können, dafür kann weder Geschäft A noch Geschäft B etwas.

Ein Betrug ist nicht gegeben.

Urheherstrafrecht - eine kurze Übersicht

Spätestens mit dem Internethandel und dem Filesharing ist das Urheberrecht keine exotische Rechtsmaterie mehr.

Sei es nun ob es um kopierte und verkaufte Software geht oder um den illegalen Download bzw. Upload.

Der breiten Masse sind diese Probleme aber eher aus dem Zivilrecht bekannt.

Die strafrechtliche Seite führt noch (zumindest bei Privatpersonen) ein Schattendasein.

Geregelt ist das Urheberstrafrecht in den §§ 106-111 UrhG. Diese Bestimmungen verweisen weitgehend auf zivil-urheberrechtliche Regelungen.

Die wichtigsten Regelungen sind:

1. Unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke § 106 UrhG

2. Unzulässiges Anbringen der Urheberbezeichnung § 107 UrhG

3. Unerlaubte Eingriffe in verwandte Schutzrechte § 108 UrhG

4. Gewerbsmäßige unerlaubte Verwertung § 108a UrhG

5. Strafantrag § 109 UrhG

6. Einziehung § 110 UrhG

7. Veröffentlichungsbefugnis § 111 UrhG

Strafrechtliche Hauptvorschrift des Urheberrechts ist die unerlaubte Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke nach § 106 UrhG. Diese Norm schützt sowohl das geistige Eigentum als auch die Verwertungsrechte des Berechtigten.

Danach macht sich strafbar, wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt. Die Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Die wichtigsten und häufigsten Begehungsformen sind:

1. Unerlaubte Vervielfältigung §§ 106 Abs. 1 i.V.m. 16 UrhG.

2. Unerlaubte Verbreitung §§ 106 Abs. 1 i.V.m. 17 UrhG.

Eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG ist jede körperliche Festlegung des Werkes, die geeignet ist, diese den menschlichen Sinnen unmittelbar oder mittelbar wahrnehmbar zu machen.

Ein Verbreiten nach § 106 UrhG ist bei einem In-Verkehr-Bringen eines Vervielfältigungsstücks gegeben. Dabei ist unstrittig, dass sich der urheberrechtliche Verbreitensbegriff von dem des StGB unterscheidet.

In den Fällen des Filesharing gibt es so gut wie keine strafrechtlichen Sanktionen.

Obwohl das Anbieten zum Download gem. § 106 Abs. 1 UrhG strafbar ist. Denn damit liegt eine unzulässige öffentliche Wiedergabe gem. §§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19a UrhG vor.

Steht nicht mit Sicherheit fest, dass zum Zeitpunkt des Anbietens von Musikdateien über eine Tauschbörse im Internet ausschließlich der Anschlussinhaber Zugang zum Internetanschluss hatte, ist der Anschlussinhaber vom Vorwurf der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke freizusprechen.

Der „Abmahner“ bekommt durch einen Gerichtsbeschluss die Möglichkeit die Adresse eines potenziellen Downloader zu erfahren.

Ein (urheberzivilrechtlicher) Auskunftsanspruch nach § 101a UrhG wird in Anspruch genommen.

Geht es jedoch nicht um genau das „Filesharingproblem“, greifen die Verletzten oft zu dem „Hilfsmittel“ der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen.

Diese werden dazu benutzt, den Sachverhalt mittels der den Strafverfolgungsbehörden zustehenden strafprozessualen Zwangsbefugnisse (Durchsuchung, Beschlagnahme; zur technischen Seite der Ermittlungen klären zu lassen um dann nach Akteneinsicht diese Erkenntnisse für ein Zivilverfahren zu nutzen.

So zum Beispiel die Kopie einer Navigationssoftware und der Verkauf über das Internet.

Ebenso beliebt ist die Möglichkeit eine Strafverfolgung dem Beschuldigen anzudrohen und ihn durch die Drohung mit Strafverfolgung zur Leistung von Schadensersatz zu veranlassen.

Eine umfassende Prüfung der Ansprüche bzw. der Vorwürfe ist daher unabdingbar.

Das zivilrechtliche Verfahren kann Einfluss auf das Strafverfahren haben und umgekehrt. Es wäre denkbar ungünstig sich im Strafverfahren verurteilen zu lassen und dann im Zivilverfahren die Ansprüche zu bestreiten.

Die Geldwäsche und die Verdachtsanzeige

Die Geldwäsche spielt in der Praxis der Strafverteidigung eine immer größere Rolle. Geldwäscher bedienen sich in Deutschland immer stärker auch der Mithilfe von Privatleuten. Die Verdachtsanzeigen häufen sich. Es geht schon lange nicht mehr ausschließlich um große internationale Affären.

Geldwäsche im eigentlichen Sinn bedeutet das Einschleusen von Vermögenswerten aus organisierter Kriminalität oder verwandten Kriminalitätsformen in den normalen Wirtschaftsverkehr. Das Geld ist danach „sauber“ und kann ganz normal verwendet werden.

Den Ursprung des Ausdrucks geht jedoch nicht auf das sprichwörtliche Waschen zurück sondern auf eine „Idee“ von Al Capone. Dieser erwarb, um die Herkunft seiner enormen Einnahmen aus seinen illegalen Geschäften zu verschleiern, mit dem („verschmutzten“) Geld etliche Waschautomaten.

Dies scheint auch funktioniert zu haben, verurteilt wurde Al-Capone letztendlich „nur“ wegen Steuerhinterziehung.

Geldwäsche ist in Deutschland nach § 261 StGB strafbar. Auch der Versuch und die Beihilfe sind strafbar. Der Strafrahmen beträgt 3 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe. Weiterhin können Geld oder Gegenstände, die für Geldwäsche genutzt werden, eingezogen werden.

Wer einen Gegenstand (in den meisten Fällen Geld), welcher aus einer bestimmten rechtswidrigen Tat herrührt (sehr wichtiger Punkt), verbirgt, dessen Herkunft verschleiert oder die Ermittlung der Herkunft, das Auffinden, den Verfall, die Einziehung oder die Sicherstellung eines solchen Gegenstandes vereitelt oder gefährdet (durch Transaktionen und Abhebungen sowie Einzahlungen auf Konten), kann sich der Geldwäsche strafbar machen.

Unabhängig von der Höhe und der Art der Transaktion (bar oder unbar) ist jede Versicherungsgesellschaft und jedes Kreditinstitut nach § 11 Abs. 1 GwG (Geldwäschegesetz) verpflichtet, eine Verdachtsanzeige gegen ihren eigenen Kunden zu erstatten.

Unter einer Verdachtsanzeige im Sinne des Geldwäschegesetzes versteht man eine Anzeige bei der zuständigen Strafverfolgungsbehörde und bei der Zentralstelle für Verdachtsanzeigen beim Bundeskriminalamt (BKA), wenn bei einer Transaktion eine Tatsache darauf schließen lässt, dass es sich hierbei um Geldwäsche oder eine Terrorismusfinanzierung oder auch nur einen Versuch dessen handelt.

Die fortlaufende Überwachung von Konten und Transaktionen auf Geldwäscheverdacht ist Banken und anderen Finanzdienstleistern gesetzlich vorgeschrieben.

Die Erfahrung zeigt, dass die Banken oft sehr schnell eine Verdachtsanzeige erstatten und auch umgehend die jeweiligen Konten kündigen.

Der Betroffene steht dann schnell ohne ein Konto da (schlimmstenfalls ist es das Geschäftskonto) und wird zudem einer Straftat beschuldigt.

Die Zahl entsprechender Verdachtsanzeigen hat sich zwischen 2008 und 2012 auf insgesamt mehr als 14.000 verdoppelt, wobei der mit Abstand größte Anteil auf Banken entfiel.

Das Schweigerecht des Beschuldigten

Nicht nur durch das aktuelle Geschehen im NSU-Prozess ist mal wieder das Recht zu schweigen in aller Munde.

Der NSU-Prozess ist aber ein gutes Beispiel für so manches Alltagsgeschäft der Strafverteidigung. Der Verteidiger rät zum Schweigen, der Mandant möchte aber in jedem Fall eine Einlassung abgeben.

Für viele Mandanten der absolute Horror, stellt das Schweigerecht des Beschuldigten ein unverzichtbares und sehr wertvolles Verteidigungsmittel für den Strafverteidiger dar.

In § 136 StPO heißt es: Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen.

Niemand muss sich also selbst belasten.

Die Not etwas zu sagen ist sehr groß und manchmal zu groß für den Beschuldigten. Die Zeitpunkte für eine mögliche Auskunft sind vielfältig, sei es bei der Durchsuchung, der Vorladung der Polizei oder schlimmstenfalls der Vorführung mit der Entscheidung ob Untersuchungshaft angeordnet wird oder nicht; es herrscht stets ein enormer Druck auf den Beschuldigten.

Bevor der Beschuldigte sich jedoch einen ausreichenden Überblick, juristisch sowie tatsächlich, durch und mit seinem Verteidiger machen kann, sollte er schweigen.

Häufig versuchen Polizeibeamte in unverfänglichen Gesprächen und als „Small Talk“ getarnt, Informationen zu Tatvorwurf oder Sachverhalt erhalten. Durch dieses Verhalten kann nämlich bei einem Beschuldigten der fehlerhafte Eindruck hervorgerufen werden, ein solches bloßes „Gespräch“ unterscheide sich in seiner Verwertbarkeit von einer „förmlichen“ Vernehmung. Hier sollte sich nicht drauf eingelassen werden und erst mit einem Strafverteidiger geklärt werden, wann, wie und in welchem Umfang man sich zum Tatvorwurf äußern möchte oder eben nicht.

Zu komplex und undurchsichtig sind meistens die Sachverhalte und Akten um pauschal eine Entscheidung treffen zu können.

Erfolgt die Vernehmung nicht als Beschuldigter, sondern als Zeuge im Prozess, trifft einem grundsätzlich eine Zeugnispflicht aus § 48 Abs. 1 StPO. Dabei muss ein Zeuge jedoch, genauso wenig wie ein Beschuldigter, bei der Polizei erscheinen. Lediglich bei einer Ladung durch einen Richter oder der Staatsanwaltschaft muss der Zeuge erscheinen und seine Aussage machen.

Das LG Kiel hat nun erneut den besonderen Wert des Schweigerechts hervorgehoben (LG Kiel – 2 Qs 17/15). In diesem Fall hat ein Beschuldigter einem anderen Beschuldigten geraten bei der Polizei nichts zu sagen. Dies bekam die Polizei mit und durchsuchte kurzerhand die Wohnung des Beschuldigten, welcher den Rat erteilt hatte. Das LG Kiel kam zu dem Schluss, dass ein Rat, bei der Polizei nichts zu sagen, noch keine Teilnahmeverdacht begründet und erklärte die Durchsuchung für rechtswidrig.

Internethandel und die möglichen strafrechtlichen Konsequenzen Ein kurzer Überblick über die mögliche Strafbarkeit nach dem Strafgesetzbuch, dem Urheberrechtsgesetz sowie dem Markengesetz

Was kann dem Privatkäufer strafrechtlich drohen, sollte er gestohlene Sachen oder Raubkopien im Internet erwerben?

Das Amtsgericht Pforzheim (Urteil vom 26.06.2007, Az.: 8 Cs 5040/07) erklärte den Käufer in eBay zum Hehler, mit dem etwas kurzsichtigen Argument, dass bei eBay angebotene Ware, welche zu günstig ist, davon auszugehen sei, dass die Ware geklaut ist. Konkret ging es um ein Navigationsgerät in einem Wert von 2.137,00 Euro. Der Käufer hatte das Gerät zu einem Preis von 671,00 Euro zuzüglich Versandkosten erworben. Nach Ansicht des Amtsgerichtes nahm er zumindest billigend in Kauf, dass das Gerät gestohlen war, da ihm der Neuwert bekannt war.

Zusätzliche Gründe sah das Amtsgericht in dem Artikelstandort Polen und der Beschreibung des Artikels als „toplegal”.

Von dem Umstand, dass der Startpreis einer Onlineauktion bei nur 1€ liegt, darf nicht darauf geschlossen werden, dass der Käufer es für möglich hält, dass es sich dabei um Hehlerware handelt.

Ein Startpreis von 1€ kann bei eBay vielmehr dazu genutzt werden, um Gebühren zu sparen oder Käufer anzulocken. Ein Indiz auf die Unrechtmäßigkeit dieser Auktion stellt er hingegen nicht dar.

Zudem kann man tatsächlich Glück haben und einen günstigen Kaufpreis erzielen.

Hinsichtlich des Artikelstandortes kann man Angeboten aus EU-Ländern das gleiche Vertrauen entgegenbringen wie Angebote aus Deutschland. Eine andere Auffassung stünde im Widerspruch zur Warenverkehrsfreiheit. Nach Art. EGV Artikel 28 und EGV Artikel 29 EGV sind alle mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen des Warenhandels sowie Maßnahmen gleicher Wirkung verboten.

Im Ergebnis wurde das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim durch ein Urteil des Landgerichts Karlsruhe (LG Karlsruhe, Urteil vom 28.9.2007 - 18 AK 136/07) „berichtigt“.

Das Landgericht sprach den Käufer in der Berufungsverhandlung frei.

Es ist also nicht ganz so einfach vom Schnäppchenjäger zum Hehler gemacht zu werden. Allerdings kann die absichtliche naive Preisjagt zu einem riskanten und teuren Sparkurs werden.

Ein weiteres Problem ist der Kauf von Raubkopien im Internet oder unseriösen Geschäften oder Flohmärkten.

Der bloße Kauf oder die Einfuhr von Raubkopien stellt keine strafrechtlich relevante Handlung i.S.d. § 106 Abs. 1 UrhG dar.

Problematisch wird es dann, wenn der Käufer eine Raubkopie selbst vervielfältigt, indem er sie zum Beispiel auf eine Festplatte kopiert und somit eine Handlung des § 106 UrhG vornimmt, da er ein Werk oder eine Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt.

In diesen Fällen sollte jedoch der Beweis (welchen die Staatsanwaltschaft führen muss) für eine solche Nutzungshandlung sehr schwer zu erbringen sein.

In Betracht kommt, wie bei dem ersten Beispiel, ebenso eine Hehlerei des Käufers durch das Ankaufen der Raubkopie. Der Verkäufer müsste dafür den Datenträger durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt haben. Im Fall des Navigationsgeräts wäre das also der Diebstahl. Daran fehlt es jedoch, wenn die Sache, wie in dem vorliegenden Beispiel der Raubkopie, durch die rechtswidrige Vortat (also das illegale Kopieren) überhaupt erst hervorgebracht wurde.

Die Strafvorschriften des Markengesetzes, insbesondere der §§ 143 ff. MarkenG, sind nicht einschlägig, da der Käufer in aller Regel nicht im geschäftlichen Verkehr handelt.

Der geschäftliche Verkehr erfordert, dass die Benutzung im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgte.

So dürfte zum Beispiel ein Kauf (einer kopierten CD für den privaten Gebrauch) in eBay, eben nicht im geschäftlichen Verkehr erfolgt sein.

Eine kurze Übersicht über die Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung nach 266a StGB

Nicht selten kommt es vor, dass der Arbeitgeber in finanzielle Engpässe gerät und abwägen muss, welche Forderungen er primär bedienen sollte.

Sehr oft werden zunächst die Forderungen der Gläubiger erfüllt, von deren Zulieferungen oder Wohlwollen der Fortbestand des Geschäfts abhängt. Dabei wird regelmäßig übersehen, dass die Nichtabführung der Arbeitnehmerbeiträge an die Sozialkassen als Beitragsvorenthaltung strafbar ist.

Freilich muss auch erwähnt werden, dass ein Gläubiger jederzeit eine Anzeige wegen Betruges stellen kann, wenn er der Meinung ist, dass der Schuldner vor Abschluss eines Vertrages hätte wissen können oder es schlimmstenfalls wusste, dass er die Forderungen nicht wird begleichen können.

Die Beitragspflicht entsteht allein durch die versicherungspflichtige Beschäftigung von Arbeitnehmern gegen Entgelt. Die Beitragspflicht umfasst die Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung.

Der Arbeitgeber muss natürlich zahlungsfähig sein. Eine unmögliche Leistung, die insbesondere bei Zahlungsunfähigkeit vorliegt, darf den Verpflichteten nicht abverlangt werden.

So einfach wie es sich anhört, ist es aber in der Praxis nicht.

Es wird nicht genau im Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit auf das Konto geschaut, sondern vielmehr geprüft, ob der Arbeitgeber nicht schon vorher hätte sehen können, dass er in finanzielle Schwierigkeiten gerät.

Der Arbeitgeber ist deshalb verpflichtet, die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge zum Fälligkeitstag sicherzustellen. Der BGH hat eindeutig festgelegt, dass Sozialversicherungsbeiträge vorrangig zu bedienen sind. Es sollten daher dass ausreichende Rücklagen gebildet werden. Notfalls sogar durch Kürzung der auszuzahlenden Löhne!

Innerhalb der Drei-Wochen-Frist der Insolvenz, in welcher die bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern ist, müssen die  Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt werden.

Solange der Arbeitgeber noch Restmittel zur Verfügung hat, sollte stets darauf geachtet werden, dass eine mögliche Teilzahlung auf den Arbeitnehmeranteil erfolgt. Dies gelingt am einfachsten durch die genaue Bezeichnung auf dem Überweisungsträger.

Ein sehr wichtiger Punkt ist die „Selbstanzeige“ des 266a Absatz 6 StGB.

Danach kann das Gericht von einer Bestrafung absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und begründet, warum die fristgerechte Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich ernsthaft darum bemüht hat. Werden die Beträge nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, ist der Täter insoweit straffrei.

Sollte die „Selbstanzeige“ missglücken, darf zumindest ein Strafnachlass in der Strafzumessung erwartet werden.

Zivilrechtliche Folgen gibt es für den Arbeitgeber als Schuldner sowie für den Geschäftsführer. Beide haften persönlich für die Nichtabführung der Sozialversicherungsbeiträge.

Erheblich können auch die weiteren Folgen einer etwaigen Straftat sein. Eine rechtskräftige Verurteilung wird, soweit das Strafmaß 90 Tagessätze bzw. drei Monate Freiheitsstrafe übersteigt, ins Gewerbezentralregister eingetragen. Eine gewerbliche Zuverlässigkeitsprüfung sollte dann wohl nicht mehr gegeben sein. Zudem ist ein Berufsverbot gemäß § 70 StGB möglich. Weiterhin ist es möglich, dass bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ein Ausschlussgrund im Sinne von § 6 Abs. 2 GmbHG bzw. § 76 Abs. 3 AktG vorliegt, welcher für die Dauer von fünf Jahren eine Tätigkeit des Verurteilten als Geschäftsführer ausschließt.

Strafzumessung bei misslungener Selbstanzeige und einer Steuerhinterziehung in Millionenhöhe

Der Fall ist bekannt. Weil es der Angeklagte war. Die hinterzogene Summe war sehr hoch. Dadurch wurde der Fall aber nicht bekannt. Juristisch ist aber nicht der Bekanntheitsgrad des damaligen Angeklagten von Bedeutung sondern vielmehr das Strafmaß und die Selbstanzeige des Verurteilten.

Die Selbstanzeige des Verurteilten war nicht wirksam. Soviel steht fest. Danach wurde diskutiert ob es sich schlicht um eine „missglückte“ Selbstanzeige handelte und diese, bei richtiger Beratung, wirksam hätte abgegeben werden können und somit auch entsprechend umfänglich berücksichtigt werden müsste oder ob es sich um einen „Schnellschuss“, bevor der Sperrgrund der Tatendeckung eintrat, handelte und somit eben nicht die absolute und strafmildernde Reue und Freiwilligkeit im Vordergrund stand.

Eine unwirksame Selbstanzeige ist grundsätzlich strafmildernd zu berücksichtigen. Vergleichbar mit einem Geständnis oder einer Schadenswiedergutmachung.

Umso mehr der freie Wille  zur  Rückkehr  zur  Steuerehrlichkeit und Reue erkennbar sind, umso höher kann die Strafmilderung ausfallen.

Sollten also nur formelle Fehler oder gar eine Falschberatung des Steuerberaters oder Rechtsanwalts zu der Unwirksamkeit führen, bleibt trotzdem noch die Reue und Freiwilligkeit, also der gute Wille.

In dem vorliegenden Fall des Herrn H. ging das Gericht jedoch davon aus, dass die Selbstanzeige aus Kalkül und Selbstverschulden nicht wirksam abgegeben werden konnte, da der Verurteilte sich nicht um entsprechende Unterlagen bemühte bzw. eine ausreichende Dokumentation führte.

Somit war eine „volle Punktzahl“, übertragen auf die Strafzumessung, nicht mehr zu erreichen.

Trotzdem wurde die „missglückte“ Selbstanzeige berücksichtigt. Und dies nicht zu knapp.

Dem Angeklagten wurde die Selbstanzeige dahingehend zu Gute gehalten, dass er sich selbst steuerstrafrechtlichen Ermittlungen, durch das erstatten der Selbstanzeige, ausgeliefert hatte. Andererseits agierte er, so das Landgericht, nur mit zurückhaltender Kooperation während des gesamten Verfahrens.

Es wurde vorliegend erheblich von den zuvor festgestellten Grundsätzen des BGH vom 02.12.2008 zur Strafzumessung bei einer Steuerhinterziehung abgewichen.

Dort wurde festgestellt, dass bei Hinterziehungsbeträgen in Millionenhöhe eigentliche keine Bewährungsstrafe mehr in Betracht kommt.

Nimmt man also ein Hinterziehungsbetrag von einer Millionen Euro an, müsste eine Strafe grundsätzlich in Höhe von zwei Jahren Haft (plus ein paar Monate) verhängt werden.

Dies ist keine absolute und feststehende Zahl bzw. Methode, Abweichungen sind immer möglich, der Rahmen wird aber erfahrungsgemäß von den Gerichten und der Staatsanwaltschaft anerkennend berücksichtigt.

Dennoch ist der Unterschied in dem vorliegenden Fall beachtlich.

Für das Jahr 2003 wurde eine Steuerverkürzung in Höhe von 14.934.493,49 Euro festgestellt. Die Strafe belief sich auf 2 Jahre 6 Monate (Einzelstrafe).

Es scheint daher auch in Ausnahmefällen (Steuerhinterziehung in Millionenhöhe) möglich zu sein, dass eine milde Strafe, außerhalb der „Faustformel“, erzielt werden kann.

Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig die Einzelfallprüfung in der Strafzumessung insbesondere im Steuerstrafrecht ist.

Der faktische Geschäftsführer einer GmbH kann Täter einer Insolvenzverschleppung sein

Der Bundesgerichtshof hat nun doch durch Urteil klarstellend entschieden, dass auch mit der neuen Fassung des § 15a Abs. 4 InsO, ein faktischer Geschäftsführer einer GmbH Täter einer Insolvenzverschleppung sein kann.

 

Der faktische Geschäftsführer ist aufgrund seines Handelns und seiner Befugnisse Geschäftsführer einer GmbH, obwohl er nicht ordentlich als solcher bestellt wurde.

Wer also wie ein Geschäftsführer handelt, muss sich auch so behandeln lassen. In guten wie in schlechten Zeiten.

 

Dies war bisher, nach der Neuregelung des § 15a InsO, umstritten. Die gesetzliche Formulierung des  § 15a InsO, welche von den Mitglieder des Vertretungsorgans spricht, umschreibt, laut BGH, zusammenfassend die Verantwortlichen verschiedener Gesellschaftsformen.

 

Als Mitglied eines Vertretungsorgans wird nicht explizit der faktische Geschäftsführer genannt.

 

Dieser ist eben kein offizielles Mitglied.

 

Der BGH löst das Problem (relativ) elegant, indem er feststellt, dass Mitglied des Vertretungsorgans der Gesellschaft mit beschränkter Haftung natürlich ebenso der Geschäftsführer sei und diesem, nach ständiger Rechtsprechung, steht der faktische Geschäftsführer gleich.

 

Wie nun aber eine faktische Mitgliedschaft durch ein eigentliches „Nichtmitglied“ erworben werden kann, dass wurde leider nicht von dem BGH erläutert. Interessant wäre es in jedem Fall gewesen.

 

Diskussionen über den (neuen) Gesetzeswortlaut haben sich also erübrigt. Es muss daher auch  weiterhin das Hauptaugenmerk auf die Feststellungen hinsichtlich des faktischen Geschäftsführers gelegt werden. Insbesondere darf nicht übergangen werden, dass sich der Beschuldigte die Führung der GmbH nicht einseitig angemaßt haben darf, sondern die Übernahme der Führung mit dem Einverständnis des jeweiligen Gesellschafters erfolgt sein muss.

Zur Kassenmanipulation gehören manchmal zwei!

Verkäufer von Software zur Kassenmanipulation haftet persönlich für von Kunden hinterzogene Steuern.

 

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07.01.2015 - 5 V 2068/14) hat entschieden, dass der Geschäftsführer einer Firma, welche Kassensysteme nebst Manipulationssoftware herstellt und vertreibt, für die Steuern haftet, die ein Kunde (im konkreten Fall der Inhaber eines Eiscafés) hinterzogen hat.

Aus steuerstrafrechtlicher Sicht (nicht zu verwechseln mit der steuerrechtlichen Haftung) hat sich der Verkäufer der Software der Beihilfe einer Steuerhinterziehung strafbar gemacht.

 

Wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, haftet nach § 71 Abgabenordnung (AO) für die verkürzten Steuern.

 

Der Verkäufer muss daher nicht nur für die hinterzogene Summe im Millionenbereich haften bzw. versuchen diese zurückzuzahlen, er wird wahrscheinlich auch noch eine empfindliche Strafe in einem Strafverfahren zu erwarten haben.

 

Strafrechtlich ist die Beihilfe als „vorsätzliches Hilfeleisten gegenüber einem anderen zu dessen vorsätzlicher rechtswidriger Tat“ definiert.

 

Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung besteht im vorliegenden Fall darin, dass der Verkäufer der Software ein System an den Eisdielenbesitzer verkauft hat, welches ausschließlich darauf ausgelegt wurde, eine Steuerverkürzung zu ermöglichen.

Der Verkäufer hatte wohl das Kassensystem ausdrücklich als völlig risikoloses Instrument zur Verkürzung von Steuern angeboten und verkauft.

 

Das Konzept der Software war ausschließlich auf die Kassenmanipulation zugeschnitten und auch unter diesem Aspekt verkauft und beworben worden.

 

Darin unterscheidet sich auch dieser Fall von dem Fall des Messerverkaufs an einen späteren (zunächst unerkannten) Mörder oder Totschläger.

 

Im Zweifel darf der Messerverkäufer davon ausgehen, dass das Messer nicht für einen Mord oder Totschlag benutzt wird.

 

Die Hinterziehungszinsen im Steuerstrafrecht. Vorteilsausgleich für den zinslosen Kredit des Finanzamts.

Das Finanzamt will bei einer Steuerhinterziehung oder auch Selbstanzeige nicht nur die hinterzogenen oder nacherklärten Steuern haben. Eine weitere Forderung verbirgt sich in den unbedingt zu beachtenden Hinterziehungszinsen.

Um diese „zusätzliche Strafe“ zu verstehen, muss das Strafverfahren von dem Steuerverfahren getrennt betrachtet werden.

Das Strafverfahren wird dem Verurteilten „nur“ eine Haftstrafe oder Geldstrafe für die Tat(en) auferlegen.

In dem Steuerverfahren wird die ermittelte und festgesetzte Steuernachzahlung verlangt sowie etwaige Zinsen oder bei der Selbstanzeige ein Strafzuschlag.

Der Hinterziehungszins beträgt 6%.

Die Hinterziehungszinsen sind in § 235 der Abgabenordnung geregelt. Diese sollen keine Strafe an sich darstellen, sondern der Handlung der nicht gezahlten Steuer den möglichen finanziellen Vorteil entziehen.

Eine verspätete Zahlung der geschuldeten Steuern kommt einer Kreditvergabe durch das Finanzamt gleich. Damit dieser „Kredit“ nicht zinslos bleibt und sich nicht am Ende noch lohnt, werden entsprechend Zinsen nacherhoben.

Beachtenswert ist unteranderem, dass die meisten Steuerarten, Nachzahlungszinsen nach § 233a AO unterliegen und die Hinterziehungszinsen nach § 235 AO in diesen Fällen keine zusätzliche Belastungen darstellen, da die Nachzahlungszinsen auf die Hinterziehungszinsen angerechnet werden.

Problematisch werden die Hinterziehungszinsen zumeist in den Fällen der Erbschaftssteuer oder Schenkungssteuer, bei denen keine Nachzahlungszinsen entstehen und somit keine Verrechnung erfolgt.

Voraussetzung für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ist eine Steuerhinterziehung.

Zu beachten ist, dass auch ein Steuerschuldner, welcher von der Hinterziehung zu seinen Gunsten nichts wusste, die Hinterziehungszinsen trotzdem schuldet, da er im Endeffekt Nutznießer des „Steuervorteils“ war. Dies zeigt sehr gut auf, dass es sich bei Hinterziehungszinsen nicht um eine Strafe handelt, sondern ein zu unrecht gewonnener Vorteil ausgeglichen werden soll.

Der Zinslauf endet erst mit Zahlung der hinterzogenen Steuern. Es ist daher in klaren Fällen unbedingt über eine Vorabzahlung älterer Jahrgänge nachzudenken.

Hinterziehungszinsen können im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung nicht als Betriebsausgabe abzogen werden.

Der (neue) Strafzuschlag bei der Selbstanzeige. Die versteckte Doppelbestrafung?

 

Bei einer Selbstanzeige werden zwangsläufig die nicht veranlagten Steuern nacherhoben. Es können jedoch auch weitere Zahlungen auf den Anzeigeerstatter zukommen. Zum einen wären da die Hinterziehungszinsen und zum anderen der Strafzuschlag.

Letzterer gewinnt immer mehr an Bedeutung.

Bei der Selbstanzeige gibt es einen besonderen Sperrtatbestand, welcher die Selbstanzeige für Steuerstraftaten ausschließt. Dieser Tatbestand tritt ein, sobald der hinterzogene Betrag 25 000 € übersteigt –je Tat-.

Nach der Einstellungsvorschrift des § 398a AO kann der Beschuldigte gleichwohl einer Sperre entgehen und somit eine erfolgsversprechende Selbstanzeige erheben, wenn er die hinterzogene Steuer nachentrichtet, die Hinterziehungszinsen relativ zeitnah zahlt und zusätzlich einen Geldbetrag in Höhe von 5 % - 20 % des hinterzogenen Betrags an die Staatskasse zahlt.

Danach beträgt Strafzuschlag auf die Steuerschuld: Ab einer hinterzogenen Summe bis 100.000 Euro 10%, ab 100.000 Euro 15% und ab einem Hinterziehungsbetrag von einer Million Euro fallen 20% an.

Diese Prozente stellen den Strafzuschlag dar.

Hat der Steuerpflichtige diese „freiwilligen” Zahlungspflichten erfüllt, ist das Steuerstrafverfahren zwingend einzustellen.

Die Neuerungen der Selbstanzeige bzw. des Strafzuschlages verlangen also von dem reuigen Steuersünder viel Erspartes und bestenfalls keine allzu hohe hinterzogene Steuersumme.

 

Die „Bankuntreue“ bei pflichtwidriger Kreditvergabe

Die sogenannte „Bankuntreue“ ist gesetzlich nicht explizit geregelt. Sie wird vielmehr anhand der „normalen“ Untreue gemäß § 266 StGB geprüft.

 

Das klassische Beispiel der Bankuntreue ist die pflichtwidrige Kreditvergabe.

In den alltäglichen Fällen bekommt ein Kunde ein Darlehen, obwohl er eigentlich gar keinen Kredit hätten bekommen dürfen.

 

Das Hauptproblem dieser Bewilligung ist schnell ausgemacht: Wo hört das bloße Risikogeschäft auf und wo fängt das vorhersehbare, strafbare Verhalten an.

 

Pauschal und sehr vereinfacht bedeutet das für den Bankmitarbeiter, dass er den Sachverhalt so zu prüfen und entscheiden hat, als ob er sein eigenes Geld zur Verfügung stellt und dementsprechend hoch sein Interesse an der Rückzahlung und dem Gewinn ist. Gleiches gilt natürlich für die Führungsebene einer Bank.

 

Das Risiko der Kreditvergabe muss in einem ersten Schritt aufgrund von ausreichenden und geeigneten Unterlagen und Informationen realistisch eingeschätzt werden können, womit im zweiten Schritt dann ein vertretbares Modell, mit möglichst geringem Ausfallrisiko, ausgearbeitet und zugebilligt werden kann.

 

Da die Vergabe von Krediten schon an sich ein risikobehaftetes Geschäft darstellt, kann eine Pflichtverletzung nicht dann schon angenommen werden, wenn sich das Kreditrisiko realisiert und die Bank mit ihrer Rückzahlungsforderung ausfällt. Ganz simpel gesprochen: Berater und/oder Kunde haben sich verschätzt/zu hoch gepokert und der Kunde kann die Kreditraten und Zinsaufwand nicht zurückzahlen bzw. begleichen.


Die Grenzen und Pflichten des Kreditbearbeiters können zum Beispiel durch eine Betriebsvereinbarung oder andere interne Richtlinien festgelegt werden.

 

Geht man von dem einzelnen Bearbeiter weg und schaut sich eine ganze Filiale oder Bank an, so spielt die Vorschrift des § 18 Satz 1 KWG eine gewichtige Rolle. Danach müssen sich Kreditinstitute insbesondere bei Großkrediten die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers offen legen lassen. Gleiches gilt für die von der BaFin erlassenen „Mindestanforderungen an das Risikomanagement” (MaRisk), die ebenfalls Vorgaben an das Verfahren der Kreditbearbeitung enthalten.

 

Eine mögliche Strafbarkeit kommt schnell in Betracht und bedarf einer sehr sorgfältigen Prüfung und Einzelfallbetrachtung.

 

Der Konkurrenzdruck, welcher auf den Banken und Sparkassen lastet, sowie die steigende Insolvenzzahlen, zwingt die Entscheidungsträger zunehmend zu Kreditentscheidungen, deren Risiko sich im Zeitpunkt der Vergabe nur schwer einschätzen lässt.

 

Die mögliche Strafbarkeit muss sich nicht nur an dem Schaden messen lassen sondern bedarf zudem stets die Einbeziehung der notwendigen unternehmerischen Initiative und Risikobereitschaft.

 

Wenn das Schiff mit dem Anleger sinkt. Schiffsfonds in der Krise.

Am Anfang lockte wie immer die sichere und hohe Rendite. Beim Einstieg in einen Schiffsfond zwischen 7 und 18 Prozent Rendite im Jahr.

Der Klassiker unter den Versprechen.

 

Nun ist auch im Fall vieler Schiffsfonds der graue Alltag bzw. die pechschwarze Nacht eingekehrt.

 

Bei sogenannten Schiffsfonds handelt es sich um geschlossene Fonds, welche Geld von Anlegern in den Bau oder Kauf von Frachtschiffen investieren und mit dem Betrieb des Schiffes Geld verdienen.

 

Dieses Modell kann man auf viele andere bewegliche oder unbewegliche Sachen übertragen, so zum Beispiel auf Immobilien.

 

Anbieter sind Emissionshäuser, welche die Anteile zum Beispiel über freie Vermittler verkaufen. Die Anleger sind Anteilseigner und tragen das volle unternehmerische Risiko.

 

Sobald das Schiff kein Gewinn erwirtschaftet, fühlt sich der Anleger über kurz oder lang wie der tatsächliche Eigentümer und Betreiber des Schiffes.

 

Viele Schiffsfonds stehen vor der Insolvenz bzw. sind schon insolvent.

 

Die Anlagesumme ist hinfort. Zum Teil werden gar Rückzahlung von Ausschüttungen verlangt.

 

Insgesamt meldeten bis dato 271 Fonds mit zusammen 353 Schiffen Insolvenz an. Fast 3,9 Milliarden Euro Anlegergeld gingen dabei verloren.

 

Im Falle der Insolvenz sieht es für den Privatanleger zumeist schlecht aus. Wird ein Schiff zwangsversteigert, geht der Erlös zunächst an die finanzierenden Banken.

 

Um nicht kampflos mit dem Schiffsfond unterzugehen, muss zunächst die Beratertätigkeit geprüft werden. Bei Schiffsfonds handelt es sich fast immer um hochriskante Unternehmensbeteiligungen.

 

Ein Berater oder Vermittler muss daher über die Risiken vollumfänglich aufklären.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass eine anleger- und objektgerechte Aufklärung erfolgen muss.

 

Die empfohlene Anlage muss auf die persönlichen Verhältnisse des Anlegers zugeschnitten sein und sowohl seinem Wissensstand als auch seiner Risikobereitschaft entsprechen.

 

Weiterhin hat sich die Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die Anlageentscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Die Beratung muss richtig und sorgfältig, für den Anleger verständlich und vollständig sein.

 

Die häufigsten Merkmale einer Fehlberatung sind: 1.  Die Provision des Beraters wird verheimlicht. Diese kann bis zu 15 Prozent der Einlage sein (oft ein Problem der Kickback-Zahlung). 2. Es wurde gar nicht oder nur sehr wenig über die Risiken des Fonds aufgeklärt. 3. Die jährlichen Ausschüttungen wurden teils als Zinsen dargestellt, obwohl es sich in Wahrheit um gewinnunabhängige Entnahmen handelt, die bei bestimmten Bedingungen vom Anleger wieder zurückgezahlt werden müssen.

 

An genau diesen Punkten muss der einzelne Anleger ansetzten und die mögliche Fehlberatung hinsichtlich Schadensersatzansprüche oder einer Rückabwicklung prüfen lassen.

Der Geschäftsführer einer GmbH im Steuerrecht und Steuerstrafrecht

Freilich muss auch eine GmbH Steuern zahlen. Für die GmbH handelt der Geschäftsführer.

 

Zu den Pflichten des GmbH-Geschäftsführers gehören auch die steuerlichen Pflichten der GmbH.

 

Ob der Geschäftsführer schon im Handelsregister eingetragen ist oder nicht spielt keine Rolle. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, ab wann der Geschäftsführer für die GmbH als Geschäftsführer tätig ist. Auch der faktische Geschäftsführer ist für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Angelegenheiten verantwortlich.

Die Pflicht endet bei einem Wechsel der Geschäftsführung, mit Abberufung durch Gesellschafterbeschluss oder mit Niederlegung seines Amtes oder mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

 

Die steuerrechtliche Haftung ist von der strafrechtlichen Verantwortung zu trennen.

Nach § 69 AO haftet der Geschäftsführer einer GmbH als deren gesetzlicher Vertreter, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht bzw. nicht rechtzeitig festgesetzt oder nicht bzw. nicht rechtzeitig erfüllt werden oder Steuervergütungen/-erstattungen (z.B. Vorsteuer-Guthaben) ohne rechtlichen Grund erfolgen.

 

Bei mehreren GmbH-Geschäftsführern trifft grundsätzlich jeden von ihnen die Verantwortung für die steuerlichen Pflichten.

 

Voraussetzung für die steuerstrafrechtliche Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers ist, dass er vorsätzlich gegenüber Finanzbehörden falsche Angaben macht oder es pflichtwidrig unterlässt, Angaben zu steuerlichen Sachverhalten zu machen.

 

Bei mehreren GmbH-Geschäftsführern muss aus strafrechtlicher Sicht derjenige für die Steuerhinterziehung verantworten, welcher zumindest bedingt vorsätzlich handelt.

Der bedingte Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Erfolg nicht unbedingt will, sich damit aber abfindet und den Erfolg als Nebenwirkung seines Handelns in Kauf nimmt.

Sollte der Geschäftsführer von einer Steuerhinterziehung Kenntnis erlangen, hat er eine Berichtigungspflicht und muss dieser unverzüglich nachkommen, sonst begeht er selbst eine Steuerhinterziehung.

 

Die steuerrechtliche Haftung, aus der strafrechtlichen Verfehlung, folgt dann aus § 71 AO.

 

Ein besonderer steuerrechtlicher Fall ist der Kauf oder die Übernahme einer GmbH.

Der Erwerber eines Unternehmens haftet für Steuerschulden, wenn er das Unternehmen als Ganzes erwirbt. Zum Schutz des Erwerbers umfasst die Haftung allerdings nur die seit Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres, entstandenen und bis zum Ablauf von einem Jahr nach der Anmeldung des Betriebs durch den Erwerber festgesetzten oder angemeldeten Steuern.

 

Strafrechtlich könnte in dem vorliegenden Fall die Kenntnis des Erwerbers von einer steuerrechtlichen Verfehlung der GmbH, beispielsweise bei der Durchsicht der Bücher, wiederrum eine oben genannte Berichtigungspflicht und damit wiederrum bei einem Unterlassen, eine Strafbarkeit der Steuerhinterziehung des neuen Geschäftsführers nach sich ziehen.

 

Der Arzt im Strafrecht

Ärzte sehen sich zumeist mit zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen konfrontiert. Das Strafverfahren bleibt die Ausnahme. Sollte es jedoch soweit kommen, gilt es den Überblick zu bewahren und eine umfassende rechtliche Bearbeitung zu gewährleisten.

Es sind daher unbedingt drei Verfahrensarten im Auge zu behalten: 1. zivilgerichtliche Verfahren (Schmerzensgeld und Schadensersatzansprüche) 2. Strafverfahren 3. berufsrechtliche Verfahren.

Es kommen die unterschiedlichsten Straftaten in Betracht:

Die vorsätzliche Tötung oder Körperverletzung (§§ 212, 223 StGB), die fahrlässige Tötung oder fahrlässige Körperverletzung (§§ 222, 229 StGB), die unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB), die ärztliche Sterbehilfe, der Abrechnungsbetrug (§263 StGB), die Untreue (§266 StGB), die Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit (§§ 299, 331, 332 StGB) sowie die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht (§§ 203, 204 StGB).

Die Folgen können erheblich sein: Berufsrechtliche Verfahren vor dem HKG, Entzug der vertragsärztlichen Zulassung durch den Zulassungsausschuss, Disziplinarverfahren bei der Kassenärztlichen Vereinigung Ordnungsfunktion, Ruhen oder Widerruf der Approbation.

Immer häufiger, zum Teil sehr medienwirksam, wird hinsichtlich des Abrechnungsbetruges ermittelt.

Ein Arzt begeht dann einen Abrechnungsbetrug, wenn er wissentlich oder willentlich die Krankenkasse, die KV oder den Patienten täuscht, indem er eine nicht oder nicht in diesem Umfang erbrachte Leistung abrechnet, um dadurch einen Vermögensvorteil zu erlangen.

Jede Abrechnung eines Vertragsarztes wird bei der KV routinemäßig überprüft. Anhand von zahlreichen Kriterien wird eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt, die zu einem Anfangsverdacht auf Abrechnungsbetrug und zu einer weitergehenden Überprüfung des auffällig gewordenen Arztes führen kann. Die Krankenversicherungen prüfen ebenfalls genau, ob ein Abrechnungsbetrug vorliegt.

Freilich sollte immer „der Freispruch des Ermittlungsverfahrens“ angestrebt werden (Einstellung nach § 170 II StPO).

Eine Einstellung gemäß § 153 a StPO (mit Geldauflage) oder nach § 153 StPO (ohne Geldauflage) setzt einen hinreichenden Tatverdacht voraus. Es verbleibt somit ein Schuldvorwurf. Dies kann präjudizierende Auswirkungen haben und Disziplinar-, Zulassungsentziehungs- und Approbationsentziehungsverfahren nach sich ziehen.

Wenn das Strafverfahren gegen den Arzt mit einem Urteil endet, können diese strafgerichtlichen Feststellungen als Entscheidungsgrundlage im Verfahren über den Entzug der Approbation herangezogen werden. Die Staatsanwaltschaften müssen gemäß Nr. 26 MiStra in Strafsachen gegen Angehörige der Heilberufe, der zuständigen Berufskammer mitteilen machen, wenn diese als Körperschaft des öffentlichen Rechts besteht und die öffentliche Klage erhoben wird, sofern der Tatvorwurf auf die Verletzung einer Pflicht schließen lässt, die bei der Ausübung des Berufes zu beachten ist oder sonst geeignet ist unter anderem Zweifel an der Eignung und Zuverlässigkeit hervorzurufen.

Um Missverständnisse zu vermeiden sei ebenso erwähnt, dass schon im strafgerichtlichen Verfahren ein Berufsverbot gemäß § 70 StGB ausgesprochen werden kann.

Eine Geldstrafe sowie Bewährungsstrafe sind zumeist nicht das Hauptproblem.

Das Bundessozialgericht (Beschluss 17.10.2012, Az: B 6 KA 19/12 B) entschied zum Beispiel, dass der Entzug der vollen vertrags(zahn)ärztlichen Zulassung in einem Fall rechtmäßig ist, in dem die betroffene Vertragsärztin unter anderem in 5 Quartalen ihre Quartalsarbeitszeit überschritten hatte und in 6 Quartalen Leistungen für 19 bereits verstorbene Patienten abgerechnet hatte. In einem Strafverfahren erhielt die Vertragsärztin deswegen einen Strafbefehl wegen Betrugs in 15 Fällen und wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

Die Weichen werden oft schon im Strafverfahren gestellt.

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Der Versicherungsbetrug

Wegen Versicherungsbetrug macht sich strafbar, wer einen Versicherungsfall vortäuscht.

Einen speziellen Versicherungsbetrug gibt es im Strafgesetzbuch nicht. Der Versicherungsbetrug ist vielmehr eine spezielle Form des „normalen“ Betrugstatbestandes gemäß § 263 StGB.

Der Straftatbestand setzt 1. eine Vermögensschädigung (die Versicherung hat weniger Geld als vorher) voraus, die 2. aus einer Vermögensverfügung (Auszahlung der gemeldeten Schadensumme von der Versicherung) resultiert, die 3. ihrerseits auf einem Irrtum (die Versicherung denkt, dass der gemeldete Schaden tatsächlich entstanden und damit versichert ist) beruht, den der Täter durch 4. eine Täuschung (es wird ein angeblich versicherter Schaden gemeldet) hervorgerufen hat.

Versicherungsbetrug ist in vielen weiteren Konstellationen denkbar.

Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Fingierter Unfall und Meldung der KfZ-Versicherung, Verstümmelung des eigenen Körpers und Meldung an die Unfallversicherung, die so genannte „warme Sanierung“ durch die vorsätzliche Verursachung eines Brandes und Meldung der Wohngebäudeversicherung, das vermeintlich gestohlene Fahrrad und die Meldung an die Hausratsversicherung oder der eigens verschuldete Schaden an dem Eigentum und die Meldung durch einen Freund bei der privaten Haftpflichtversicherung. Falsche Angaben gegenüber einer Berufsunfähigkeitsversicherung oder ganz simple, falsche Angaben gegenüber einer Handyversicherung.

Dem Kern nach geht es immer um das Vortäuschen eines versicherten Schadens oder Verlusts, um den Geldwert der Sache oder des Schadens von der Versicherung zu erhalten.

Die Täuschungshandlung beginnt mit Einreichung der Schadensmeldung bei der Versicherung.

Abzugrenzen ist der Versicherungsbetrug nach § 263 StGB von dem Versicherungsmissbrauch nach § 265 StGB.

Für ein Versicherungsmissbrauch ist kein tatsächlicher Kontakt mit dem Versicherer nötig. Es kann somit zu einer Vorverlagerung der Strafbarkeit kommen. Vielmehr genügt es schon, wenn der Täter in der reinen Absicht handelt, sich oder einem Dritten, Leistung aus der Versicherung zu verschaffen. Ähnlich der bloßen Beihilfe.

Sollte das Geld noch nicht ausgezahlt worden sein, so kommt zunächst nur ein versuchter Versicherungsbetrug in Betracht. Von diesem könnte der Täter dann gemäß § 24 StGB strafbefreiend zurücktreten. Dafür muss er unter anderem seine falschen Angaben frühzeitig und freiwillig klar stellen.

Der Tatbestand des § 263 StGB sieht für einen Betrug einen Strafrahmen von Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor.

Insbesondere kommt noch der besonders schere Fall des Betruges nach § 263 III StGB in Betracht, wobei hier der Strafrahmen sechs Monaten bis zu zehn Jahren beträgt.

Ebenso kommen spezielle mitverwirklichte Straftaten in Betracht. Diese könnten zum Beispiel sein: § 164 StGB die falsche Verdächtigung, § 267 StGB die Urkundenfälschung und die Brandstiftung § 306 StGB.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geht nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2011 davon aus, dass vermutlich jeder zehnte gemeldete Versicherungsschaden betrügerischer Natur ist. Jährlich entsteht so ein Schaden in Höhe von schätzungsweise vier Milliarden Euro.

Die Versicherungen ermitteln immer häufiger auch wegen kleinen Schäden und oberflächlichen Verdachtsmomenten. So dürfen Versicherungen nach der Rechtsprechung des BGH verdeckt ermitteln, wenn sie einen konkreten Verdacht für einen möglichen Versicherungsbetrug haben (BGH IV ZR 274/06), solange die Maßnahmen nicht unverhältnismäßig bzgl. des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen sind (BVerfG 1 BvR 2027/02).

Ebenso wurde die Abteilung Kriminalitätsbekämpfung / Geldwäsche beim GDV eingerichtet, welche im engen Informationsaustausch mit den staatlichen Polizeibehörden steht, sowie der gemeinsamen Datenbank der deutschen Versicherer, “UniWagnis” genannt, in der seit 1993 Versicherungsfälle mit eventuellen Unregelmäßigkeiten erfasst werden, um mögliche spätere Betrugsfälle aufdecken zu können.

UniWagnis stellt praktisch „die schwarze Liste“ der Versicherungswirtschaft dar.

Uniwagnis ist auch unter den Bezeichnungen Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS) und Wagnisauskunft bekannt.

Diese Vorkehrungen sowie der sehr komplexe Straftatbestand, als auch die möglichen Begehungsvarianten, zeigen sehr gut auf, dass es sich bei einem Versicherungsbetrug eben nicht nur um ein bloßes Kavaliersdelikt handelt.

Das schwere Erbe des Steuerpflichtigen

Im Erbfall werden die Erben im Regelfall zur Abgabe der eigenen Erbschaftsteuererklärung aufgefordert. Dies dürfte als allgemein bekannt gelten.

Wichtig ist zudem zu wissen, dass keine allgemeine Pflicht zur Abgabe der Erklärung besteht.

 

Sollte die Aufforderung nicht kommen, besteht hingegen die Pflicht zur Anzeige des Erwerbs von Todes wegen binnen einer Frist von 3 Monaten nach Kenntnis.

 

Es besteht also keine Pflicht zur Abgabe einer Erbschaftssteuererklärung sondern eine Pflicht zur Anzeige des Erwerbs von Todes wegen.

 

Weniger bekannt ist, dass zum einen die Erben auch für bestehende Steuerschulden des Erblassers einstehen müssen (natürlich nur wenn das Erbe angetreten wird) und zum anderen, die Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Verstorbenen zur Abgabe und Berichtigung dessen Steuererklärungen für diejenigen Veranlagungszeiträume und Stichtagen verpflichtet sind, zu denen dieser noch lebte.

 

Sollte der Erbe daher nicht seinen (neuen und/oder übernommenen) steuerrechtlichen Erklärungspflichten nachkommen, kann er sich einer Steuerhinterziehung strafbar machen.

 

Neben den Anzeige- und Erklärungspflichten kommt ebenso eine Berichtigungspflicht des Erben gemäß § 153 AO in Betracht. Es handelt sich um eine in der Person des Erben neu entstehende originäre eigene Handlungspflicht (HHSp, AO/FGO, § 153 AO Rz. 3).

 

Diese Pflicht gilt für die eigene Erbschafts- und Schenkungsteuererklärungen des Erben aber auch für die zum Beispiel Erbschafts-, Einkommens- oder Umsatzsteuererklärungen des Erblassers, sollten diese 1. unrichtige oder unvollständige Angaben erhalten; 2. noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sein und 3. der Erbe diese Fehler erkannt haben.

 

Fraglich ist, inwieweit sich der Erbe zurücklehnen und behaupten kann, dass er „den Fehler“ nicht kannte.

 

Verfügt der Erbe über keine positive Kenntnis, ist er nicht zu weiteren Nachforschungen verpflichtet. Der Erbe muss also nicht von sich aus prüfen, ob und welche Einkünfte der Erblasser versteuert hat.

 

Insoweit könnte man sagen: Unkenntnis schützt vor Strafe.

 

Erfolgt sodann die Berichtigung der unrichtigen und unvollständigen Steuererklärung des Erblassers bevor die Finanzbehörde von diesem Umstand Kenntnis erlangt, kann die Abgabe der Steuererklärung als strafbefreiende Selbstanzeige anerkannt werden.

 

Vorliegende Ausführungen sind nur als sehr grobe Darstellung anzusehen.

 

Deutlich muss dem Erben werden, dass der Segen des Erbes schnell zum Fluch der Pflichten und Versäumnisse werden kann.

 

Eine detaillierte Beratung und Prüfung sollte daher die erste Pflicht für den Erben sein.

Geschäftsführer oder nicht

Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (Abkürzung: MoMiG) ist der Katalog der strafgerichtlichen Verurteilungen erweitert worden.

 

Strafverteidigung spielt sich nicht ausschließlich in der Hauptverhandlung ab. Oft ist vorausschauend und individuell zu prüfen, welche „Nebenstrafen“ den Beschuldigten treffen können.

 

So insbesondere in dem Fall des Geschäftsführers oder des Vorstandes.

Beispielhaft sei hier ein Urteil des OLG München genannt:

 

Wird ein Geschäftsführer rechtskräftig wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt, endet sein Amt als Geschäftsführer kraft Gesetzes (Oberlandesgericht München am 3. März 2011 -AZ: 31 Wx 51/11-).

Zivilrechtlich erlischt zugleich seine Vertretungsbefugnis.

 

Nach § 6 Abs. 2 Ziff. 3 GmbHG kann Geschäftsführer einer GmbH nicht sein, wer wegen bestimmter Straftaten rechtskräftig verurteilt wurde. Die automatische Beendigung des Geschäftsführeramtes tritt bei allen gesetzlichen Ausschlussgründen des § 6 Abs. 2 GmbHG ein.

 

Sollte der Verurteilte noch kein Geschäftsführer sein, dies aber in naher Zukunft geplant haben, dann besteht nach einer entsprechenden Verurteilung für die Dauer von fünf Jahren ein Bestellungshindernis für eine Geschäftsführertätigkeit.

Hinsichtlich der folgendenden Delikte bedarf es einer detaillierten Prüfung und besonderer Vorsicht da diese Delikte zu einer automatischen Beendigung führen können.

 

Zunächst ist die Unterlassung auf Stellung eines Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzverschleppung gemäß § 84 GmbHG zu nennen.

Hinsichtlich des Strafgesetzbuches kommen insbesondere die §§ 283 – 283d StGB, also Insolvenzstrafdelikte, sowie Betrugsdelikte gemäß §§ 263 bis 264a, §§ 265b bis 266a StGB in Betracht.

 

Weiterhin gibt es die falschen Angaben nach § 82 GmbH und § 399 AktG sowie die unrichtige Darstellung gemäß § 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG und § 17 PublG.

Ebenso kann ein behördliches Gewerbeverbot gemäß § 35 GewO den Ausschluss vom Geschäftsführeramt nach sich ziehen.

 

Gemäß § 6 Abs. 2 S. 3 GmbHG erstreckt sich das Bestellungshindernis sogar auf Verurteilungen hinsichtlich vergleichbarer ausländischer Straftaten. Ein typischer Neuanfang in Deutschland dürfte daher, bei entsprechender Strafbarkeit, nicht möglich sein.

 

Ungeklärt ist bis dato ob mehrere Einzelstrafen, jeweils unter einem Jahr, zusammengefasst zu einer Gesamtstrafe von über einem Jahr, ebenso das Bestellungshindernis auslösen.

 

Dies regelt § 6 GmbHG nicht. Hier wäre also durchaus noch Argumentationsspielraum für den Verteidiger. Zu Beachten ist aber dringend, dass diese Möglichkeit nur bei den reinen Katalogtaten des § 6 Abs. 2 S. 2 Nr. 3e GmbHG, also bei den allgemeinen Vermögensdelikten in Betracht kommt. Bei den Fällen aus Nr. 3 lit. a–d ist die Höhe der Freiheitsstrafe irrelevant.

 

Geklärt ist hingegen, dass eine Freiheitsstrafe abgeurteilt werden muss. Geldstrafen bzw. Einzelgeldstrafen zusammengefasst und dann in eine Haftstrafe umgerechnet, reichen nicht aus. So auch das OLG Hamm (OLG Hamm, Beschl. v. 20. 12. 2010 − 15 W 659/10).

 

Ist eine Verurteilung unausweichlich, wäre noch an die Möglichkeit der Verwarnung mit Strafvorbehalt gemäß § 59 StGB zu denken. Diese stellt kein Urteil im klassischen Sinn dar, verhindert daher die Folgen des § 6 GmbHG.

 

Im Übrigen sollte immer versucht werden, eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen gemäß § 153a StPO zu erreichen. Stehen mehrere unterschiedliche Straftatbestände im Raum, sollte versucht werden, die aus § 6 GmbHG stammenden Katalogtaten gemäß § 154 StPO einstellen zu lassen.

Nebenfolgen der Steuerhinterziehung

Nachdem das Steuerstrafverfahren beendet ist, stehen zum einen die Steuernachzahlung inklusive Zinsen ins Haus und zum anderen, etwaige mögliche Nebenfolgen der Steuerhinterziehung.

 

Bei der Ausübung eines Gewerbes, kommt der Entzug der Gewerbeerlaubnis in Betracht. Wichtigster Punkt ist hier die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden. Diese kann insbesondere bei hohen Summen der hinterzogenen Steuer verneint werden. So vor kurzem der Verwaltungsgerichtshof in München. Dieser bestätigte den Widerruf einer Gaststättenerlaubnis, unter anderem wegen erheblicher Steuerstraftaten mit einer Hinterziehungssumme von rund 1,1 Mio. Euro (BayVGH 2.7.14, 22 CS 14.1186, Abruf-Nr. 142401).

 

Ähnliches gilt für den Inhaber von einem Waffenschein. Hier spielt vor allem der Besitz und der Widerruf der Waffenbesitzkarte eine Rolle. Dies kommt schon bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von nur 60 Tagessätzen in Betracht. Der Jagdschein ist nicht gefährdet, da hierfür eine spezifische waffenrechtliche Unzuverlässigkeit vorliegen muss, welche unbestreitbar bei einer Steuerverfehlung nicht vorliegt.

 

Für Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe, Ärzte, Apotheker, Architekten, Bankmitarbeiter, Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes besteht die Gefahr von berufs- und disziplinarrechtlicher Folgen.

 

Schlimmstenfalls kommt es zu einem indirekten Berufsverbot durch Entziehung der jeweiligen Zulassung. Das direkte Berufsverbot kann im Zuge des strafrechtlichen Verfahren ebenso gemäß § 70 StGB verhängt werden.

 

Ein Beamtenverhältnis endet bei Verurteilung wegen eines Vorsatzdelikts zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Bei einer Verurteilung wegen bestimmter Delikte, insbesondere Bestechlichkeit, reichen sechs Monate Freiheitsstrafe bereits aus.  

 

Verwaltungsrechtliche Folgen der Steuerstraftat können zum Beispiel sein, die Passversagung bzw. der Passentzug, Verbot des Betretens des nicht allgemein zugänglichen Bereich eines Flugplatzes oder die Ausweisung.

 

Schließlich kann eine Steuerverfehlung den Ausschluß von öffentlichen Aufträgen zur Folge haben.

 

Die Abberufung eines verantwortlichen Geschäftsleiters, kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht verlangen, sowie die Ausübung seiner Tätigkeit bei einer juristischen Person untersagen.

 

Keine direkt Nebenfolge aber dennoch nicht zu vergessen ist der Eintrag in das Führungszeugnis, bei Erstverurteilung in der Regel ab einer Geldstrafe über 90 Tagessätze oder einer Freiheitsstrafe über 3 Monate.

Die Haftung der Ehegatten im Steuerverfahren

Eine gemeinsame, von beiden Ehegatten, unterzeichnete Einkommensteuererklärung,

begründet nicht automatisch auch eine Haftung des Ehegatten welcher nur die Unterschrift geleistet hat.

 

Die Unterschriften auf der Erklärung beziehen sich jeweils nur auf Angaben, die jeder Ehegatte für sich selber erklärt und ausdrücklich nicht auf die des Partners.

 

Auch kann aufgrund des bei Ehegatten geltenden Zeugnisverweigerungsrechts ein Ehepartner nicht verpflichtet werden, auf die Unrichtigkeit von Angaben des anderen Ehegatten hinzuweisen.

 

Der Bundesfinanzhof entschied zudem, dass das bloße Wissen hinsichtlich der falschen Angaben des Ehepartners keine Steuerhinterziehung per se bedeutet.

 

Hier ist jedoch darauf zu achten, dass der Bundesfinanzhof keine strafrechtliche Entscheidung getroffen hat, sondern nur hinsichtlich der steuerrechtlichen Haftung gemäß § 71 AO Ausführungen tätigte.

 

Für unrichtige Angaben des Ehepartners kann der Unterzeichner nicht zur Verantwortung gezogen werden, auch dann nicht, wenn dieser von den Falschangaben wusste.  

 

Gesonderte zu betrachten sind hier die Fälle, in welchem der andere Ehepartner bei den falschen Angaben bzw. Nichtangaben aktiv mithilft.

 

Sobald die Handlung über eine passive Duldung hinausgeht, dürfte nicht nur eine Haftung im Steuerrecht anzunehmen sein, sondern zudem eine Steuerhinterziehung in Mittäterschaft oder Beihilfe im Strafrecht.

 

In einem solchen Fall sollte unbedingt ein Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht aufgesucht werden.

Beide Verfahren unterscheiden sich erheblich voneinander. Sollte das Strafverfahren mit einer Verurteilung für den schlicht unterzeichnenden Partner enden, dann wird es noch schwerer, im Steuerverfahren die steuerrechtliche Haftung desjenigen „vom Tisch zu bekommen“.

 

Steuerschulden in der Insolvenz, insbesondere hinsichtlich der Restschuldbefreiung

Zunächst galt nach alter Rechtslage, dass Steuerschulden in der Privatinsolvenz in der Regel der Restschuldbefreiung unterliegen. Steuerschulden werden demnach in der Verbraucherinsolvenz oder Regelinsolvenz erlassen.

 

Voraussetzung für die Restschuldbefreiung war, dass die Steuerhinterziehung mehr als drei Jahre vor der Antragsstellung erfolgte.

 

Denn nach der Vorschrift des § 290 I Nr.2 InsO kann die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn der Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorsätzlich oder grob fahrlässig schriftlich unrichtige Angaben über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat.

Die vollständige Nichtabgabe von Steuererklärungen stellt keine unrichtige Angabe dar.

 

Die Restschuldbefreiung ist nun aber neu geregelt worden.

 

Die neue Regelung gilt ab dem 01.07.2014.

 

Sollte der Insolvenzantrag also nicht vor dem 01.07.2014 gestellt worden sein, gilt nun die neue Fassung des § 302 InsO.

 

Nach der entsprechenden Vorschrift in der Insolvenzordnung wird dann die Restschuldbefreiung versagt, „sofern der Schuldner im Zusammenhang damit wegen einer Steuerstraftat (Steuerhinterziehung) nach §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung rechtskräftig verurteilt worden ist“ (neue Fassung des § 302 InsO).

 

Diese Ausnahmeregelung von der Restschuldbefreiung bezieht sich auf alle Steuerarten.

Ausgenommen ist jedoch zum Beispiel die Verfahrensbeendigung durch eine Einstellung gegen Auflagen gemäß § 153a StPO.

 

Die Einstellung entspricht nicht einer rechtskräftigen Verurteilung.

 

Das Hinarbeiten auf eine Einstellung wäre daher eine Möglichkeit, bei entsprechender Rechtslage, auf die Gefahr der zu versagenden Restschuldbefreiung zu reagieren.

Habe ich jetzt eine Steuerhinterziehung begangen?

Eine Steuerhinterziehung ist schnell begangen. Beispielsweise kann bereits eine verspätete Steuerzahlung oder die Nichtabgabe einer Steuererklärung eine Steuerhinterziehung darstellen.

 

Eine Steuerverkürzung liegt nach der Legaldefinition des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO namentlich immer dann vor, wenn die Steuer nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt wird. Das heißt, der Steuerpflichtige hat entweder falsche Angaben gemacht oder es gar unterlassen irgendwelche Angaben zu machen und daher wurde die Steuer nicht, zu niedrig oder zu spät festgesetzt.

 

Bei Unternehmen ist zumeist die Umsatzsteuer ein „Gefahrenherd“. Bei Steuererklärungen werden getätigte Umsätze manchmal in den Folgemonat verschoben, um den Cashflow oder die Liquidität des Unternehmens zu unterstützen. So kann das Unternehmen mit den bereits erwirtschafteten Umsätzen länger arbeiten, ohne diese direkt zu versteuern. Dies sieht zunächst nur wie eine kurze Verzögerung aus, denn die Umsätze werden dann im folgenden Monat erklärt, bedeutet aber im eigentlichen Sinn, dass die Umsatzsteuervoranmeldung falsch war.

 

Nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 UStG haben Unternehmen die Umsatzsteuervoranmeldung bis zum 10. Tag des Folgemonats an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Dies führt dazu, dass eine vorsätzlich nicht rechtzeitig bis zum 10. Tag des Folgemonats oder inhaltlich unzutreffend übermittelte Umsatzsteuervoranmeldung den Tatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 AO erfüllt.

 

Durchaus können auch Privatpersonen eine Steuerhinterziehung begehen. So gibt es den Verkäufer bei Ebay welcher dann doch mehr verkauft als gedacht und auf einmal ein Gewerbe betreibt, dies aber nicht steuerrechtlich behandeln lässt. Vielleicht wird auch der Handwerker nur Sonntags beschäftigt und ohne Rechnung bezahlt. In diesem Fall ist durchaus eine Beihilfe oder gar Mittäterschaft zur Steuerhinterziehung denkbar. Ebenso werden auch mal gerne Kapitalvermögen oder die Schenkung bzw. das Erbe „übersehen“ und nicht in der Steuererklärung angegeben.

 

Die Rechtsfolgen einer Steuerhinterziehung sind nach § 370 Abs. 1 AO Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. In besonders schweren Fällen von Steuerhinterziehung beträgt die Freiheitsstrafe sogar sechs Monate bis zehn Jahre.

 

Verschärfung der Selbstanzeige

Vertreter von Bund und Ländern haben sich auf Verschärfungen bei der strafbefreienden Selbstanzeige geeinigt.

 

Die Entscheidung wurde am 09.05.2014 gefällt.

 

Die Selbstanzeige bleibt erhalten, die Regelungen und Voraussetzungen erfahren aber eine deutliche Verschärfung.

 

Ein kurzer Überblick über einige Modifikationen:

  • Die Berichtigungspflicht von derzeit fünf Jahren soll auf zehn Jahre verlängert werden. Inwiefern die steuerrechtlichen Regelungen über den Fristbeginn und den Ablauf anwendung finden, wurde noch nicht geklärt. Dies hat bedeutende praktische Auswirkungen. Umso länger und umfangreicher der nachzuerklärende Zeitraum wird, umso schwerer wird eine vollständige und somit wirksame/strafbefreiende Selbstanzeige. Damit ist auch die umgehende Nachentrichtung der hinterzogenen Steuer für den gesamten Zehnjahreszeitraum zwingend, um Strafbefreiung erlangen zu können.

 

  • Der Zeitraum für die Strafverfolgung soll ebenfalls von fünf Jahren auf zehn Jahre ausgedehnt werden. Die zehn Jahre kamen bis dato nur bei der schweren Steuerhinterziehung (ab 50.000 Euro) in Betracht. Dies soll nun also auch für die normale Steuerhinterziehung gelten.

 

  • Der Strafzuschlag für die Steuerschuld wird erhöht. Bisher waren 5 % ab einer Summe von 50.000 Euro Steuerschulden vorgesehen. Nun soll ab 25.000 Euro mit 10 % angefangen werden. Ab 100.000 sind es dann 15 % und ab 1.000.000 wären es 20 %.

 

  • Neben der nachzuzahlenden eigentlichen Steuerschuld sollen die zu zahlenden Hinterziehungszinsen auf 6 % pro Jahr angelegt werden. Die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen ist künftig Wirksamkeitsvoraussetzung für die strafbefreiende Selbstanzeige.
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Zusammenfassend bleibt daher festzuhalten, dass die strafbefreiende Selbstanzeige wohl noch schwerer und vor allem teurer werden wird. Alleine der erhebliche Zeitraum und somit die nachzuentrichtende Steuerschuld, sowie die Zinsen und Strafzuschläge werden viele Selbstanzeigen den strafbefreienden Charakter nahezu unmöglich machen. Umso wichtiger wird es sich zeitnah und umfassend Rat einzuholen. Ein unüberlegter und überstürzter Schnellschuss kann schneller und härter denn je ins Auge gehen.

Steuerhinterziehung in Millionenhöhe und die möglichen Folgen

Das Landgericht Augsburg hatte einen Angeklagten (LG Augsburg, Urteil vom 8. April 2011 - 2 KLs 501 Js 124133/07) wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen – insgesamt wurden mehr als 1,1 Mio. Euro hinterzogen - zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

 

Bei so manchem Gericht gilt bei Steuerstraftaten die Faustformel: pro 100.000 Euro gibt es ein Jahr Haftstrafe.

 

Das LG Augsburg ging in dem vorliegenden Fall etwas großzügiger mit der Faustformel um.

 

Dies fand auch der BGH und hob dieses Urteil auf. Die Staatsanwaltschaft hatte Revision eingelegt.

 

Das Landgericht hat zwar in beiden Fällen einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr.1 AO) angenommen. Die Strafzumessung des Landgerichts lies jedoch besorgen, die Strafkammer habe sich rechtsfehlerhaft bei der Einzelstrafbildung maßgeblich von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung leiten lassen.

 

Bei der Steuerhinterziehung im großen Ausmaß kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08).

 

Solche Gründe hatte das Landgericht Augsburg nicht aufzeigen können.

 

Im Groben können die Strafen wohl wie folgt angedacht werden:

 

Eine Steuerhinterziehung in der Höhe bis zu 1.000 Euro dürfte eine Einstellung gegen Auflage (zumeist die Zahlung eines Geldbetrages) gemäß § 153a StPO mit sich bringen.

 

Bis zu 50.000 Euro kann noch mit einer Geldstrafe gerechnet werden.

 

Diese berechnet sich anhand von Tagessätzen. Ein Tagessatz ist normalerweise so hoch wie ein Dreißigstel vom monatlichen Nettoverdienst des Beschuldigten. Wie viel Tagessätze er aufgebrummt bekommt, richtet sich nach der Höhe der insgesamt hinterzogenen Steuern.

 

Bei 5.000 Euro kann man mit 30-40 Tagessätzen rechnen und bei 50.000 Euro können es bis zu 360 Tagessätze sein.

 

Ab 100.000 Euro bis zu 1.000.000 Euro befindet man sich in dem Bereich der Haftstrafe, welche durchaus zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

 

Ab 1.000.000 Euro kommt im Zweifel keine Bewährung mehr in Betracht bzw. wird die Strafe über zwei Jahre Haft gehen und ist daher schon laut Gesetz, gemäß § 57 II Nr.1 StGB nicht mehr zur Bewährung auszusetzen.

Das Führungszeugnis. Bin ich nun vorbestraft oder nicht?

Das Führungszeugnis ist eine behördliche Urkunde, welche die Vorstrafen einer Person auflistet.

Bestenfalls steht darin: "Inhalt: Keine Eintragung".

Ein Führungszeugnis wird in der Regel zur Einstellung bei einem Arbeitgeber oder zur Vorlage bei einer Behörde benötigt. Es wird bei der örtlichen Meldebehörde (Haupt- oder Nebenwohnsitz) beantragt und als Auszug aus dem Bundeszentralregister durch die Behörde des Bundesamts für Justiz in Bonn ausgestellt.

Welchen Inhalt ein Führungszeugnis hat, ist § 32 des Bundeszentralregistergesetzes – BZRG – zu entnehmen.

Nun geistern noch immer viele Meinungen über die Eintragungen in das Führungszeugnis umher.

Es fällt immer wieder die Zahl 90.

Um zu verstehen wann etwas, wo eingetragen wird, muss man, wie so oft, ganz am Anfang anfangen.

 

Bundeseinheitlich und zentral erfolgt die Speicherung von Daten über gerichtliche Verurteilungen im sogenannten „Bundeszentralregister“.

 

Das Bundeszentralregister wird unterteilt in: Das Zentralregister, das Erziehungsregister und das Führungszeugnis.

 

In das Zentralregister kommt jede rechtskräftige Verurteilung.

In das Erziehungsregister kommen alle nach dem JGG vorwerfbaren Verfahrensabschlüsse unterhalb der Jugendstrafe (Haft) sowie Entscheidungen der Familien- und Vormundschaftsgerichte zu erzieherischen Maßnahmen oder zum Sorgerecht.

 

Und in das Führungszeugnis kommen alle Verurteilungen über 90 Tagessätze oder, sollte bereits eine Verurteilung in dem Zentralregister stehen, egal wie hoch, dann auch Verurteilungen unter 90 Tagessätzen.

 

Man kann also nicht pauschal sagen, super immer unter 90 Tagessätzen geblieben und somit habe ich nie eine Eintragung in das Führungszeugnis.

 

Eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen ist also nur dann nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen, wenn im Bundeszentralregister keine weitere Strafe eingetragen ist (§ 32 Abs. 2 Nr. 5a letzter Absatz des Bundeszentralregistergesetzes). Ist dort jedoch eine weitere Verurteilung vermerkt, ist jede Verurteilung zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen für die Dauer von 3 Jahren ab Rechtskraft des Urteils in das Führungszeugnis aufzunehmen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1a Bundeszentralregistergesetz).

 

Indes ist eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen wegen Sexualstraftaten nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches auch dann in das Führungszeugnis aufzunehmen, wenn es sich um die einzige im Zentralregister eingetragene Strafe handelt (§ 32 Abs. 1 Satz 2 Bundeszentralregistergesetz). Gleiches gilt bei einer Verurteilung wegen einer Straftat nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder § 236 des Strafgesetzbuchs, wenn ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a oder § 31 Absatz 2 Bundeszentralregistergesetz erteilt wird.

 

Hinsichtlich der Löschung der Eintragungen im Führungszeugnis sind Verurteilungen zu Geldstrafen oder zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als 3 Monaten sowie die meisten Jugendstrafen nach 3 Jahren aus dem Führungszeugnis zu entfernen. Höhere Freiheitsstrafen werden nicht vor Ablauf von 5 Jahren aus dem Führungszeugnis entfernt. Ausgenommen hiervon sind aber Verurteilungen wegen Sexualstraftaten, Misshandlung von Schutzbefohlenen oder gegen die persönliche Freiheit für welche längere Fristen vorgesehen sind.

 

Die Löschungsfristen hinsichtlich der Zentralregistereinträge staffeln sich auf Zeiträume von frühestens 5 und längstens 20 Jahren.

 

Dazu folgendes Beispiel. Für einen Diebstahl erhält der Verurteile eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro.

Dies wird in das Zentralregister eingetragen. Das Führungszeugnis bleibt sauber. Die Verurteilung blieb unter 90 Tagessätzen.

 

Die Verurteilung bleibt nun für 5 Jahre in dem Zentralregister.

Sollte nun innerhalb der nächsten 5 Jahre eine weitere Strafe, auch wenn diese unter 90 Tagessätze bleibt, ausgeurteilt werden, so wäre diese in das Führungszeugnis einzutragen.

 

Eine vorzeitige Löschung aus dem Führungszeugnis ist rein theoretisch gemäß § 39 BZRG möglich. Die Chancen sind sehr begrenzt.

Die Hausdurchsuchung. Ein kurzer Leitfaden für den „Notfall“

Wer schon mal eine Hausdurchsuchung erlebt hat kennt das bedrückende und einschneidende Erlebnis leider nur zu gut.

 

In der Regel dient eine Hausdurchsuchung der Staatsanwaltschaft dazu, Beweismittel aufzufinden (§ 102 StPO). Dies können Gegenstände aller Art sein, angefangen von einer einfachen Quittung über einen Aktenordner bis hin zur Tatwaffe. Ort der Durchsuchung können die Räumlichkeiten des Verdächtigen selbst, sein sowie die Räumlichkeiten Dritter sein.

 

Meistens greift der Überraschungseffekt voll zu und der Beschuldigte steht mit rasenden Gedanken und Unwissen vor den Beamten und weiß nicht wie er sich verhalten soll.

 

Das wichtigste ist, bewahren Sie Ruhe so gut es geht und seien Sie soweit es Ihnen möglich ist, kooperativ.

 

Vergessen Sie dennoch nicht, dass auch Ihnen Rechte zustehen und fordern Sie diese zur Not ein.

 

Versuchen Sie erst einen Verteidiger zu erreichen. Nach § 137 StPO kann sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Einen Anspruch darauf, dass die Beamten mit der Durchsuchung bis zum Erscheinen des Verteidigers warten, haben Sie entgegen nicht.  

 

Lassen Sie sich die Namen und Dienstrang der Beamten mitteilen und notieren Sie diese.

 

Verlangen Sie den Durchsuchungsbeschluss zu sehen.

 

Ein solcher Durchsuchungsbeschluss muss auf der einen Seite die Ihnen vorgeworfene Straftat enthalten, und auf der anderen Seite begründen, woraus sich dieser Verdacht ergibt.

 

Sollte kein richterlicher Beschluss aufgrund von „Gefahr im Verzug“ vorliegen, so muss der leitende Beamte Ihnen nachvollziehbar erläutern, warum keine Zeit für die Erwirkung eines solchen Beschlusses bestand.

 

Machen Sie unter keinen Umständen eine Aussage während der Durchsuchung.

 

Halten Sie auf jeden Fall vorher Rücksprache mit einem Verteidiger.

 

Auch die Polizeibeamten müssen einige Punkte beachten, gemäß § 110 Abs. 1 StPO ist die Durchsicht von Papieren ausschließlich dem Staatsanwalt erlaubt. Polizeibeamte dürfen dies nicht.

 

Eine Ausnahme gilt jedoch im Steuerstrafverfahren.

 

Hier sind gem. § 404 S. 2 AO auch die Steuerfahndungsbeamten zur Durchsicht befugt.

 

Im Zweifel werden die Beamten sämtliche Unterlagen, Laptops usw. mitnehmen.

Wenn Sie dies dulden ist das eine freiwillige Sicherstellung der Gegenstände und wird von allen Beteiligten so angenommen.

 

Daher sollten Sie vorsorglich der Sicherstellung widersprechen und somit eine Beschlagnahme herbeiführen.

 

Der Unterschied zur Sicherstellung besteht darin, dass diese vor Gericht angefochten werden kann und das ein Protokoll angefertigt werden muss. Des Weiteren muss bei Ihrem Widerspruch, ein Richter über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme entscheiden.

 

Falls Geschäftsunterlagen mitgenommen werden sollen, können Sie ebenfalls um die Möglichkeit bitten, diese für die Geschäftsfortführung zu kopieren.

 

Sollten die Beamten nach einen ganz bestimmten Gegenstand suchen, so sollten Sie diesen nach Möglichkeit freiwillig herausgeben. Dies wird dann zu dem Ende der Durchsuchung führen.

 

Andernfalls kann die Möglichkeit bestehen, dass im Zuge der weiteren Durchsuchung andere Beweismittel gefunden werden, die mit der eigentlichen vermuteten Straftat in keiner Verbindung stehen.

 

Diese sogenannten „Zufallsfunde“ können dann zu weiteren neuen Ermittlungsverfahren führen.

 

Seien Sie sich daher bewusst, dass Sie eine Durchsuchung nicht verhindern können. Dies heißt jedoch nicht, dass Sie auf Ihre Rechte ganz verzichten müssen.

Vom Bürger zum Beschuldigten. Ein kurzer Leitfaden für den Notfall

Sollte Sie jemals in die Situation kommen plötzlich sich mitten in einer Belehrung über Ihre Rechte von der Polizei wiederzufinden sollten Sie bestenfalls eine grobe Ahnung haben was Sie tun können und/oder besser lassen sollten.

Wenn Sie einer Tat beschuldigt werden wird man Sie bestenfalls zunächst belehren, dass Sie Beschuldigter sind und nichts zu den Vorwürfen sagen müssen.

 

Oft sind die Belehrungen der Polizisten ungenügend oder schlichtweg falsch. Manchmal werden Sie gar gänzlich weggelassen.

 

Im Eigentlichen lässt sich aber sagen: Als Beschuldigter müssen Sie nie etwas sagen.

Im Gesetz steht es ausführlicher. Dort heißt es im § 136 StPO:

„Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu eröffnen, welche Tat ihm zu Last gelegt wird und welche Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen, daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit, auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden Verteidiger zu befragen. Er ist ferner darüber zu belehren, daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen kann. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf, dass er sich schriftlich äußern kann, sowie auf die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleichs hingewiesen werden.“

 

Von diesem Recht sollten Sie in jedem Fall gebrauch machen und unbedingt erst einen Verteidiger konsultieren und frühsten nach Aktendurchsicht mit Ihrem Verteidiger sich zur Sache äußern.

 

Sie müssen einer Ladung als Beschuldigter zur Polizei nicht folgeleisten!

 

Viele Beschuldigte denken das wenn sie nicht hingehen, ein Jeder automatisch davon ausgeht, dass der Beschuldigte tatsächlich schuldig ist und sich deswegen „versteckt“.

 

Dies ist nicht korrekt. Es ist Ihr gutes Recht sich zunächst mit einem Verteidiger zu besprechen um überhaupt erst mal die Lage zu begreifen und richtig einordnen zu können.

Hier geht es nicht um taktische Spielchen sondern schlichtweg darum, dass Sie im Gegensatz zu den geschulten Polizeibeamten, sich in eine schwer einzuschätzende Situation ohne Überblick begeben.

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© Buchert Jacob Partner Rechtsanwälte

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